Bundesanwaltschaft übernimmt Ermittlungen
Die Bundesanwaltschaft hat nach Informationen von NDR und WDR die Ermittlungen gegen mutmaßliche deutsche Linksextreme übernommen, denen Gewalttaten in Ungarn vorgeworfen werden.
Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen eine Gruppe mutmaßlicher Linksextremisten, denen Gewalttaten gegen angebliche Rechtsextremisten in Ungarn im vergangenen Jahr vorgeworfen werden. Die Ermittlungsbehörde in Karlsruhe bestätigte auf Anfrage von NDR und WDR, dass sie das Verfahren an sich gezogen hat. Eine Auslieferung der Verdächtigen nach Ungarn wird damit unwahrscheinlicher.
Bislang hatte die Generalstaatsanwaltschaft Dresden gegen mehrere Verdächtige aus Ostdeutschland ermittelt, denen Gewalttaten in Budapest im Februar 2023 vorgeworfen werden. In der ungarischen Hauptstadt waren damals mehrere mutmaßliche Rechtsextremisten angegriffen und verletzt worden. Am sogenannten „Tag der Ehre“ kommt es in Budapest jedes Jahr zu Aufmärschen von Neonazis aus ganz Europa.
In Ungarn wird gegen die mutmaßlichen Angreifer wegen der Gewalttaten und der Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt. Ein deutscher Linksextremist wurde im Januar von einem Budapester Gericht in erster Instanz zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt.
Untergetauchte fürchten Auslieferung
Mehrere der Beschuldigten sollen in Verbindung mit der Gruppe um die Leipziger Studentin Lina E. stehen, die im Mai 2023 vom Oberlandesgericht Dresden wegen der Mitgliedschaft in einer kriminellen linksextremen Vereinigung und Angriffen auf Neonazis zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt wurde. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Die meisten Verdächtigen aus dem Ermittlungsverfahren, das jetzt von der Bundesanwaltschaft übernommen wurde, sind seit der Tat untergetaucht. Einige hatten vor mehreren Wochen angekündigt, sich stellen zu wollen – jedoch nur unter bestimmten Bedingungen.
Die Untergetauchten fürchten vor allem eine Auslieferung nach Ungarn. Dort drohen ihnen einerseits im Vergleich zu Deutschland höhere Gefängnisstrafen. Andererseits stehen die Haftbedingungen in Ungarn in der Kritik. Das Ungarische Helsinki-Komitee, eine Menschenrechtsorganisation, kritisiert unter anderem die mangelnde medizinische Versorgung von Gefängnisinsassen.
Eltern der Beschuldigten aufgesucht
Im Dezember war eine Beschuldigte aus Thüringen in Berlin von der Polizei festgenommen worden. Sie sitzt in Untersuchungshaft. In der kommenden Woche soll nach Informationen von NDR und WDR nun das Berliner Kammergericht über das Auslieferungsersuchen Ungarns entscheiden.
Die Übernahme der Ermittlungen durch die Bundesanwaltschaft macht eine Auslieferung nach Ungarn jetzt unwahrscheinlicher, weil diese oftmals Vorrang vor den Ersuchen aus dem Ausland haben.
Noch vor der Festnahme in Berlin im Dezember 2023 hatten das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz in einer koordinierten Aktion die Eltern der gesuchten Linksextremisten aufgesucht.
In den Gesprächen hatten die Verfassungsschützer angeregt, dass sich die Untergetauchten den deutschen Behörden offenbaren könnten und in Aussicht gestellt, dass so möglicherweise eine geringere Strafe auf sie zukommen könnte. Dafür allerdings müsse eine gewisse Kooperationsbereitschaft der Personen bei der Aufklärung von Straftaten bestehen.
Edgar Lopez und Arnd Groß 01.03.2024
Angriffe in Budapest Generalbundesanwalt übernimmt Ermittlungen gegen mutmaßliche Linksextremisten
Der Generalbundesanwalt hat die Ermittlungen gegen mutmaßliche Linksextremisten übernommen, die im Februar 2023 in Budapest Rechtsextremisten angegriffen haben sollen. Angehörige der untergetauchten Tatverdächtigen teilten unterdessen mit, dass sich die Beschuldigten unter bestimmten Bedingungen den Behörden stellen wollen.
Der Generalbundesanwalt hat die Ermittlungen gegen mehrere Deutsche übernommen, die im Februar 2023 in Budapest Rechtsextremisten angegriffen haben sollen. Das bestätigte die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe MDR Investigativ. Demnach ermittelt sie wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Bisher lagen die Ermittlungen beim Generalstaatsanwalt in Dresden. Die Tatverdächtigen sind zu großen Teilen untergetaucht. Angehörigen zufolge wollen sie sich unter bestimmten Bedingungen stellen.
Im Februar 2023 waren in Budapest Teilnehmer des rechtsextremen „Tag der Ehre“ von mutmaßlichen Linksextremen angegriffen und mit Schlagstöcken und Reizgas verletzt worden. Der „Tag der Ehre“ wird von aus ganz Europa angereisten Rechtsextremisten jährlich begangen. Sie verherrlichen dort die Taten der Waffen-SS und der Wehrmacht.
Gesuchte wollen sich stellen – unter Bedingungen
Um welche Personen es sich bei den Gesuchten genau handelt und was ihnen außer den Angriffen in Budapest noch vorgeworfen wird, ist derzeit unklar. Näheres wollte die Bundesanwaltschaft nicht nennen.
Die Eltern der Untergetauchten hatten im MDR erklärt, dass ihre Kinder sich den Ermittlungsbehörden stellen würden, wenn sie nicht nach Ungarn ausgeliefert werden. Die Eltern wenden sich gegen eine mögliche Auslieferung, weil sie fürchten, dass es in Ungarn keine fairen Verfahren für die Gesuchten geben werde. Zudem seien die Haftbedingungen dort schlecht, meinen die Angehörigen.
Ob sich die Ermittlungen gegen dieselbe kriminelle Vereinigung richten, der die im Mai 2023 vom Oberlandesgericht Dresden verurteilte Linksextremistin Lina E. und drei weitere Männer angehörten, oder ob es sich um eine komplett neue Vereinigung handelt, ist derzeit unklar. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hatte das „Budapest“-Verfahren ursprünglich gegen zehn Deutsche geführt. Die Dresdner Behörde wollte die Übernahme des Verfahrens durch die Bundesanwaltschaft auf Nachfrage des MDR bisher nicht bestätigen.
Ermittlungen wegen weiterer Straftaten
Nach Informationen von MDR Investigativ wird jedoch gegen mehrere der beschuldigten Personen aus Budapest auch wegen weiterer Taten ermittelt, bei denen vermeintliche und tatsächliche Mitglieder der rechtsextremen Szene in Thüringen angegriffen und verletzt worden sind. Eine 23-jährige Person, die ebenfalls an den Überfallen in Budapest beteiligt gewesen sein soll, wurde im Dezember in Berlin festgenommen und sitzt seitdem in Dresden in Untersuchungshaft. Über ihre Auslieferung nach Ungarn will das Kammergericht Berlin demnächst entscheiden.