Für einen antifaschistischen und universellen Feminismus!

Aufruf zur Demo »FEMINISM UNLIMITED«
8. März 2025, 13:00 Uhr
S+U Schönhauser Allee

Die Welt steht in Flammen – und es sind Männer, die die Streichhölzer in der Hand halten. Ob in den USA, Afghanistan, Kurdistan, Israel, Gaza, Iran, Sudan, der Ukraine, Russland oder der BRD: Kriege, ökologische und gesellschaftliche Krisen und sexualisierte Gewalt in diesen Kontexten sind auch Ausdruck einer patriarchalen Herrschaft, in der Frauen und queere Menschen Männern gewaltvoll untergeordnet werden. Doch nicht nur im Krieg und in anderen Krisen zeigt sich die patriarchale Gewalt. Sie zeigt sich auch im Alltag:

in Telegramchannels organisierter Vergewaltigungsnetzwerke, in KO-Tropfen auf Partys oder durch Faschos, die es nicht aushalten, wenn wir auf Prides demonstrieren und feiern. Wir sehen es anhand der steigenden Zahlen von häuslicher Gewalt und Feminiziden und darin, dass der Staat hier wegsieht. Und damit nicht genug: aktuell werden überall hart erkämpfte feministische Errungenschaften angegriffen und Transfeindlichkeit ist ein zentrales Mobilisierungsthema konservativer und rechter Parteien. Wir nehmen diese Angriffe nicht hin und ebensowenig den sexistischen Normalzustand!

Lasst uns am 8. März auf die Straße gehen, Seite an Seite gegen Patriarchat und Faschismus!

Sexismus, Queerfeindlichkeit und Antifeminismus sind die globale Klammer rechter und autoritärer Projekte – zentrale Punkte, an dem diese Projekte trotz aller ideologischer Differenzen aneinander anknüpfen können.

Widerstand dagegen war und ist immer notwendig. Gerade jetzt, wenn die Verbreitung rechter Weltbilder wieder offen zutage tritt. Sie sind eingebettet in die Strukturen von Staat und Kapitalismus. Denn in der kapitalistischen Gesellschaft leiden alle Menschen unter dem System, die nicht Teil der herrschenden Klassen sind. Dazu gehört das Gefühl, gegenüber den herrschenden Verhältnissen ohnmächtig zu sein, die Angst vor sozialem Abstieg, die Erfahrung der Ausbeutung der eigenen Arbeitskraft und die der Ungleichheit zwischen Menschen, die als natürlich dargestellt wird.

Neoliberale Politik, die soziale Leistungen kürzt, die vor allem Unternehmens- und Aktieneigentümer*innen nutzt, verschärft diese Probleme. Die im Kapitalismus angelegten Ausbeutungs- und Herrschaftsstrukturen beinhalten schon Abwertung und Ausgrenzung legitimiert über unter anderem Rassismus und Nationalismus.

Rechte Akteur*innen bauen darauf auf und nutzen die Unzufriedenheit, Angst und schon angelegte autoritäre Prägung von Menschen, indem sie soziale Gruppen abwerten und einfache Feindbilder vorgeben, denen die Schuld am eigenen Leid zugeschoben wird. Dabei handelt es sich um marginalisierte Personen:

um Migrantisierte, um Menschen mit Behinderungen, um Jüdinnen*Juden, Sinti*zze und Rom*nja und um Queers, aber auch um Feminist*innen und Frauen, die eine vermeintlich natürliche Geschlechterordnung angreifen und Männer verweichlichen würden. Die Lösung ist bei ihnen autoritäre Männlichkeit in Form von Härte, Kampfeslust und Rücksichtslosigkeit und die Vernichtung jener, die sie als Feinde ausgemacht haben, statt der Kampf gegen die herrschenden Verhältnisse.

Die Errungenschaften feministischer und queerer Kämpfe werden unter autoritären Politiken mit als erstes angegriffen. Donald Trump besetzte strategisch das US-Verfassungsgericht mit Richter*innen, die 2022 das grundlegende Recht auf Abtreibung abschafften. In seiner zweiten Amtszeit war eine seiner ersten Amtshandlungen die Festschreibung von Zweigeschlechtlichkeit per Dekret. Der Wahlkampf seiner Partei basierte maßgeblich auf Transfeindlichkeit, Millionen Dollar gingen in transfeindliche Propagandavideos. Die wohl bald regierende österreichische FPÖ will sich an der queerfeindlichen Politik Orbáns orientieren, durch die queeren Menschen das Existenzrecht abgesprochen wird.

