Hausdurchsuchung bei Journalisten rechtswidrig
Das Landgericht Leipzig rügt die Staatsanwaltschaft für ihre Hausdurchsuchung bei einem Journalisten nach Tag X
Das Landgericht Leipzig hat das Amtsgericht sowie die Staatsanwaltschaft für die Hausdurchsuchung bei einem Journalisten gerügt, der am sogenannten Tag X als Pressefotograf gearbeitet und seine Bilder auf seinen eigenen Social-Media-Kanälen verbreitet hatte. Die Staatsanwaltschaft Leipzig führte den 19-Jährigen daraufhin als Zeugen in einem Ermittlungsverfahren wegen versuchten Totschlags , weil er unter anderem Fotos von Brandsätzen gemacht hatte, die Demonstrierende auf Polizeikräfte geworfen haben sollen. (https://kreuzer-leipzig.de/2024/01/18/saechsische-justizministerium-rechtfertigt-hausdurchsuchung-bei-journalisten-in-halle)
Das Landgericht hob den Durchsuchungsbeschluss am Montag nachträglich auf, da dieser rechtswidrig sei und die Pressefreiheit des Journalisten verletze. Mitte Dezember hatten Beamte die Wohnräume des Journalisten durchsucht, der in Halle bei seinen Eltern lebt. (https://kreuzer-leipzig.de/2024/01/03/die-staatsanwaeltin-meinte-einen-jugendpresseausweis-kennen-wir-nicht) In ihrem Antrag für einen Durchsuchungsbeschluss beim Amtsgericht verschwieg die Staatsanwaltschaft die journalistische Tätigkeit des Betroffenen.
»Deutliche Absage an die Praxis der Beweisgewinnung unter Umgehung der gesetzlichen Vorgaben«
Das Landgericht kritisierte die Durchsuchung als schweren Grundgesetzeingriff und verdeutlichte in seinem Beschluss die hohen Hürden für eine Durchsuchung bei Pressevertreterinnen und -vertretern. Das Amtsgericht habe den Antrag der Staatsanwaltschaft weder auf seine Verhältnismäßigkeit hinsichtlich der Pressefreiheit geprüft noch Nachforschungen zur Tätigkeit des Betroffenen angestellt.
»Der Beschluss des Landgerichts ist eine deutliche Absage an die Praxis der Beweisgewinnung unter Umgehung der gesetzlichen Vorgaben, wie es die Staatsanwaltschaft Leipzig nach dem sogenannten Tag-X praktiziert«, schreibt Rechtsanwalt Constantin Waechter-Cardell in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit Erkan Zünbül, dem zweiten Verteidiger des Betroffenen
Kritik vom Deutschen Journalisten-Verband am Vorgehen der Staatsanwaltschaft
Im Nachgang der Hausdurchsuchung hatte Lars Radau, Geschäftsführer des Deutschen Journalisten-Verbandes, gegenüber dem kreuzer deutliche Kritik am Vorgehen der Staatsanwaltschaft geübt:
»Wenn das journalistische Zeugnisverweigerungsrecht derart ausgehöhlt wird, betrifft das Kernpunkte der Pressefreiheit und des Informantenschutzes. Informantinnen oder Informanten können sich dann nicht mehr gewiss sein, dass ihre Informationen bei Journalisten sicher sind.«
Journalistinnen und Journalisten besitzen laut Strafprozessordnung ein Zeugnisverweigerungsrecht. Dadurch können sie mit vertraulichen Quellen wie Informantinnen oder Informanten kommunizieren, ohne befürchten zu müssen, Informationen oder Kontaktpersonen offenlegen zu müssen.
Die Staatsanwaltschaft begründete ihr Vorgehen damit, dass der Betroffene sich auch als Journalist nicht auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berufen können, weil die Ermittlung wegen versuchten Totschlags »auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre«.
Das geht aus der Antwort des Justizministerium auf eine kleine Anfrage im sächsischen Landtag hervor.
(https://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=15226&dok_art=Drs&leg_per=7&pos_dok=1&dok_id=undefined)
»Der Beschluss des Landgerichts stärkt die Pressefreiheit. Er stellt klar, dass auch Freelancer, die ein Portfolio auf frei zugänglichen Social-Media-Plattformen betreiben, von der Pressfreiheit geschützt sind«, schreibt Rechtsanwalt Erkan Zünbül.