Verurteilter Connewitz-Angreifer wird Anwalt in Leipzig

Brian E. soll als Anwalt in der Kanzlei von Arndt Hohnstädter arbeiten.

Brian E. wurde 2018 wegen besonders schweren Landfriedensbruchs zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung von einem Jahr und vier Monate verurteilt. Er war mit rund 200 Neonazis im Januar 2016 in den Leipziger Stadtteil Connewitz gezogen. Die Gruppe hatte dort Geschäfte, Wohnhäuser und Gastronomische Einrichtungen gezielt zerstört – es entstand ein Gesamtschaden von 113.000 Euro.

E. soll zudem zwei Hakenkreuze sowie eine Schwarze Sonne auf seinem Oberkörper tätowiert haben. Auf einem Kampfsportevent posierte E. oberkörperfrei, ein Foto davon soll am 2. Juni 2019 veröffentlicht worden sein ­– diese Fotografie wurde einem Gericht in Österreich vorgelegt, allerdings wurden weitere Ermittlungen diesbezüglich eingestellt, weil E. argumentierte, dass es sich bei den Tattoos um Symbole aus der nordischen Mythologie handelte.

2020 beschloss das Oberlandesgericht Dresden, E. trotz alledem nicht von seinem juristischen Vorbereitungsdienst auszuschließen. Sein Recht, den Beruf frei zu wählen, gewichtete das Gericht stärker als den Zweifel an seiner Verfassungstreue. In der Laufbahn zum Juristen wird nach dem Studium und dem ersten Staatsexamen in der Regel ein Referendariat absolviert. Für das Referendariat in Sachsen wird man als Angestellter des Landes Sachsen beschäftigt. Das Oberlandesgericht Dresden ist für die Ausbildung zuständig und entscheidet damit über Bewerbungen.

Es gibt weitere vergleichbare Fälle mit Juristen, die durch rechte Gesinnung oder rechte Straftaten auffallen und dennoch in Sachsen nicht vom Referendariat ausgeschlossen wurden: auch Matthias B., der laut Medienberichten Mitglied der rechtsextremen Kleinstpartei »der III. Weg« und ehemaliger Funktionär der NPD gewesen sein soll, durften seine Ausbildung zum Volljuristen in Sachsen weiterführen.

Aktuell gibt es einen ähnlich gelagerten Fall: John Hoewer wurde für das Referendariat bereits in Rheinland-Pfalz wegen mangelnder Verfassungstreue abgelehnt. Er ist rechter Aktivist, ehemaliges Vorstandsmitglied des Vereins »Ein Prozent e.V. «und soll Verbindungen zur »Identitären Bewegung« haben. Anfang 2025 soll er sich dann in Sachsen beworben haben und wurde nach mehreren Anläufen und dem Einschalten des sächsischen Oberverwaltungsgerichts nun zum Referendariat zugelassen.

E. soll nach dem Abschluss seiner Ausbildung nun bei dem Leipziger Anwalt Arndt Hohnstädter arbeiten. Hohnstädter galt als einer der Mitorganisatoren für Legida (Pegida-Ableger Leipzigs), soll laut der taz vor Gericht für die NPD tätig gewesen sein und ist in Leipzig als rechter Szeneanwalt bekannt. Dass E. nun für ihn arbeitet, ist dem bundesweiten amtlichen Anwaltsverzeichnis zu entnehmen. Auf die telefonische Nachfrage wollte sich Hohestädter nicht zu dem Fall äußern.

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Natalie Meinert – LVZ
26.11.2025

Überfall in Connewitz: Brian E. ist nun Rechtsanwalt in Leipzig

Brian E. war 2016 einer der Angreifer in Leipzig-Connewitz und ist dafür verurteilt worden. Er ist nun als Rechtsanwalt in Leipzig tätig. Die Rechtsanwaltskammer Sachsen scheint genug Zeit nach seiner Verurteilung verstrichen zu sehen. Sein Arbeitgeber ist in der rechtsextremen Szene kein Unbekannter.

Trotz seiner Verurteilung wegen schweren Landfriedensbruchs ist Brian E. in diesem Jahr in Sachsen als Rechtsanwalt zugelassen worden. Das geht aus der Zeitschrift „KAMMERaktuell“ der Rechtsanwaltskammer Sachsen hervor, die am 20. November veröffentlicht wurde. Demnach arbeitet E. nun als Rechtsanwalt in Leipzig.

Er war 2016 bei Ausschreitungen von rund 250 Hooligans und Rechtsextremisten im linksgeprägten Stadtteil Leipzig-Connewitz einer der Angreifer gewesen.

E. war 2018 vom Amtsgericht Leipzig zu einer Bewährungsstrafe von 16 Monaten verurteilt worden. Er hatte eingeräumt, 2016 an dem Aufmarsch beteiligt gewesen zu sein, bei dem ein Sachschaden von mehr als 100.000 Euro entstand.