Im Iran werden feministische Aktivist*innen vom Mullah-Regime ausgepeitscht und zu Tode verurteilt. In Syrien demonstrieren aktuell Frauen gegen die islamistischen neuen Machthaber, da ihnen die vollständige Verdrängung aus dem öffentlichen Leben droht. Ähnlich wie in Afghanistan, wo die Taliban erkämpfte Rechte der letzten 20 Jahre zunichtegemacht und FLINTA*stattdessen mit Entführungen, Kinderehen, Zwangsverheiratungen und Vergewaltigungen bedrohen.

Die Situation palästinensischer Frauen und Mädchen in Gaza ist zu nennen, da sie von Hunger, Vertreibung und Gewalt betroffen sind und es noch immer an medizinischer wie humanitärer Hilfe mangelt.

Sudanesischen Frauen und Mädchen wird inmitten der aktuell größten humanitären Krise systematisch und in unbegreiflichem Ausmaß sexualisierte Gewalt als Kriegswaffe angetan. Immer wieder stehen Frauen und Queers im Zentrum autoritärer Angriffe – ob durch völkische Rechte oder durch islamistische Gruppen.

Das Ideal dieser Akteure ist einfach: Überlegene Männer als Soldaten, die die Nation verteidigen und untergeordnete, schwache Frauen als Mütter, die die Nation reproduzieren. In diesen Weltbildern ist kein Platz für Queerness oder für die Selbstbestimmung von Frauen. Die Binarität und die Hierarchie im Geschlechterverhältnis werden gewaltvoll durchgesetzt.

Ein weiterer Anknüpfungspunkt dieser autoritären Projekte ist der Antisemitismus, dessen globale Verbeitung aktuell wieder deutlich wird. Im antisemitischen Weltbild wird eine übermächtige Elite phantasiert, welche das Weltgeschehen steuere und gegen die es sich aufzulehnen gelte.

Durch seine Schuldzuweisungfunktion bedient er die Sehnsucht nach der Erlösung aus allen Widersprüchen und dient auf individueller als auch gesellschaftlicher Ebene als Mittel zur Identitätskonstruktion. Antisemitismus bildet eine ideologische Brücke zwischen verschiedenen politischen Positionen. Ein universeller Feminismus kommt nicht ohne Kritik an JEDER Form von Antisemitismus aus.

Umso enttäuschender ist es zu sehen, dass vermeintlich linke und feministische Kreise genau diese Kritik verfehlen und grundlegende feministische Prinzipien über Bord werfen. Die sexualisierte Gewalt, die am 07. Oktober 2023 gegen israelische FLINTA* und weitere Personen ausgeübt wurde und weiterhin wird – es sind immer noch Menschen in Gefangenschaft der Hamas -, wird immer wieder verharmlost, geleugnet oder sogar als Widerstand glorifiziert.

In diesen Kreisen ist der wahnhafte Antisemitismus stärker als grundlegende feministische Überzeugungen und der Wille, Opfern sexualisierter Gewalt zu glauben. Das ist nicht nur ein Verrat an den Betroffenen, sondern auch an unseren gemeinsamen Kämpfen gegen patriarchale Gewalt.

Gleichzeitig beobachten wir, wie aus vermeintlich progressiven Kreisen linke Grundprinzipien über Bord geworfen werden, indem die Taten der rechten Netanjahu-Regierung und der IDF verharmlost oder idealisiert, das Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung ignoriert und rassistische Narrative und Repressionen berfürwortet werden. Eine echte Bekämpfung von Antisemitismus ist eine antifaschistische Angelegenheit, sie kann nicht erfolgreich sein, wenn sie sich von grundlegend antirassistischen und linken Überzeugungen abwendet.

Als Linke und Feminist*innen müssen wir also auch die Verirrungen und Leerstellen unserer Bewegung in den Blick nehmen. Sie zu benennen und zu bekämpfen darf jedoch nicht unser einziger Fokus sein. Denn patriarchale und faschistische Projekte sind global und vernetzt. Und sie sind auf dem Vormarsch. Auch in unserer Gesellschaft.

