Ex-CDU-Politiker Peter Kurth überwies 100.000 Euro an mutmaßliche Terroristen

Mutmaßliche Mitglieder der rechtsextremen »Sächsischen Separatisten« haben nach SPIEGEL-Informationen eine Immobilie gekauft. Ein Ex-Unionspolitiker finanzierte das Geschäft – will aber nichts von der Gruppe geahnt haben.

Am Morgen des 5. November rückten schwer bewaffnete Sicherheitskräfte zu einer Großrazzia aus. Im Auftrag des Generalbundesanwalts gingen mehr als 500 Polizisten, darunter Beamte der Eliteeinheit GSG 9, gegen eine rechtsextreme Terrorgruppe namens »Sächsische Separatisten«, kurz: »SS«, vor. Unterstützt von Helikoptern und einer Hundestaffel durchsuchten die Beamten Wohnungen, Bungalows und Geschäftsadressen im Raum Leipzig.

Auch für ein dreistöckiges Gebäude im sächsischen Grimma interessierten sich die Fahnder. In dem fast fensterlosen Gebäude unweit des örtlichen Bahnhofs sollte den Ermittlungen zufolge ein rechtsextremer »Szenetreff« entstehen.

Gekauft worden war die Gewerbeimmobilie nach SPIEGEL-Recherchen von drei mutmaßlichen »SS«-Terroristen: dem Grimmaer AfD-Stadtrat Kurt Hättasch, 25, seinem gleichaltrigen Parteifreund Kevin R. und einem 26-Jährigen namens Martin K. aus Leipzig. Der notariell beurkundete Kaufvertrag, der dem SPIEGEL vorliegt, ist auf den 19. Oktober 2023 datiert, der Kaufpreis betrug demnach 90.000 Euro. Allerdings stehen die drei Männer noch nicht als Eigentümer im Grundbuch – wegen bislang ungeklärter, formaler Fragen verzögert sich die Eintragung.

Ex-CDU-Finanzsenator Peter Kurth überwies 100.000 Euro an den Terrorverdächtigen
Und sie könnte sich noch weiter verzögern: Gegen Hättasch und R. ergingen inzwischen Haftbefehle, und auch Martin K. wird in dem Verfahren gegen die »SS« als Beschuldigter geführt. Allen dreien wirft die Bundesanwaltschaft die »Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung« vor. Die Anwälte von Hättasch, Kevin R. und Martin K. waren für eine Stellungnahme bislang nicht erreichbar.

Der Kauf des mutmaßlich geplanten Rechtsextremisten-Treffs dürfte auch politisch Kreise ziehen. Denn finanziert hat das Immobiliengeschäft ein langjähriger Spitzenpolitiker der CDU: Berlins ehemaliger Finanzsenator Peter Kurth. Der früher als liberal geltende Ex-Christdemokrat sucht schon seit geraumer Zeit die Nähe extrem rechter Kreise. So war Kurth bis vor Kurzem Vorstand der »Vereinigung alter Gothen e.V«, des Altherrenverbands der umstrittenen Berliner Burschenschaft »Gothia«. Diese fiel mitsamt der Schülervereinigung »Iuvenis Gothia« wiederholt durch völkische Umtriebe auf.

Im Januar 2024 überwies Ex-Senator Kurth nach SPIEGEL-Recherchen 100.000 Euro auf ein Privatkonto des Terrorverdächtigen Kevin R. – das Geld soll als Darlehen deklariert gewesen sein.

»Ich habe dieses Gedankengut bei den genannten Personen nicht wahrgenommen«
Kurth selbst bestätigt den Vorgang gegenüber dem SPIEGEL: Kevin R. kenne er »seit einiger Zeit« als »Mitglied der Schülerverbindung Iuvenis Gothia«. Über ihn habe er auch Hättasch und Martin K. getroffen, die er aber nicht näher kenne.

Laut Kurth stammen die drei aus Grimmas »Handwerkerszene«. Demnach hätten sie »ein länger leer stehendes Haus gemeinsam erwerben und aus Eigenmitteln sanieren« wollen. »Dafür habe ich den Dreien ein gemeinsames Darlehen gegeben«, so Kurth. Er habe gewusst, dass zumindest von einem oder zwei seiner Geschäftspartner »kommunalpolitisches Engagement« beabsichtigt gewesen sei. »Irgendwelche weiteren Aktivitäten« seien aber »nie ein Thema« gewesen.

