Hunderte bei Schulstreik gegen Wehrpflicht in Chemnitz: „Das ist kein Dienst, sondern ein Angriff“

Über 600 Demonstranten gingen in Chemnitz gegen das neue Gesetz der Bundesregierung auf die Straße. Die Versuche des Lasub, im Vorfeld von einer Teilnahme abzuschrecken, bewirkte in einigen Fällen das Gegenteil.
Chemnitz.

In vielen Städten bundesweit sind am Freitag Schüler dem Unterricht ferngeblieben. Das Bündnis „Jugend gegen Krieg“ hatte zum Schulstreik gegen das neue Wehrdienstgesetz aufgerufen, das am Freitag im Bundestag beschlossen wurde. In Chemnitz folgten diesem Aufruf mehrere hundert Menschen. Die Polizei zählte 610 Personen. Die Veranstalter sprachen von über 1000 Teilnehmern. Darunter waren neben Schülern auch zahlreiche erwachsene Aktivisten, Lehrer und Eltern.

Rundbrief des Schulamtes bewirkt das Gegenteil

Mehrere der Teilnehmer erklärten, dass das Vorgehen des Landesamts für Schule und Bildung (Lasub) in den vergangenen Tagen, sie zusätzlich motiviert habe, am Streik teilzunehmen. Das Lasub hatte in einem Rundbrief auf die Schulpflicht hingewiesen und eine Freistellung für den Streik ausgeschlossen. Darüber setzten sich einzelne Schulen aus Chemnitz und dem Umland nun offenbar hinweg und erlaubten ihren Schülern die Teilnahme.

Einer davon war Tim Demmler aus Leukersdorf. Der 16-Jährige sei nicht zufrieden mit dem Umgang der Politik mit seiner Generation. „Auch mit einer Ausbildung leiste ich meinen Dienst an der Gesellschaft“, sagte er. Eine Wehrpflicht lehne er ab. Er sei aber auch zum Streik gekommen, weil er Verdruss über die allgemeine politische Lage verspüre.

Palästinenserflaggen und solche der „Antifaschistischen Aktion“ unter den Teilnehmern bestätigten den Eindruck, dass es vielen Teilnehmern nicht nur um das aktuelle Gesetzesvorhaben der Bundesregierung ging.

Als erster Redner der Kundgebung sprach ein Mann, der angab Lehrer an einer staatlichen Schule in Chemnitz zu sein. Als „überzeugter Gewerkschafter und Sozialist“ freue es ihn, dass so viele Schüler dem Aufruf gefolgt seien. Es gehe darum, die „Arbeitersöhne“ vor dem Krieg der Reichen zu bewahren. Eine andere Rednerin kritisierte: „Die Wehrpflicht ist kein Dienst an der Gesellschaft, sondern ein Angriff auf unsere Zukunft.“

Der Demo schlossen sich auch mehrere Politiker des BSW an. Eine anderer Umgang mit Russland ist eines der Kernthemen der Partei.

Begleitet wurde die Kundgebung zudem von einem Kamerateam des Verschwörungstheoretikers und Aktivisten Ken Jebsen.