Recht(s) unpolitisch – Neonazis in der aktiven Fanszene der SG Weixdorf
Am Sonntag, den 13. Oktober 2024, trafen im Sachsenpokal der Männer die BSG Chemie Leipzig und die SG Weixdorf aus Dresden in Leipzig aufeinander. Im Vorfeld des Spiels kam es zu einer handfesten Auseinandersetzung, wobei acht Gästefans ärztlich behandelt werden mussten.
Auslöser soll laut der BSG das Zeigen von „Devotionalien von nicht am Spiel beteiligten Vereinen sowie eindeutig dem rechtsradikalen Spektrum zuzuordnende Kleidungsstücke“ auf Seiten der Anhänger*innen der SG Weixdorf gewesen sein. Die SG Weixdorf kann dies weder bestätigen noch ausschließen. So weit, so unspektakulär.
Insgesamt fuhren drei Busse der SG Weixdorf nach Leipzig. Zwei davon vom Verein selbst gechartert und ein separater Bus, mit dem die Fangruppierung „Red-White-Fanatics“ (RWF) und Anhang anreiste. Dieser Bus war es auch, der letztendlich in die Auseinandersetzung mit den Chemiefans geriet. Im Nachgang veröffentlichte die Gruppe ein Statement mit ihrer Sicht der Dinge.
Das Statement schwankt zwischen Selbstverherrlichung und weinerlichem Gejammer. Fußball und Politik seien strikt zu trennen, heißt es, und man selbst sei ja unpolitisch. Es folgt der übliche Verweis auf „die Presse“, die „die Pest“ sei und alles falsch darstelle. Die LVZ griff das Statement prompt auf, dabei wären Zweifel an der Darstellung mehr als angebracht.
Unpolitisch beim Trauermarsch in Dresden?
Das zeigt der Blick auf die Social-Media-Kanäle der kleinen, aber aktiven Fanszene der SG Weixdorf, die seit Mitte 2023 unter dem Label „Red-White-Fanatics“ auftritt. Auf dem Instagramprofil der Gruppe fällt gleich ein Post zur ersten Runde des Sachsenpokals gegen TSV Seifersdorf ins Auge: Auf dem Gruppenfoto der RWF sind unter anderem Richard Strauch (2. von links, am Transparent) und Pascal Hoffmann (3. von links, am Transparent) zu erkennen.
Beide tauchten immer wieder im Umfeld der „Elblandrevolte“ auf. So zum Beispiel auf der „Friedensdemo“ der AfD am 1. Mai 2024 in Dresden und bei verschiedenen Mobilisierungen gegen CSD-Demonstrationen in Sachsen. Auch „knisterniete“ (1. von links), wie er sich auf Instagram nennt, und „Jenny“ (4. von links, am Transparent), sind in Dresden öfter auf Neonaziversammlungen anzutreffen.
Dass die SG Weixdorf die Personen nicht kennt, wie es im offiziellen Vereinsstatement zu den Vorfällen heißt, ist mindestens fragwürdig. Denn auch auf der offiziellen Seite der SG Weixdorf finden sich Bilder führender Akteure der „Red-White-Fanatics“ . In einem Beitrag überreicht Madleen Storch einer Nachwuchsmannschaft der SG Weixdorf eine Spende in Höhe von 125 Euro. Auf einem weiteren Bild sind „knisterniete“, Madlen Storch, Pascal Hoffmann und Richard Strauch gemeinsam mit Nachwuchsmannschaft zu sehen. Die Tatsache, dass die Vier stellvertretend dort für die Fangruppe „Red-White-Fanatics“ auftreten, lässt darauf schließen, dass sie dort eine prominentere Rolle spielen.
Madleen Storch gehört ebenfalls zum Personenkreis um Pascal Hoffmann, „knisterniete“ und Richard Strauch. Gemeinsam reisten sie am 15. April 2024 nach Bautzen, um sich der neonazistischen Mobilisierung gegen die zivilgesellschaftliche Veranstaltung „Happy Monday – Wjesoła póndźela“ anzuschließen. Auf dem Rückweg von dieser Aktion attackierten Neonazis Bahnreisende. Am 11. Februar 2024 nahm Storch gemeinsam mit Richard Strauch, Pascal Hoffmann, „knisterniete“ und „Jenny“ am Neonaziaufmarsch in Dresden teil.
