Bautzens Landrat sendet Gruß an Demo mit Rechtsextremisten
Udo Witschas (CDU) hat als Bautzener Landrat ein Grußwort an die Montagsproteste der „Mahnwache Bautzen“ gesendet, obwohl dort Rechtsextremisten regelmäßig teilnehmen und auch erwünscht sind. Dies reiht sich in seine Annäherungen an diese Szene ein.
Im Gegensatz zu den zahlreichen Verschwörungserzählungen und Lügen der Vergangenheit, wie etwa 2022 die Ankündigung vermeintlich direkter Gaslieferungen von Russland in die Oberlausitz, fielen bei der 250. Versammlung der „Mahnwache Bautzen“ auf dem Kornmarkt am Montagabend auch mal wahre Worte. Was gleich folge, sei eine „Besonderheit“, kündigte Organisator Eckhard Schumann seinen Demo-Partner Veit Gähler an, der seit August 2024 auch Kreisrat für die gemeinsame Liste von Bündnis Oberlausitz und der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften Freien Sachsen ist.
Gähler verlas ein Grußwort von Bautzens Landrat Udo Witschas (CDU). Wer diese wöchentlichen Proteste gegen die Corona-Maßnahmen, gegen die Russland-, Ukraine- oder Asylpolitik seit dem Beginn im Februar 2021 verfolgt, muss dem zustimmen. Ein Grußwort des Landrats hatte es bislang nicht gegeben. Später lobte noch die Vorsitzende der AfD-Kreistagsfraktion, Heike Lotze, Witschas‘ Aktion.
Dessen Grußwort richtete sich direkt an Gähler sowie die Teilnehmer. Seit 250 Wochen würden diese das Recht in Anspruch nehmen, „sich öffentlich zu versammeln und zu äußern. Die Versammlungsfreiheit ist wie die Meinungsfreiheit ein zentrales politisches Freiheitsrecht“, führt Witschas aus. Es sei selten, dass jemand 250 Veranstaltungen organisiere, Wetter und sonstigen Herausforderungen trotze.
Bautzens Landrat will Mitarbeitern und Polizei danken
Als zuständige Versammlungsbehörde garantiere der Landkreis Bautzen diese Demos gemeinsam mit den Beamten der Polizei. Sein Gruß, so Witschas, gelte daher auch diesen Menschen. Die nötigen Abstimmungen für die 250 Versammlungen zwischen der „Mahnwache Bautzen“ und dem Landratsamt hätten insgesamt funktioniert.
„Eine inhaltliche Bewertung Ihrer Versammlungen und der dort geäußerten Meinungen steht mir als Landrat nicht zu.“
Aus dienstlicher oder persönlicher Perspektive möge er einige Punkte „vielleicht anders sehen“. Aber frei nach Voltaire gelte für ihn: „Ich bin zwar anderer Meinung als Sie, aber ich würde mein Leben dafür geben, dass Sie Ihre Meinung frei aussprechen dürfen.“
Rechtsextremisten an „Mahnwache Bautzen“ beteiligt
Zu dieser Meinungsfreiheit gehöre Toleranz. Diese komme ihm „immer öfter zu kurz“, so Witschas. Alle seien Absender und Empfänger von Toleranz. „Ich wünsche uns, dass hier Senden und Empfangen in einem guten ausgewogenen Verhältnis stehen mögen.“
Warum huldigt Bautzens Landrat mit seinen pathetisch übertriebenen Worten gerade der „Mahnwache Bautzen“? Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit gilt natürlich für deren Demos wie für andere auch. Entgegen den regelmäßigen Behauptungen der dortigen Redner ist diese nämlich nicht eingeschränkt oder werden sie mundtot gemacht.
Erneut trat an diesem Montag die rechtsextremistische Gruppe „Urbs Turrium“ als schwarz gekleideter, Parolen brüllender, ausländerfeindlicher Block auf. Deren Vertreter hatten etwa Ende 2024 auf der Bühne der „Mahnwache Bautzen“ Mitarbeiter einer Kindereinrichtung bedroht, weil diese zuvor eine Spende der Gruppe abgelehnt hatte. Kurz darauf erklärte das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz, dass die Versammlungen der „Mahnwache Bautzen“ immer mehr zum Treffpunkt für Rechtsextremisten in Ostsachsen werden. Erneut sprach an diesem Montag auch Freie-Sachsen-Chef Martin Kohlmann.
Teilnehmer der Mahnwache sind auch schon verurteilt worden, etwa wegen Angriffen auf Polizisten. In einem Fall hatte ein Teilnehmer einen Beamten in die Wade gebissen. Ende 2021 gab es im Landkreis Bautzen unerlaubte Aufzüge. Die Polizei konnte diese teils nicht stoppen. Auch bei einer an sich friedlichen Demo Mitte Februar 2022 registrierte die Polizei Straftaten.
All das hielt Bautzens Landrat nicht von seinem Grußwort ab. Zumal diese Teilnehmer regelmäßig dabei und auch erwünscht sind. Schließlich erklärte Mahnwache-Organisator Eckhard Schumann bei einer der Demos im Februar 2024: Die Mahnwache sei für eine wahrhaftige Demokratie, Freiheit, Selbstbestimmung und Frieden – „und wenn sich Rechtsextreme uns anschließen, dann ist das doch eine gute Sache“.
Das Landratsamt Bautzen bestätigt, dass Udo Witschas dieses Grußwort an die „Mahnwache Bautzen“ gesendet hat. Es liegt Sächsische.de vor. Er sei zu der 250. Demo eingeladen gewesen, habe dem aber nicht nachkommen wollen. „Deshalb übermittelte er Kreisrat Gähler als einem der Veranstalter ein schriftliches Grußwort“, erklärt eine Sprecherin.
Das Schreiben bedeute keine inhaltliche Zustimmung. Eine Wertung der Versammlungsteilnehmer und der dort besprochenen Inhalte nehme der Landrat nicht vor. „Anders als andere Politiker hat er als Landrat es vorgezogen, seiner neutralen Position als Leiter einer Verwaltung durch Nichtteilnahme an verschiedenen politischen Versammlungen Ausdruck zu verleihen. Dies gilt auch für die Montagsmahnwache“, sagt die Sprecherin.
Bautzens Landrat widerspricht sich erneut
Damit widerspricht sich Landrat Udo Witschas allerdings erneut. So erklärte er im März 2024, wegen seiner Neutralität nicht an Demos gegen Rechtsextremismus teilnehmen zu können. An Protesten von Landwirten gegen die Agrarpolitik nahm er aber teil. Nun zieht er sich einerseits erneut auf seine vermeintliche Neutralität zurück, beglückwünscht aber dennoch eine Demo mit Rechtsextremisten und anderen Verfassungsfeinden.
Mit dem Grußwort setzt er fort, was er bereits begonnen hat: sich Rechtsextremisten und deren Verbündeten anzunähern. In der jüngsten Sitzung des Kreistages erklärte er, unter den Kreisräten keine Extremisten zu erkennen, obwohl etwa Karsten Hilse (AfD) als einer von mehreren AfD-Politikern prominent im Bundesgutachten des Verfassungsschutzes zur AfD auftaucht und mit Benjamin Moses ein vom sächsischen Verfassungsschutz benannter Rechtsextremist im Kreistag sitzt.
Sächsische Zeitung