Gegenüber dem SPIEGEL beteuert Kurth, von den »Sächsischen Separatisten« erstmals »in der letzten Woche in den Medien gehört« zu haben. Die mutmaßliche Terrorgruppe sei bei seinen Gesprächen mit Hättasch, Kevin R. und Martin K. »nie ein Thema« gewesen, »schon gar nicht« im Zusammenhang mit der Immobilie. »Was ich über diese Vereinigung lese, ist abstoßend und idiotisch«, so Kurth zum SPIEGEL. »Ich habe dieses Gedankengut bei den genannten Personen nicht wahrgenommen, ansonsten hätte es den Hauserwerb auch nicht gegeben.«

Nicht die erste Finanzspritze für rechtsextreme Immobilienprojekte

Kurths 100.000-Euro-Kredit für das Grimma-Projekt war jedoch nicht das einzige großzügige Darlehen, das der ehemalige CDU-Finanzsenator Aktivisten der rechtsextremen Szene gewährte.

So soll Kurth nach Recherchen des SPIEGEL und des MDR zwischen 2019 und 2022 insgesamt rund 240.000 Euro in Firmengeflechte der rechtsextremen »Identitären Bewegung« gesteckt haben. Mithilfe des Geldes sollen unter anderem identitäre Immobilienprojekte in Ostdeutschland sowie ein Regionalzentrum der Bewegung in Österreich finanziert worden sein. Hatten die »Sächsischen Separatisten« womöglich ähnliche Pläne?

Bei den Ermittlungen gegen insgesamt 15 mutmaßliche Mitglieder oder Unterstützer der »Sächsischen Separatisten« hat die Bundesanwaltschaft bislang acht Rechtsextremisten im Alter von 21 bis 25 Jahren festnehmen lassen. Drei der Verhafteten – darunter Hättasch und Kevin R. – sind AfD-Mitglieder. Sie sollen nun aus der Partei ausgeschlossen werden.

Wehrertüchtigung beim »Manöver Schneeflocke«

Nach Überzeugung der Ermittler bereitete sich die militante »SS«-Gruppe auf einen »Tag X« vor, an dem nach ihrer Erwartung die Ordnung zusammenbrechen würde – um dann loszuschlagen und in Teilen Ostdeutschlands ein eigenes Staatsgebilde zu errichten. Sie soll sich bereits Ende 2020 gebildet haben.

Zur Vorbereitung ihrer Pläne sollen die Rechtsextremisten auf einem verlassenen Militärflugplatz östlich von Leipzig den Häuserkampf trainiert und in Polen und Tschechien mit scharfen Waffen das Schießen geübt haben.

Wehrsportübungen der rechtsextremen Gruppe sollen nach SPIEGEL-Informationen auch auf einem weiteren Grundstück des AfD-Lokalpolitikers Kurt Hättasch im sächsischen Planitzwald stattgefunden haben. Hättasch saß zuletzt für die AfD im Stadtrat von Grimma und arbeitete bis zu seiner Festnahme für einen AfD-Landtagsabgeordneten. Die paramilitärischen Trainings sollen die Rechtsextremisten über eine Telegram-Chatgruppe namens »Manöver Schneeflocke« koordiniert haben. So hießen in der DDR die jährlichen Wehrsportwettkämpfe in den Schulen.

Kevin R., auf dessen Konto Kurths 100.000 Euro flossen, war in den vergangenen Jahren zudem in der Berliner Schülerverbindung Iuvenis Gothia aktiv. Laut interner Dokumente war er noch 2023 »Übergangskassenwart« in der Verbindung – Mitglieds- und »Altherrenbeiträge« gingen auf sein Privatkonto bei der Sparkasse Muldental in Grimma. Fotos, die dem SPIEGEL vorliegen, zeigen den Terrorverdächtigen R. 2021 bei einer Mensur in Salzburg.

