Prozess gegen Hanna S. wird in München geführt
Die Nürnbergerin Hanna S. soll sich an Angriffen auf Neonazis in Budapest beteiligt haben. Ab Februar steht sie in München vor Gericht.
Eine Auslieferung nach Ungarn ist vorerst abgewendet: Gegen die Nürnberger Autonome Hanna S., der vorgeworfen wird, sich im Februar 2023 an Angriffen auf Rechtsextreme in Budapest beteiligt zu haben, wird in München verhandelt. Das Oberlandesgericht München gab am Mittwoch bekannt, dass die Anklage dort zugelassen wurde und ab dem 19. Februar gegen die 29-jährige Studentin verhandelt werden soll. Angesetzt sind vorerst 24 Verhandlungstage bis Ende Juni.
Hanna S. war im Mai in Nürnberg im Auftrag der Bundesanwaltschaft festgenommen worden. Diese wirft ihr die Beteiligung an zwei schweren Angriffen auf drei Personen vor, die sich im Februar 2023 am rechtsextremen „Tag der Ehre“ in Budapest beteiligten, einem europäischen Großaufmarsch der Szene. Die Rechtsextremen seien von Vermummten mit Schlagstöcken attackiert und „erheblich“ verletzt worden. Die im Oktober erhobene Anklage wirft Hanna S. deshalb versuchten Mord, gefährliche Körperverletzung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vor.
In seinem Eröffnungsbeschluss weist das Gericht aber darauf hin, dass am Ende auch eine Verurteilung nur wegen gefährlicher Körperverletzung in Betracht komme. Das Verfahren werde vor dem Oberlandesgericht München verhandelt, weil in Bayern der letzte Wohnsitz von Hanna S. war und weil das Verfahren eine besondere Bedeutung habe. Die Tat könne negative Auswirkungen auf das Bild Deutschlands gegenüber anderen Staaten haben. Auch sei das ungarische Gewaltmonopol „in Frage gestellt“ worden. Von der Tat gehe „eine Signalwirkung“ für potentielle Nachahmer aus. Das Gericht ordnete zudem die Fortdauer der U-Haft für Hanna S. an.
Yunus Zival, der Anwalt von Hanna S., wies am Mittwoch gegenüber der taz die Anklage erneut als überzogen zurück. Der Bundesanwaltschaft wirft er einen „Verfolgungseifer“ vor. Er warnte zudem weiter vor einer Auslieferung von Hanna S. nach Ungarn, die theoretisch nach wie vor möglich sei.
Zuletzt gleich mehrere Festnahmen
Gleiches hatten zuletzt die Linken-Politiker*innen Martin Schirdewan und Martina Renner getan, welche die Studentin im November in der JVA Nürnberg besucht hatten. Die Haftzustände in Ungarn seien „unsäglich“, ein fairer Prozess dort nicht zu erwarten, warnte Schirdewan. Bisher soll Ungarn aber noch keinen Haftbefehl gegen Hanna S. beantragt haben. Schirdewan und Renner hatten von einem „großen psychischen Druck“ berichtet, unter dem Hanna S. derzeit stehe.
Zuletzt war es auch zu Festnahmen von weiteren deutschen Autonomen gekommen, denen vorgeworfen wird, sich an den Angriffen in Budapest beteiligt zu haben. Die erste bereits im Dezember 2023 von Maja T. in Berlin: Die nonbinäre Thüringer*in wurde im Juni in einer Nachtaktion nach Ungarn ausgeliefert, eine Intervention des Bundesverfassungsgerichts wurde vorweggegriffen.
Vor gut drei Wochen dann erfolgte die Festnahme von Johann G., der ebenfalls in Budapest dabei gewesen sein soll. Er war der frühere Lebensgefährtin der Leipzigerin Lina E., die bereits im Mai 2023 mit drei Mitangeklagten zu mehrjährigen Haftstrafen wegen Angriffen verurteilt wurde. Auch festgenommen wurde Ende Oktober Nanuk in Berlin, dem eine Unterstützung der Gruppe um Lina E. vorgeworfen wird: Er soll Kampftrainings geleitet und sich an einem Angriff in Eisenach beteiligt haben.
Die Rote Hilfe kritisierte die Festnahmen als „staatliche Verfolgungswut“ und „Hatz auf Antifaschistinnen“ und forderte eine Freilassung der Inhaftierten.