Es steht im Internet – es muss wahr sein. – Statement zu unserer Veranstaltung am 06.08.2024 im Atari

Angeheizt von einer Reihe Verzerrungen und Verleumdungen, demonstrierten am Mittwoch, einen Tag nach unserer Veranstaltung, ca. 100 Personen vorm und gegen das Atari in Leipzig. Vorangegangen war dem eine Medienkampagne gegen unsere Veranstaltung am 6.6.24 mit Cordula Trunk unter dem Titel „Is Palestine a feminist issue?“ im Atari.

Wir sind geschockt und auch ein bisschen überrumpelt davon wie viele Gruppen und Personen ohne jeglichen Beweis oder kurzes kritisches Nachdenken bereit sind den Anschuldigungen zu glauben und sie sogar zu verbreiten. Auch zum Schutz des Ataris sehen wir uns dazu aufgefordert das Geschehen um die Veranstaltung aus unserer Sicht darzustellen. Wir wollen die Gelegenheit auch nutzen, um die Art von Aktionsform zu beleuchten, die hier abgelaufen ist. Mit Störungen und Provokationen gegen antisemitismuskritische Veranstaltungen wird es von vornherein darauf angelegt Situationen zu eskalieren und daraus eine – wie hier gesehene – mediale Kampagne zu produzieren. Es geht dabei darum linken Gruppen und Läden systematisch zu schaden.

Wir glauben nicht, dass unser Text diese Gruppen davon abhält das genauso auch weiterhin zu tun, wir hoffen aber, dass der Umgang mit der von ihnen verbreiteten Vorwürfen reflektierter und kritischer wird. Wir wollen uns damit dafür einsetzen, dass der kritische Diskurs um Inhalte nicht in der Angst vor Verleumdung erstickt.

Über den Inhalt des Vortrages wurden vielfach krude Lügen verbreitet. Das sind Verleumdungen, und ihr könnt euch einen Audiomitschnitt des Vortrags selbst anhören. (Triggerwarnung: in dem Vortrag wird an einigen Stellen über sexualsierte Gewalt gesprochen und es werden auch Beispiele beschrieben. https://soundcloud.com/cordula-trunk/is-palestine-a-feminist-issue-zur-verschrankung-von-antisemitismus-und-queerfeminismus)

Was bei der Veranstaltung passiert ist, stellen wir aus unserer Sicht hier dar:
Das Interesse an unserer ersten Veranstaltung war sehr groß, sodass alle Plätze im Atari schnell besetzt waren und viele weitere Personen dem Vortrag über eine Box, die vor dem Laden aufgebaut war, draußen zuhörten.

In der Anmoderation haben wir darauf hingewiesen, dass wir uns natürlich eine Diskussion wünschen, auch gerne eine kontroverse, dass wir aber um die Einhaltung einiger Grundprinzipien respektvollen Umgangs bitten. Expliziz wurde gesagt, dass Leute einander ausreden lassen und sich bitte nicht anschreien sollen und dass, wem das nicht möglich ist, die Veranstaltung zu verlassen hat.

Als Cordula mit ihrem Vortrag begann, fing eine Person im Eingangsbereich an durch lautes Zwischenrufen die Veranstaltung zu stören. Die Person wurde daraufhin angesprochen, mit dem Hinweis auf die anschließende Diskussion die Zwischenrufe zu unterlassen. Es dauerte allerdings nicht lange, bis es wieder zu Zwischenrufen kam. Da die Person in der weiteren Ansprache keine Einsicht zeigte die Störungen zu unterlassen, wurde sie aufgrund ihres Verhaltens zur Tür hinausgeschoben. In dieser Situation versuchten einige Personen, die sie offensichtlich kannten, den Rauswurf zu verhindern, indem sie mit Schubsen begannen und dabei einer Person auch an den Hals griffen. In das daraus entstandene Gerangel griffen weitere Personen ein. Es wurde geschubst, gezerrt, gerangelt, eine Person fiel dabei auf den Boden, ein T-Shirt wurde zerrissen. Nach einigen Sekunden löste sich das Gerangel auf und wurde in hitzige Diskussionen vor der Tür überführt.

So unschön die Situation die Situation um den Rauswurf auch war, es wurde niemand geschlagen, verletzt oder hatte ein „Knie am Kopf“, wie später behauptet wurde. Im Atari ging der Vortrag nach dieser kurzen Unterbrechung weiter. Vor dem Atari wurde noch eine Weile rumgeschrien. Ein Teil der Störer:innen verabschiedete sich aber nach einiger Zeit und verbleibende fünf Personen begnügten sich mit einer Art Schweigekundgebung, die weitesgehend ignoriert wurde.