Der Sitz der Verbindung, das »Gothenhaus« in Berlin-Zehlendorf, gilt seit Jahren als Treffpunkt rechtsextremer und konservativer Milieus. Hier war auch Peter Kurth als Vorstand der »Vereinigung alter Gothen« aktiv. Auf Anfrage erklärte Kurth: »Die Schülerverbindung Iuvenis Gothia lehnt Extremismus strikt ab.«

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TAZ 12.11.2024

Peter Kurth spendete 100.000 für Projekt von Terrorverdächtigen

Die terrorverdächtigen „Sächsischen Separatisten“ wollten in Grimma einen Szenetreff aufbauen. Der Finanzier: Peter Kurth, einst Berliner CDU-Senator.

In diesem Haus sollen die festgenommenen Kurt Hättasch und Kevin Richter ihren Szenetreff geplant haben

Es ist ein Haus in knallroter Farbe, dreistöckig und fast ohne Fenster, direkt am Bahnhof Grimma. Vor der Tür liegt Bauschutt, drinnen wurden Wände neu verputzt. Mitverantwortlich für die Arbeiten sollen Kurt Hättasch und Kevin Richter sein – zwei der acht vor einer Woche in Sachsen festgenommenen Rechtsextremen, denen die Bundesanwaltschaft die Bildung einer Terrorgruppe namens „Sächsische Separatisten (SS)“ vorwirft. Ihr Plan für das Haus: die Schaffung eines neuen Szenetreffs.

Am Tag der Festnahmen rückte deshalb die Polizei auch am „Roten Haus“ an. Nun wird bekannt, dass es einen prominenten Finanzier der Immobilie gab: den früheren Berliner CDU-Senator Peter Kurth. Laut Spiegel soll er dafür im Januar dieses Jahres 100.000 Euro an Kevin Richter überwiesen haben. Dieser habe zuvor mit Hättasch und dem Leipziger Martin K. im Oktober 2023 das Haus gekauft.

Nach taz-Informationen lebte der festgenommene Kevin Richter eine Zeit lang in Berlin und war dort in der Schülerverbindung Iuvenis Gothia aktiv. Kurth wiederum ist Mitglied des Altherrenverbands der ultrarechten Burschenschaft Gothia und war dort bis Jahresbeginn auch länger Teil des Vorstands.

Der taz bestätigte Kurth, dass er die 100.000 Euro als Darlehen an Richter überwiesen habe. Diesen kenne er „seit einiger Zeit“, über die Iuvenis Gothia. Die anderen beiden Männer seien ihm nicht näher bekannt. Ihm sei gesagt worden, dass es bei dem Haus um die „Schaffung von Wohnraum“ gehe und um „kommunalpolitisches Engagement“. Weitere Aktivitäten seien „nie ein Thema“ gewesen.

Kurth bestreitet, von der Terrorgruppe gewusst zu haben

Von den „Sächsischen Separatisten“ habe er erst aus den Medien erfahren, sagt Kurth. Terroristisches Gedankengut habe er bei Richter und dessen zwei Bekannten zuvor nicht wahrgenommen. „Ansonsten hätte es den Hauserwerb auch nicht gegeben.“ Was zu der Gruppe bekannt sei, finde er „abstoßend“.

Kurth, von 1999 bis 2001 Finanzsenator in Berlin und 2009 erfolgloser CDU-Kandidat für die Kölner Oberbürgermeisterwahl, fiel indes schon zuletzt mit Kontakten zu AfD-Funktionären und Rechtsextremen wie Martin Sellner auf, die er auch in seiner Wohnung empfangen haben soll. Bereits 2019 soll er zudem 120.000 Euro für ein Hausprojekt der rechtsextremen Identitären in Linz gezahlt haben. Später soll er den Kauf eines Hausprojekts der Identitären in Chemnitz finanziell unterstützt haben. Die CDU hat Kurth inzwischen verlassen.

Schon am Wochenende hatte die taz berichtet, dass die festgenommenen Terrorverdächtigen der „Sächsischen Separatisten“ auch einen Treffort am Grimmaer Bahnhof aufbauten. Die Stadt wollte sich auf taz-Nachfrage dazu nicht äußern und verwies auf die Ermittlungsbehörden.

