Darunter auch die „Freien Sachsen“: Innenminister wollte rechte Gruppen verbieten lassen

Dresden – Also doch! Immer wieder hatte Innenminister Armin Schuster (63, CDU) angedeutet, die rechtsextremen „Freien Sachsen“ verbieten zu wollen. Nun kam auf Anfrage der Linken-Angeordneten Juliane Nagel (46) raus, dass es tatsächlich Versuche gab. Nicht die einzige Gruppierung am rechten Rand, gegen die ein Verbot im Raum stand.
Die Kader der „Freien Sachsen“ lassen kaum eine Gelegenheit aus, zu betonen, dass sie nur eine Partei sind, um vom besonderen Schutz selbiger zu profitieren. Können Vereine recht einfach vom Innenminister verboten werden, muss bei einer Partei das Verfassungsgericht ran.
Der neonazistischen „Freiheitlichen Arbeiter Partei“ konnte 1995 die Partei-Eigenschaft abgesprochen und sie verboten werden – das klappte in Sachsen nicht.
Ab Dezember 2021 prüfte das Ministerium ein Verbot. Mit der Etablierung von Parteistrukturen und der Teilnahme an Wahlen wurden die Prüfungen aber 2022 vorerst wieder eingestellt.
Auch die Wählervereinigung „Pro Chemnitz“, eine der „Freien Sachsen“-Keimzellen, wurde zwischen 2019 und Februar 2020 geprüft. „Vorliegen von Verbotsgründen im Sinne der Fragestellungen konnten nicht mit der erforderlichen Verfahrenssicherheit festgestellt werden“, schreibt Schuster.
Aus dem gleichen Grund scheiterten auch die Verbotsbemühungen des sächsischen Teils der „Brigade 8“. Hatte sich die Gruppe am 8. Oktober 2023 offiziell aufgelöst, plauderten Mitglieder bei einem Prozess aus, dass es die Gruppe durchaus noch gibt.
Innenministerium untersuchte noch weitere Gruppen
Bei den Reichsbürgern vom „Bundesstaat Sachsen“ fand das Ministerium ebenso keine sicheren Verbotsgründe, bei den Chemnitzer Hooligan-Gruppen „NS-Boys“ und „Kaotic Chemnitz“ konnte zudem die Vereinigung nicht rechtssicher nachgewiesen werden, ebenso beim zwischenzeitlich aufgelösten Verein „Sport und Bildung“.
Die „Freie Kameradschaft Dresden“, „Gruppe Freital“ und „Revolution Chemnitz“ wurden durch Strafprozesse zerschlagen.
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Juliane Nagel deckt auf: Innenministerium erwog das Verbot von neun extrem rechten Gruppen nach dem Vereinsgesetz
Sachsens Innenministerium hat in den vergangenen Jahren das Verbot von neun extrem rechten Gruppen nach dem Vereinsgesetz erwogen. Details wurden nun auf Anfrage der Sprecherin der Linksfraktion für antifaschistische Politik, Juliane Nagel, erstmals offengelegt (Drucksache 8/917). Sie erklärt:
„Demnach wurden Überlegungen zum Verbot der ,Freien Sachsen‘ aufgegeben, nachdem der Parteistatus erlangt worden ist. Auch der Vorgänger ,Pro Chemnitz‘ war geprüft worden – erfolglos, weil Verbotsgründe ,nicht mit der erforderlichen Verfahrenssicherheit festgestellt‘ werden konnten.
Einem Verbot entgingen außerdem die militante ,Freie Kameradschaft Dresden‘ sowie die rechtsterroristischen Vereinigungen ,Gruppe Freital‘ und ,Revolution Chemnitz‘. Grund hier: Im Zuge der Strafverfahren gegen ihre Mitglieder blieb nichts übrig, was sich verbieten ließ.
In der Liste geprüfter Gruppen findet sich auch ein eingetragener Verein mit dem unauffälligen Namen ,Sport und Bildung‘. In Verfassungsschutz-Berichten wurde diese Gruppe nicht erwähnt, Medienrecherchen brachten sie aber in Verbindung mit Szeneveranstaltungen, darunter das berüchtigte Neonazi-Kampfsportturnier ,Tiwaz‘. Hier hatte das Ministerium letztlich Zweifel am ,Bestand einer Vereinigung‘. Womöglich war man schlicht zu spät dran. Der Verein löste sich 2022 formal auf und ist inzwischen aus dem Vereinsregister gelöscht.
Das letzte Vereinsverbot gegen eine sächsische Neonazi-Gruppe auf Landesebene war 2014 verfügt worden und galt den ,Nationalen Sozialisten Chemnitz‘ (NSC). Mögliche künftige Maßnahmen lässt die Antwort ausdrücklich offen: Nicht aufgeführt werden Gruppen, die ,weiterhin Betrachtungsgegenstand‘ sein könnten.
Solche gibt es. So heißt es weiter: ,Zu mehreren Bestrebungen/Strukturen sind die internen Erkenntnisgewinnungs- und Prüfprozesse […], die das Ergreifen von Maßnahmen gegen die Vereinigungen ermöglichen, noch nicht abgeschlossen.‘“