Referendariat unter Auflagen begonnen

E. hatte sein Referendariat 2018 unter Auflagen am Landgericht Chemnitz begonnen. Im Mai 2020 hatte das Oberlandesgericht (OLG) Dresden dann entschieden, dass Brian E. trotz seiner Vorstrafe nicht aus dem juristischen Vorbereitungsdienst entlassen werden dürfe. Das Gericht verwies damals auf das staatliche Ausbildungsmonopol für Juristen und das Grundrecht auf freie Berufswahl.

Auch wegen seiner Tattoos war E. in die Schlagzeilen geraten. Bei einer Kampfsportveranstaltung in Gmunden (Österreich) soll der MMA-Kämpfer für ein Foto posiert haben, welches im Juni 2019 von einem Leipziger Kampfsportverein auf Facebook veröffentlicht wurde. Dort war auf seinem Oberkörper ein rechtsextremes Symbol, eine Schwarze Sonne, tätowiert. Auch Darstellungen ähnlich zu Hakenkreuzen sollen erkennbar gewesen sein.

Anzeige wegen Tattoos

Unter anderem der Präsident des OLG Dresden, zuständig für die Ausbildung der Rechtsreferendare, hatte daraufhin Anzeige erstattet. Die Staatsanwaltschaft Wels (Österreich) hatte das Verfahren im Januar 2020 allerdings mangels nachweisbaren Vorsatzes eingestellt. Die Behörde konnte E.s Darstellung nicht widerlegen, die Symbole beruhten auf nordischer oder griechischer Mythologie.

Nach der Entscheidung des OLG Dresden, dass E. nicht aus dem Rechtsreferendariat entlassen werden durfte, erklärte die Sprecherin Gesine Tews damals, dass eine spätere Tätigkeit im Staatsdienst laut Gericht „weder angestrebt noch zu erwarten“ gewesen sei. Und Jörg Herold, Sprecher des sächsischen Justizministeriums, bekräftigte: „Die Übernahme in ein Beamten- oder Richterverhältnis in der sächsischen Justiz ist nach einer rechtskräftigen Verurteilung der genannten Art ausgeschlossen.“ Nach der Ausbildung könnte der Vorbestrafte jedoch beispielsweise als Jurist in einem Unternehmen oder einem Verband einen Job bekommen – oder als Rechtsanwalt.

Dafür allerdings bedurfte es einer Zulassung durch die Rechtsanwaltskammer Sachsen. Auf Anfrage der Leipziger Volkszeitung bestätigte deren Präsidentin, Sabine Fuhrmann, dass E. am 16. Juli 2025 als Mitglied der Rechtsanwaltskammer Sachsen zur Rechtsanwaltschaft zugelassen wurde. Weiter wolle sie sich nicht zu ihm äußern, da sie gesetzlich zur Verschwiegenheit verpflichtet sei.

Job bei Legida-Mitorganisator

Allgemein ließe sich jedoch sagen, dass „ein in der Vergangenheit strafgerichtlich festgestelltes Fehlverhalten […] nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes nach einer mehr oder minder langen Zeit durch Wohlverhalten oder andere Umstände derart an Bedeutung“ verliere, dass es der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht mehr entgegenstehe. Scheinbar schien nach Sicht der Rechtsanwaltskammer also genug Zeit verstrichen zu sein seit E.s Verurteilung. Zudem sei ihm bereits 2020 die Aufnahme in den Staatsdienst als Rechtsreferendar nicht verwehrt worden, so Fuhrmann.

Unterhalb der Strafbarkeitsschwelle sei es einer Rechtsanwaltskammer gesetzlich verwehrt, die Würdigkeit eines Antragstellers im Übrigen zu beurteilen. „Über politische oder weltanschauliche Orientierungen ist daher ebenso wenig abzuwägen wie über das etwaige Vorhandensein von Tätowierungen, welche nicht in strafrechtlich abgeurteilter Art und Weise verwendet wurden oder werden“, erklärt die Präsidentin.

Und weiter: „Nach Rechtsprechung des Anwaltsgerichtshofes Dresden ist auch darüber abzuwägen, inwieweit ein Zulassungsbewerber gegebenenfalls von seinen Verfehlungen innerlich abgerückt ist und sich über eine längere Reihe von Jahren gewandelt und/oder bewährt hat.“

Hat sich E. also vielleicht wirklich in den vergangenen Jahren gewandelt? Sein neuer Arbeitgeber scheint zumindest mit ähnlich politischen Gefilden vertraut: E. arbeitet der „KAMMERaktuell” zufolge in der Kanzlei des Rechtsanwalts Arndt Hohnstädter. Dieser ist Legida-Mitorganisator gewesen und vertrat bereits zahlreiche rechtsextreme Mandanten vor Gericht. Auf die schriftliche Anfrage der Leipziger Volkszeitung zu seinem neuen Angestellten äußerte sich Hohnstädter nicht.