Bereits kurz nach den Festnahmen hatte der Rechtsextremist Götz Kubitschek, einst Kopf des Instituts für Staatspolitik, beklagt, dass mit dem Polizeigroßeinsatz gegen die Festgenommenen in Grimma „ein rechtes Hausprojekt beendet worden“ sei.

Die Linken-Bundestagsabgeordnete Martina Renner forderte nach Bekanntwerden der Kurth-Spende, dass die „rechtsextreme Berliner Burschenschaft Gothia und ihre zentralen Akteure Thema der Sicherheitsbehörden des Bundes werden müssen“. Dies gelte „explizit auch in Richtung Finanzermittlungen“, so Renner zur taz.
Kampftrainings im Wald

Die acht Festgenommenen, 21 bis 25 Jahre alt, sollen sich laut Bundesanwaltschaft mit paramilitärischen Übungen und Schießtrainings auf einen „Tag X“ vorbereitet haben, einen Umsturz. Sollte dieser eintreten, seien auch „ethnische Säuberungen“ mit Waffengewalt vorgesehen gewesen.

Unter den Festgenommenen sind mit Kurt Hättasch, Kevin Richter und Hans-Georg Pförtsch auch drei AfD-Lokalfunktionäre. Hättasch besaß als Jäger auch eine Schusswaffe und seine Familie ein Waldgrundstück, bei dem die Ermittler vermuten, dass auch dort Trainings der Gruppe stattgefunden haben. Bei seiner Festnahme soll Hättasch mit einer Waffe aufgetaucht sein, worauf Schüsse fielen. Der 25-Jährige wurde am Kiefer verletzt.

Blutige Rituale: Kevin Richter auf einem Foto der Iuvenis Gothia (3. von links)   Foto: privat

Zu den Festgenommen gehören auch die Brüder Jörg und Jörn S. aus Brandis, deren Vater in den 1980er Jahren bereits in der militanten Neonazi-Szene in Österreich aktiv war. Jörg S. gilt der Bundesanwaltschaft als Anführer der Gruppe. Er wurde im polnischen Zgorzelec, direkt neben Görlitz, festgenommen. Sein Anwalt sagte der taz, mit einer Entscheidung über eine Auslieferung nach Deutschland sei erst in ein paar Wochen zu rechnen.
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Von Jean-Philipp Baeck auf Twitter

Sächsische Separatisten: Hat niemand von Wehrsport der mutm. Rechtsterroristen mitbekommen? @konrad litschko hat sich für unseren Text in Grimma umgehört.
Hier im🧵noch ein paar neue Nerd-Details über Verbindungen zu Knockout 51 und Haus Montag