Schon wenige Minuten nach dem Rauswurf kursierte ein wackeliges Video vom Gerangel in den einschlägigen Social-Media-Kanälen der selbsternannten palästinasolidarischen Bubble. Die theatralische Kommentierung des Videos sollte schon an diesem Abend ihre Wirkung nicht verfehlen. So gesellten sich im Laufe des Abens immer mehr Personen zu der Kundgebung, und mit steigender Teilnehmendenzahl wurden die Störversuche auch wieder aufgenommen.

Weder daran noch am Verteilen von Flyern wurden sie gehindert. Von „Angriffen auf die Kundgebung“ kann schon gar keine Rede sein. Als nach einer kurzen Pause nach dem Vortrag die Diskussion beginnen sollte, versuchten Teilnehmer:innen der Kundgebung, in das Atari zu gelangen. Mit Hinweis auf die anhaltenden Störversuche wurde ihnen das verwehrt. Ihnen wurde allerding, genau wie den anderen Gästen draußen, die Möglichkeit gegeben, ihre Fragen aufzuschreiben und sich so an der Diskussion zu beteiligen. Obwohl sie davon auch Gebrauch gemacht haben und die Referent:in auf die aufgeschriebenen Fragen auch einging, verunmöglichte ihre Kundgebung das Verstehen des Gesagten draußen durch laute Musik aus einer mitgebrachten Boombox. Bis zum Ende der Veranstaltung sollte die Beschallung anhalten.

Mit dem Ende der Veranstaltung sollte der Spuk online wie offline erst richtig beginnen. Hatte die anfängliche Verbreitung des Videos trotz aller Übertreibungen und verzerrter Darstellung noch irgendwie Bezug zum realen Geschehen, katapultierten sich die nun folgenden Darstellungen in ein Paralleluniversum.
So wurden der Referent:in Inhalte und Zitate in den Mund gelegt, die nie gesagt wurden und auch komplett am Inhalt und an der Ausrichtung der Veranstaltung vorbeigingen. Zudem wurde behauptet, dass die störende Person aufgrund von wahlweise rassistischer, queerfeindlicher, antisemitischer oder sogar transfeindlicher Motivation von der Veranstaltung ausgeschlossen wurde. Das möchten wir als Lügen entschieden zurückweisen.

Die Person wurde ausschließlich aufgrund ihres Verhaltens ausgeschlossen.

Den vorläufigen Höhepunkt der medialen Kampagne markierte dann eine weitere Kundgebung eines Bündnisses antisemitischer Gruppen, das am Tag darauf, am 7.8.2024, vor dem Atari stattfand. Dabei kam es auch zu Beschimpfungen der Bewohner:innen des Hauses – eine Praxis, die wir bisher nur von Auseinandersetzungen mit Nazis kennen und die uns fassungslos zurücklässt.

Die hier beschriebene Praxis antisemitischer Gruppen ist nicht neu und traf in Leipzig schon andere Läden. Sie verläuft immer nach einem ähnlichen Muster:

Mit einem Verhalten, von dem man weiß, dass es in den jeweiligen Projekten nicht geduldet wird, wird ein Rauswurf provoziert. Dieser wird dann als ungerechtfertigt und als Form von Diskriminierung in sozialen Netzwerken skandalisiert. Die daraus erzeugten Shitstorms und Boykottkampagnen binden die Kapazitäten der Projekte wochenlang. Dass linke Läden in Sachsen eigentlich viel Wichtigeres zu tun haben als sich gegen Fake-Vorwürfe und Verleumdungen zu wehren, scheint dabei völlig egal zu sein.

Wir möchten daher unsere momentane Prominenz auch für einen Aufruf nutzen, die linken Läden dieser Stadt zu unterstützen. Bringt euch ein, seid solidarisch und lasst die Angriffe der Antisemit:innen ins Leere laufen.

Zum Schluss bleib noch zu sagen:

Trotz der Störversuche hatten wir eine richtig gute, erkenntnisreiche Veranstaltung mit sehr vielen Besucher:innen und einer tollen Referent:in. Wir haben noch an dem Abend sehr viel Zuspruch und Solidarität erfahren und möchten darauf aufbauen und werden weiterhin in linken und subkulturellen Läden der Stadt Veranstaltungen organisieren, um den Diskurs zu halten.

Danke und bis zum nächsten Mal 🙂
Punks against Antisemitism, Leipzig
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Hinweis, der obige Text wurde von Instagram „abgetippt“ (https://www.instagram.com/p/C-c1fykom35/?img_index=9), weil leider Texte nur noch auf Instagram verbreitet werden, auch von Punks – schlimm!
Sollten Fehler drin sein, war wahrscheinlich die Tastatur schuld.