Pascal Hoffmann nahm an einer Neonazikundgebung in Freiberg gegen den lokalen CSD mit einer Flagge teil, die mit „Störtrupp Deutschland“ beschriftet war. Auf den Instagramprofilen des Personenzusammenhangs werden fortlaufend rassistische Inhalte geteilt und mit neonazistischer Szenekleidung posiert.
Doch wer fuhr noch mit den „Red White Fanatics“ nach Leipzig Leutzsch?
Auf dem linken Bild sind die Neonazis Dominic Kästner (links) und Marcus Petermann (rechts, mit Becher der BSG Chemie Leipzig) aus Dresden zu sehen, wie sie höchstwahrscheinlich nach ihrem Zutrittsverbot in den Alfred-Kunze-Sportpark posieren. Beide trieben sich bis Mitte des Jahres ebenfalls im Umfeld der „Elblandrevolte“ herum und sind regelmäßig auf einschlägigen Demonstrationen anzutreffen.
Am 11. Februar 2024 trugen sie zusammen mit Mitgliedern der „Elblandrevolte“ das Fronttransparent des Neonaziaufmarschs. Auch sonst macht Kästner aus seiner Ideologie keinen Hehl, wie seine teils gut sichtbaren Tätowierungen zeigen: Hier sehen wir den Oberarm von Dominic Kästner.
Dominic Kästner pflegt zumindest ein Bekanntschaftsverhältnis zu der Personengruppe um Richard Strauch und Madlen Storch. Alle zusammen nahmen am Gemeinschaftsabend der „Elblandrevolte“ teil, der am 17. Februar 2024 in Charlys Pub&Bar auf der Kesselsdorfer Straße stattfand.
Begleitet wurde Kästner von Marcus Petermann. Ein Bild auf Instagram zeigt ihn im Bus auf dem Weg zum Pokalspiel nach Leipzig. Mit Blick auf seinen linken Unterarm und das darauf befindliche Hakenkreuz-Tattoo fällt es schwer zu glauben, dass niemand mitbekommen haben will, dass zumindest der ein oder andere Neonazi an Bord der Charterbusse nach Leipzig war. Die Vermutung liegt nahe, dass die „Red-White-Fanatics“ bewusst ein rechtes Publikum mobilisieren wollten – immerhin ging es gegen die BSG Chemie und deren sich als links und antifaschistisch positionierende Fanszene.
Auch wenn dies nur ein kurzer Einblick in die Weixdorfer Fangruppe „Red White Fanatics“ und deren Umfeld war, wird eines deutlich: Unpolitisch ist sie sicher nicht. Schwer zu glauben ist auch, dass die Offiziellen der SG Weixdorf nichts von der politischen Einstellung maßgeblicher Protagonist*innen der „Red White Fanatics“ mitbekommen haben. Mit Blick auf den „Polizisten der Polizei Leipzig“, der die Musik im Bus der Fanatics gelobt haben soll, bleibt am Schluss nur noch eine Frage offen: Lief im Weixdorfer Charterbus „So sind wir“ von den Onkelz oder von Kategorie C?
naziwatchdd.noblogs.org/post/2024/10/19/rechts-unpolitisch-neonazis-in-der-aktiven-fanszene-der-sg-weixdorf/
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Johannes David LVZ 18.10.2024
Weixdorf-Ultras: Von einer „vermummten Masse von Chemikern“ empfangen
Nach dem Angriff von Fans der BSG Chemie Leipzig auf Gästefans mit acht Verletzten: Gruppierung der SG Weixdorf bestreitet politische Provokationen. Zudem hätten Ordner den Angreifern den Weg freigegeben.