Wie @Recherche_Jena herausfand, war der Beschuldigte Hans-Georg Pförtsch wohl mindestens im Umfeld der kriminellen Vereinigung “Knockout 51” unterwegs: Pförtsch trug am 1. Mai 2018 in Eisenach auf NPD-Demo die Fahne des “Nationalen Aufbau Eisenach”, einer Vorgängerorga.
Ein Foto von Pförtsch mit der Fahne auf der NPD-Demo 2018 in Eisenach machte u.a. @recherchenorth Die Mitglieder von „Knockout 51“ sollen Kampfsport trainiert und später geplant haben, politische Gegner zu töten. (3/10)
https://recherche-nord.com.
Interessant: @KatharinaKoenig
fragte bereits 2020 zu Verbindungen aus Thüringen und von KO51 zur rechtsterroristischen “Atomwaffen Division” in USA. Die gehören zur „Siege“-Szene, zu denen laut BfV auch Sächsische Separatisten Bezüge haben.
Ein weiteres Detail dazu, in welchem privaten Umfeld sich der Beschuldigte und AfDler Kurt Hättasch bewegte: Seine Frau ist die Tochter von Thomas Sattelberg, ehemaliger Anführer der verbotenen „Skinheads Sächsische Schweiz“ (SSS), einer brutalen Neonazi-Kameradschaft.
Sattelberg ist bis heute aktiv: erst für NPD, nun als Kandidat für Freie Sachsen. 2019 reiste er mit Tochter in die Ukraine, um sich für sein Projekt „Kraftquell“ mit rechtsextremen Asow-Vertreter*innen zu vernetzen. @MartinaRenner hatte im Bundestag danach gefragt. Sattelberg ist in Pirna rund um „Haus Montag“ aktiv. @naziwatchdd
und @KBSachsen wissen mehr. Nur so viel: Rund um rechte Veranstaltung dort gründete sich im Februar wohl auch „Elblandrevolte“, lokaler Ableger der JN. Genau: Aus deren Reihen wurde @MattEcke angegriffen.
Es wird klarer: Sächsische Separatisten waren vernetzt, bewaffnet und planten rassistische Säuberungen. Gleichzeitig spielten sie früher Trompete im Jugendblasorchester, Nachbarn und Bekannte merkten nichts von Mordplänen, sie waren ihnen egal oder sie unterstützten sie.
Kollege @konradlitschko sprach in Grimma u.a. mit @pudding83 und @kerstinkoeditz, die einen der Beschuldigten kannten. Gegen neonazistische Realität tun beide ihr bestes, halten antifaschistisch dagegen. Menschen wie ihnen muss man zuhören und sie unterstützen. Fazit: Militanter Neonazismus ist vernetzt und verbreitet. AfD ist damit verbunden. Massenmord zu planen gehört in Teilen des Landes zum verrohten Alltag. Kleine Korrektur🙄: Die NPD-Demo vom 1.5.2018, auf der Pförtsch die Fahne des „Nationalen Aufbau Eisenach“ trug, war in Erfurt (und nicht in Eisenach). In Erfurt entstand entsprechend auch das Foto von @recherchenorth Rausgefunden hatte das @Recherche_Jena

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11.11.2024 Tagesspiegel

Peter Kurth und die „Sächsischen Separatisten“: Berlins Ex-Finanzsenator überwies 100.000 Euro an mutmaßlich rechtsextremen Terroristen

Vergangene Woche gab es eine große Razzia gegen die „Sächsischen Separatisten“. Nun berichtet der „Spiegel“, dass Peter Kurth, in Berlin früher Finanzsenator für die CDU, Geld an ein Mitglied gezahlt hat – für eine Immobilie.

Berlins ehemaliger CDU-Finanzsenator Peter Kurth hat für den Kauf einer Immobilie 100.000 Euro an ein mutmaßliches Mitglied der rechtsextremen Terrorgruppe „Sächsische Separatisten“, kurz: „SS“, überwiesen. Das berichtet der Spiegel. Gegen die Gruppe gab es vergangene Woche eine große Razzia.

Dabei wurde auch ein Gebäude im sächsischen Grimma durchsucht, in dem ein rechtsextremer Szenetreff entstehen sollte. Gekauft worden war die Immobilie laut „Spiegel“ von drei der Festgenommenen, unter ihnen ein AfD-Stadtrat aus Grimma. Laut „Spiegel“ überwies Ex-Senator Kurth, der bereits mehrfach die Nähe extrem rechter Kreise suchte, einem der Terrorverdächtigen im Januar 2024 100.000 Euro auf ein Privatkonto. Das Geld soll als Darlehen deklariert gewesen sein.

Kurth selbst bestätigt den Vorgang dem „Spiegel“. Den Verdächtigen kenne er „seit einiger Zeit“ als „Mitglied der Schülerverbindung Iuvenis Gothia“. Über ihn habe er auch die beiden anderen getroffen, die er aber nicht näher kenne.

Die drei Männer hätten „ein länger leer stehendes Haus gemeinsam erwerben und aus Eigenmitteln sanieren“ wollen, zitiert der „Spiegel“ den Ex-Senator, der mittlerweile nicht mehr Mitglied der CDU ist. „Dafür habe ich den Dreien ein gemeinsames Darlehen gegeben“, so Kurth weiter. „Irgendwelche weiteren Aktivitäten“ seien aber „nie ein Thema“ gewesen.

