Dutzende Adressen von AfD-Politkern veröffentlicht – Staatsanwaltschaft prüft

Eine Internetseite sammelt Fotos und Daten über AfD-Politiker in Sachsen und Mitglieder rechtsextremer Gruppierungen. Hinter der Aktion steckt eine gefährliche Strategie, weswegen nun auch strafrechtliche Schritte geprüft werden.

Auf einer Internetseite sind Daten Dutzender AfD-Politiker aufgetaucht, darunter vor allem von Kommunalpolitikern aus Sachsen: Auf einer Karte werden Wohn- oder Arbeitsorte gekennzeichnet, neben Adressen auch Geburtsdaten oder sogar Orte veröffentlicht, an denen sich die Betroffenen in der Freizeit aufhalten.

Die Macher rufen dazu auf, weitere Personen zu melden, die der Partei oder anderen rechtsextremen Gruppierungen angehören, etwa den „Freien Sachsen“. Verbunden ist das mit einer Drohung: „Wer mit rassistischer, queerfeindlicher, faschistischer Politik das Ziel hat, Menschen gewaltvoll abzuschieben, zu entrechten und zu entmenschlichen, muss sich auf Antworten gefasst machen!“

Wer hinter der Webseite steckt, ist unklar: Sie ist seit Juni online, die Kartei seit Januar. Es gibt kein Impressum nur den Hinweis auf die „Antifaschistische Aktion“ – eine allgemeine Zuschreibung, nicht der Name einer speziellen Gruppe.

In der Vergangenheit sind immer wieder solche Karten oder Listen entstanden: Nach dem Angriff Rechtsextremer auf den Leipziger Stadtteil Connewitz 2016 tauchten Adressen und Fotos der Angreifer auf. Dahinter steckt eine gefährliche Strategie, die auch Rechtsextreme anwenden. Beim Doxing werden Personen öffentlich an den Pranger gestellt und so zum möglichen Ziel von Angriffen.

Staatsanwaltschaft Dresden prüft

Die linksextreme Gruppe rund um Lina E. hat in der Vergangenheit gezielt Jagd auf Neonazis gemacht, die beim Angriff auf Connewitz dabei waren. Sie orientierten sich an der im Internet veröffentlichten Liste: So wurde Cedric S. auf dem Weg zum Fußballtraining angegriffen.

Der AfD ist die jetzt veröffentlichte Karte bekannt – man habe die Information an die Betroffenen weiter geleitet, sagt der Sprecher der Partei, Andreas Harlaß. Gewalttaten hält er nicht für ausgeschlossen, auch angesichts bisheriger Erfahrungen.

Der Leipziger AfD-Stadtrat Marius Beyer wurde bereits mehrfach Opfer von Angriffen: Im April 2024 zündeten Unbekannte in einer Wohnsiedlung das Auto der Mutter an und beschmierten die Garage: „Nazischwein. Wir kommen wieder.“

Beyer taucht auch jetzt auf der Karte auf. Ebenso René Jurisch. Von ihm wurde ein Foto veröffentlicht, das im Zusammenhang mit einem Artikel in der Sächsischen Zeitung erschienen ist. Jurisch ist laut eigenen Angaben kein Parteimitglied, sitzt aber für die AfD seit 2024 im Stadtrat von Meißen und im Kreistag. „Die Antifa bedient sich Methoden derer, die sie eigentlich bekämpft“, sagt er. Einschüchtern lasse er sich nicht.

Auch bei der Sächsischen Datenschutz- und Transparenzbeauftragten ist man überzeugt, dass hier nicht nur gegen Persönlichkeitsrechte verstoßen wird: „Meine Behörde wird zu Zwecken durchzuführender Gefahrenabwehr der Polizei, aber auch der Staatsanwaltschaft die Verbreitung anzeigen, da das Vorliegen einer entsprechenden Gefahrenlage für betroffene Personen nicht ausgeschlossen wird“, teilt der Sprecher der Sächsischen Datenschutzbeauftragten, Björn-Henrik Lehmann, auf Nachfrage mit. Die Staatsanwaltschaft Dresden teilte mit, den Sachverhalt auf strafrechtliche Relevanz prüfen zu wollen.