Die Massenschlägerei vor dem Sachsenpokalspiel zwischen Chemie Leipzig und der SG Weixdorf hallt auch Tage später noch nach. Die von Chemie-Fans angegriffene Ultra-Gruppierung „Red White Fanatics“ weist angebliche rechtsradikale Provokationen von sich. Auch die Weixdorfer Abteilungsleitung hat sich eingeschaltet und kritisiert die Absprachen im Vorfeld. Derweil laufen die polizeilichen Ermittlungen zu dem Angriff, bei dem acht Gästefans verletzt wurden.
Die „Red White Fanatics“ haben inzwischen bei Instagram ein Statement zu den Vorfällen veröffentlicht. Darin heißt es: „Man blickte auf eine motivierte, vermummte Masse von Chemikern. Schnell suchten die Ordner an den zwei Toren das Weite und machten Platz für ungefähr 40 bis 50 Chemiker.“ Die SG Weixdorf und die Polizei sprechen von 20 bis 30 Angreifern. Allerdings befanden sich zum Zeitpunkt des Angriffs keine Polizisten in der Nähe. Auslöser der Schlägerei sollen unter anderem politische Provokationen gewesen sein. „Die Polizei geht in ihren Ermittlungen Hinweisen nach, wonach das Zeigen von Bekleidung eines im rechtsextremen Milieu beliebten Labels einiger Fans des SG Weixdorf zur Attacke auf diese führte.“ Die Weixdorfer Fangruppierung widerspricht entschieden.
Weixdorf-Ultras: „Jegliche politische Ausrichtung hat bei uns nichts zu suchen“
„Jegliche politische Ausrichtung hat bei uns nichts zu suchen, ob links oder rechts, bei uns ist jeder gleich. Politik hat im Fußball nichts verloren“, erklären die Red White Fanatics. Es habe „keine Andeutungen oder sonst etwas“ gegeben. Gegenüber der LVZ hatten Augenzeugen von einer Jacke der in der rechten Szene verbreiteten Modemarke „Thor Steinar“ berichtet. Die Abteilungsleitung der SG Weixdorf erklärt dazu: „Ob einige Personen aus dem attackierten Bus tatsächlich Bekleidung eines im rechtsextremen Milieu beliebten Labels getragen haben, können wir weder bestätigen noch ausschließen. Einen Überfall und körperliche Attacken rechtfertigt dies jedoch in keinstem Fall.“
Die Ultras behaupten zudem, mit Verweis auf die Hausordnung, nicht in den Gästeblock gelassen worden zu sein. Erst nach minutenlangen Diskussionen sei für eine Kamerafrau und ein paar einzelne der Weg freigemacht worden. Bislang war davon die Rede, dass zwei Fans der Zutritt zum Stadion verwehrt wurde, weil sie gegen die Kleiderordnung verstießen. Und dann wäre da ja noch der eigentliche Auslöser der Eskalation – das Problem mit der Anreise.
Die schwierige Sache mit dem dritten Fanbus
Chemie hatte im Nachgang verlautbart, dass es sich bei dem angegriffenen dritten Fanbus, um einen Bus handelte, der nicht von der SG Weixdorf gechartert worden sei. Die Rand-Dresdner dagegen erklären, sie hätten im Vorfeld der Partie gen Leipzig kommuniziert, dass sich A-Jugend und Fangruppierung des Vereins gesondert organisierten. „Im Rahmen der Sicherheitskonferenz in der Woche vor dem Spiel hat unser Sicherheitsdienstleister Andreas Gartner von 3G projects diesbezüglich nochmals darauf hingewiesen, dass diese Fangruppierung sehr wahrscheinlich ebenfalls mit Bus anreisen wird“, heißt es dazu.
Die SG-Abteilungsleitung moniert außerdem: „Dieser Vorfall in seinem gesamten Ausmaß wäre wahrscheinlich nicht passiert, wenn dem Bus die Einfahrt in den kritischen Bereich verwehrt und der korrekte Weg gezeigt worden wäre. Vielleicht hätte auch ein Einsatzwagen der Polizei einiges im Ansatz verhindern hätte können, vielleicht auch nicht.“ Dafür hat die Polizei nun im Nachgang einiges zu tun: Sie ermittelt wegen eines besonders schweren Falls von Landfriedensbruch gegen die Angreifer aus der Chemie-Fanszene.