Dem „Spiegel“ sagte Kurth, von den „Sächsischen Separatisten“ erstmals „in der letzten Woche in den Medien gehört“ zu haben. Die mutmaßliche Terrorgruppe sei bei seinen Gesprächen mit den drei Männern „nie ein Thema“ gewesen, „schon gar nicht“ im Zusammenhang mit der Immobilie. „Was ich über diese Vereinigung lese, ist abstoßend und idiotisch“, so Kurth weiter. „Ich habe dieses Gedankengut bei den genannten Personen nicht wahrgenommen, ansonsten hätte es den Hauserwerb auch nicht gegeben.“

Bei der Razzia hatten Einsatzkräfte am Dienstag in Sachsen und Polen acht Männer festgenommen – fast alle sind nun in Untersuchungshaft. Unter den Festgenommenen ist ein AfD-Lokalpolitiker, der bei dem Zugriff durch die Polizei am Kiefer verletzt worden war. Er soll nach Angaben aus Sicherheitskreisen eine Langwaffe in der Hand gehalten haben, weshalb die Polizei zwei Warnschüsse abgab.

Die Bundesanwaltschaft wirft den Männern die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vor. Die Ideologie der „Sächsischen Separatisten“ sei von rassistischen, antisemitischen und teils apokalyptischen Vorstellungen geprägt. Sie soll geplant haben, an einem unbestimmten „Tag X“ mit Waffengewalt Gebiete in Sachsen und gegebenenfalls auch in anderen ostdeutschen Ländern zu erobern, um dort ein am Nationalsozialismus ausgerichtetes Staats- und Gesellschaftswesen zu etablieren. „Unerwünschte Menschengruppen sollen notfalls durch ethnische Säuberungen aus der Gegend entfernt werden“, so die Bundesanwaltschaft.

Spätestens im November 2020 soll sich die Gruppe nach Angaben der Bundesanwaltschaft gegründet haben. Die Männer hätten wiederholt paramilitärische Trainings mit Kampfausrüstung absolviert. „Dabei wurden insbesondere der Häuserkampf, der Umgang mit Schusswaffen, Nacht- und Gewaltmärsche sowie Patrouillengänge eingeübt“, hieß es in einer Mitteilung. Zudem habe sich die Gruppierung militärische Ausrüstungsgegenstände wie Tarnfleckanzüge, Gefechtshelme, Gasmasken und Schutzwesten besorgt.

Es ist nicht das erste Mal, dass Kurth sich für einen Rechtsextremisten-Treff engagiert. Im Januar wurde bekannt, dass der frühere CDU-Politiker im Jahr 2019 eine Summe von 120.000 Euro für ein „patriotisches Hausprojekt“ der rechtsextremen Identitären Bewegung im österreichischen Steyregg überwiesen haben soll. Verstrickt sein soll er auch in den Aufbau eines Treffpunktes der Identitären Bewegung in Chemnitz.

Berlins CDU-Fraktionschef Dirk Stettner sagte dem Tagesspiegel: „Peter Kurth ist kein Mitglied der CDU. Das freut mich sehr. Wäre er Mitglied, würden wir ihn rausschmeißen.“ Er könne überhaupt nicht verstehen, was mit ihm passiert ist. „Er war einmal bürgerlich und demokratisch – heute offensichtlich nicht mehr. Das ist eine sehr traurige, erschreckende Persönlichkeitsentwicklung“, so Stettner weiter.

Ottilie Klein, Generalsekretärin der Berliner CDU, sagte dem Tagesspiegel: „Dieser verabscheuungswürdige Vorfall verdeutlicht einmal mehr, wie weit sich Kurth von den Werten der Christdemokratie und unseren Grundwerten entfernt hat. Rechtsextremismus und Terrorismus verurteilen wir auf das Schärfste und bekämpfen wir mit aller Kraft.“

Peter Kurth

Peter Kurth, Berliner Ex-Senator, war seit 1977 CDU-Mitglied, in der Berliner CDU galt er als Liberaler, von 1999 bis 2001 war er Finanzsenator. Zuvor war er seit 1994 Finanzstaatssekretär. Einige Jahre saß er im Abgeordnetenhaus.

