Maifeuer ruft Widerspruch auf den Plan – „Politischer Maitanz“ trifft Gegendemo in Herrnhut

Gegen ein Fest mit Gästen unter anderem aus der Querdenker-Szene haben 160 Menschen demonstriert. Ein Abend in Herrnhut über Respekt, Frieden und mit schrillen Tönen.
Maifeuer gab es am vergangenen Mittwochabend viele. Aber kaum eines war so politisch aufgeladen wie das im Hof des Herrnhuter Naturkostladens Dienel. Schon im vergangenen Jahr hatten sich hier Vertreter aus der Querdenker- und Coronaskeptiker-Szene, aber auch Sympathisanten und Mitglieder von AfD und Freie Sachsen gezeigt.
Deshalb riefen dieses Jahr drei Initiativen zur Gegendemo: „Bündnis Bürger der demokratischen Hutbergregion“, „Zittau ist bunt“ und „Klare Kante Görlitz“. Rund 160 Teilnehmer versammelten sich am Herrnhuter Bahnhof, vis-a-vis dem Maifeuer. Mit Reden, Plakaten und Musik machten sie ihre Haltung deutlich. Mit dabei waren neben dem Vorstand der Herrnhuter Diakonie, David Heuckeroth, dem ein „weltoffenes Herrnhut wichtig“ ist, die Brüdergemeine-Pfarrer Peter und Jill Vogt. Peter Vogt warb mit Blick auf das Unesco-Welterbe für Werte wie Offenheit und Toleranz.
Gegenüber, im Hof des Naturkostladens und Gartenbaus Dienel, machte ein Tisch mit Werbematerialien die dortigen Ansichten deutlich: Geschenktüten der AfD, Visitenkarten des „Bündnis Oberlausitz“, das in Verbindung steht mit den rechtsextremen Freien Sachsen, sowie ein Buch von Unternehmer und AfD-Spender Winfried Stöcker.
Daneben lagen Plakate mit dem berühmten Motiv von Käthe Kollwitz „Nie wieder Krieg“. Paradox: Kollwitz stand zu Lebzeiten der SPD und KPD nahe.
Querdenker Marcus Fuchs moderiert
Moderator des Abends war Marcus Fuchs im blauen Shirt mit Friedenstaube. Er ist als Kopf der Dresdner „Querdenken“-Bewegung bekannt und hat für die umstrittene „Friedensprozession“ am Karfreitag in Dresden getrommelt, an der unter anderem BSW-Sympathisanten sowie Vertreter der rechtsextremen Szene teilgenommen hatten.
Auch die anderen Gäste auf der Bühne in Herrnhut sind aus der Querdenker- und Corona-Kritiker-Szene bekannt: Yann Song King gab neben aktueller Polit-Kritik viele Songs aus seinem Repertoire aus Coronazeiten zum Besten. Elmar Gehrke, der häufig als AfD-Unterstützer unterwegs ist und sich als Satiriker bezeichnet, jonglierte durchgehend mit Anspielungen auf rassistische und rechtsextreme Bezüge, etwa wenn er erklärte, dass man zwar nicht mehr „Sarotti-Mohr“ und „Negerkuss“ sagen dürfe, die Werbung aber von „Maximalpigmentierten überflutet“ sei.
Respekt und Frieden als Themen
Der Respekt untereinander, der an diesem Abend auch im Publikum von Kritikern des Maifeuers gefordert wurde, blieb bei den „satirischen“ Beiträgen Gehrkes genauso auf der Strecke wie bei Marcus Fuchs. Er ließ die Zuschauer mit Verweis auf die Gegendemonstranten wissen, dass sein Hund kein „Gammelfleisch“ möge. Frieden, das Hauptthema, das wohl die meisten der reichlich 100 Gäste an dem Abend verband, tauchte immer wieder auf. Dabei machte beispielsweise Elmar Gehrke deutlich, wie wenig Sympathie er für die überfallene Ukraine und deren Präsidenten hat.
Gastgeberin Kristina Dienel, Herrnhuter Stadträtin und Kreisrätin für das „Bündnis Oberlausitz“, begrüßte auch bekannte Gesichter aus der Region: Eckhard Schumann, Mitorganisator der Mahnwache Bautzen, hielt ebenso ein Grußwort wie Burkhard Hasenfelder, der für das „Bündnis Oberlausitz“ im Stadtrat Görlitz sitzt und zu den Organisatoren der Görlitzer Montagsdemonstration zählt.
Insgesamt bilanzierte die Polizei auf SZ-Nachfrage aber einen ruhigen Abend in Herrnhut: Die Demo und auch Diskussionen von Teilnehmern beider Veranstaltungen seien friedlich verlaufen, es habe keine Verstöße gegeben.
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01.05.2024
Rechtsextreme, Querdenker und AfD-Anhänger feiern unter Protest in Herrnhut
Gegen den „Politischen Maitanz“ hatte sich eine spontane Demo formiert. Freie-Sachsen-Chef Martin Kohlmann wollte dort provozieren.
Herrnhut. Martin Kohlmanns Gesicht sieht man aktuell in der Oberlausitz auf so manchem Wahlplakat der Freien Sachsen. In Herrnhut stand der Mitbegründer der rechtsextremen Partei am Dienstagabend plötzlich in den Reihen einer Gegendemo, die sich gegen den „Politischen Maitanz“ auf dem Gelände des Gartenbaubetriebs Dienel an der Löbauer Straße richtete. Kohlmann war dort Gast.
Er wolle nur mit den Demonstranten reden, erklärte er. Er sei auch für Respekt und Weltoffenheit, wie es auf einem Plakat zu lesen stand. Für die Demokratie kann sich der Jurist, der viele Corona-Leugner und -Kritiker auch in der Oberlausitz vor Gericht vertritt, aber nicht erwärmen, machte er deutlich. Dass Kohlmann provozieren wollte, lag auf der Hand. Dennoch blieb die Stimmung zwischen ihm und den 50 bis 60 Teilnehmer der Gegendemo im Beisein der Polizei friedlich.
Dass es überhaupt zu einer spontan angemeldeten Gegendemo gekommen ist, lag an der Liste der angekündigten Gäste. Denn die sind in rechten und Querdenker-Kreisen gewissermaßen Prominente. Neben dem Dresdner „Querdenken 351“-Mitbegründer Marcus Fuchs waren auch rechte Musiker wie Yann Song King und Björn Banane sowie das Dresdner AfD-Mitglied und Autor Elmar Gehrke geladen. Dass sie mit den Gästen und ihrem Gedankengut nicht einverstanden sind, wollten die Gegendemonstranten zeigen.