Ende 2023 trat Kurth aus der Berliner CDU aus, er wollte dann zur Union nach Brandenburg wechseln, im Oderbruch, in Letschin hat er einen weiteren Wohnsitz. Die Berliner CDU schickte eine Überweisung zum Kreisverband Märkisch-Oderland, dort wurde er zunächst als Mitglied eingetragen. Im Zuge der Berichte über Kurths Verstrickungen im rechtsextremen Milieu überprüfte die CDU den Fall. Da er nach seiner Austrittserklärung keinen neuen Mitgliedsantrag gestellt hatte, wurde Kurth „inaktiv“ gestellt.

Aus der Berliner CDU heißt es, dass Kurth seit der sogenannten Flüchtlingskrise der Jahre 2015 und 2016 den Kurs von Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Migrationspolitik abgelehnt und sich radikalisiert habe.

Seit 2008 war er geschäftsführender Präsident des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE). Dort endete im September 2023 seine reguläre Amtszeit als Cheflobbyist, für den Übergang war er weiter kommissarisch im Amt. Nach dem ersten Bericht über Kurths Empfang mit Rechtsextremen trennte sich der Verband von ihm. (Alexander Fröhlich)

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MDR 11. November 2024

Ex-CDU-Politiker hilft „Sächsischen Separatisten“: 100.000 Euro für Terrorverdächtige

Der ehemalige Berliner CDU-Finanzsenator Peter Kurth hat die rechtsextreme Gruppe „Sächsische Separatisten“ offenbar mit einem Darlehen unterstützt. Wie aus einer Recherche des Nachrichtenmagazins „Spiegel“ hervorgeht, soll Kurth im Januar dieses Jahres 100.000 Euro auf ein Privatkonto von Kevin R. überwiesen haben. R. ist einer der unter Terrorverdacht festgenommenen Mitglieder der rechtsextremen Gruppe.

Geld für Hauskauf

Das Geld wurde laut „Spiegel“ für den Kauf einen Hauses in Grimma verwendet. Dort sollte Ermittlungen der Bundesanwaltschaft zufolge ein rechtsextremer Szenetreff entstehen. Neben Kevin R. sollen auch die Verdächtigen Martin K. aus Leipzig sowie der Grimmaer AfD-Stadtrat Kurt Hättasch an dem Hauskauf beteiligt gewesen sein, berichtet das Magazin.

Kurth habe die Überweisung des Geldes laut „Spiegel“ bestätigt. Er bestreite allerdings, von den Umtrieben der „Sächsischen Separatisten“ gewusst zu haben. „Was ich über diese Vereinigung lese, ist abstoßend und idiotisch“, zitiert der Spiegel den Ex-CDU-Politiker. Er habe kein rechtsradikales Gedankengut wahrgenommen, sonst hätte er kein Geld überwiesen, so Kurth.

Kontakt zu Rechtsextremisten

Kurth war allerdings schon in der Vergangenheit mit Verbindungen in die rechtsextreme Szene aufgefallen. So soll er zwischen 2019 und 2022 die „Identitäre Bewegung“ (IB) mit rund 240.000 Euro unterstützt haben. Die Gelder standen offenbar im Zusammenhang mit Immobilienprojekten der IB in Österreich, Sachsen und Sachsen-Anhalt.

Außerdem soll der im Oktober 2022 rund 70.000 Euro an ein Immobilienunternehmen des IB-Deutschlandchefs überwiesen haben. Das Geld soll der Realisierung des neuen Zentrums der Bewegung in Chemnitz gedient haben.

Festnahme in der vergangenen Woche

Die Mitglieder der Gruppe „Sächsische Separatisten“ waren in der vergangenen Woche festgenommen worden. Der Generalbundesanwalt wirft den acht gefassten Beschuldigten die Mitgliedschaft in einer inländischen terroristischen Vereinigung vor.

Ihr Ziel sei gewesen, nach einem erwarteten staatlichen und gesellschaftlichen Zusammenbruch, in Sachsen und angrenzenden Gebieten mit Waffengewalt einen Staat nach nationalsozialistischem Vorbild zu errichten und unerwünschte Personen durch ethnische Säuberungen zu entfernen. Mindestens drei der Beschuldigten sind Mitglied der AfD. Sie sollen aus der Partei ausgeschlossen werden.