Nicht nur dass die CDU eine Zusammenarbeit mit der AfD in Kauf nimmt, sie unterscheidet sich auch inhaltlich kaum noch von ihr – insbesondere, wenn es um die Entrechtung von migrantisierten und geflüchteten Menschen geht. Auch Grüne und SPD steigen in den rassistischen Kanon ein. Das bedeutet steigende Gewalt gegen u.a. Queers, Migrantisierte, Jüdinnen*Juden und Linke.

Der Berliner Register meldet für 2024 einen deutlichen Anstieg an queerfeindlichen, antisemitischen und rassistischen Vorfällen. Im vergangenen Sommer wurden systematisch CSDs in den östlichen Bundesländern von Rechten angegriffen, es gab immer wieder Übergriffe auf Jüdinnen*Juden, Gedenkstätten und Synagogen und die AfD feierte Wahlerfolge. Das werden wir nicht weiter hinnehmen!

Gleichzeitig braucht es keine AfD-Wahlerfolge, um die Situation von Frauen und Queers zu verschlimmern. Schon jetzt fehlt es an 14.000 Frauenhausplätzen, queere Zentren müssen geschlossen werden, Carearbeitsbereiche werden immer prekärer und wohlfahrtsstaatliche Maßnahmen Stück für Stück abgebaut. Die finanziellen Kürzungen und Auswüchse der neoliberalen Politik treffen zuerst Frauen, Queers, migrantisierte, arme, kranke, behinderte und anders marginalisierte Menschen. Weiblich konnotierte Institutionen werden strukturell geschwächt, während männlich konnotierte Staatsapparate wie Militär und Polizei massiv ausgebaut und gestärkt werden.

Patriarchat und Kapitalismus sind in staatliche Strukturen eingeschrieben. Ein liberaler Feminismus, der das nicht erkennt, der lediglich die Gleichstellung von weißen und wohlhabenden Frauen zum Ziel hat, ist keine Lösung. Er verschiebt Sorgearbeit auf den Rücken von Armutsbetroffenen und Frauen aus Südost- und Ostmitteleuropa sowie dem Globalen Süden. Autoritäre Sehnsüchte und Bestrebungen von links, die Antisemitismus ignorieren, islamistische Terrorgruppen als Widerstandskämpfer glorifizieren und Härte gegen sich selbst und andere predigen, werden uns genauso wenig befreien, sondern nur in eine neue Art von Gefängnis führen.

Wir wollen etwas anderes. Wir kämpfen für etwas anderes. Wir richten unsere Hoffnung auf universellen und antifaschistischen Feminismus. Das heißt wir verschließen die Augen nicht vor der Unterdrückung von Mädchen, Frauen und Queers, weil diese Teil einer anderen Kultur seien. Und wir sehen Antisemitismus und Sexismus nicht als Anlass für rassistische Abschiebenarrative, sondern als grundlegenden Pfeiler der deutschen bürgerlichen Mitte. Wir lassen uns nicht gegeneinander ausspielen! Wir stehen für Bündnisse im Kampf gegen Faschismus, gegen das Patriarchat und gegen jede Form von Rassismus und Antisemitismus.

Wir sehen uns als Teil eines globalen feministischen Kampfs, eines globalen feministischen Widerstands. Lasst uns voneinander lernen, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der patriarchalen Verhältnisse in unseren Kontexten verstehen und in Solidarität zusammen stehen!

Zu nennen ist die kurdisch-feministische Bewegung in Rojava: ihre Kämpfer*innen werden von Erdogan zerbombt, während sie die einzigen sind, auf die sich Zivilbevölkerung gegenüber Angriffen des IS oder der türkischen Regierung verlassen kann. Sie stehen für die Hoffnung auf eine reale Überwindung von Patriarchat und Kapitalismus.

Zu nennen ist die feministische Bewegung in Polen: sie ermöglicht erfolgreich Menschen den Zugang zu Abtreibung, wo der Staat es zu verhindern versucht und konnte auch eine breite Masse innerhalb der Zivilbevölkerung im Kampf gegen das repressive Abtreibungsrecht und die rechte PiS-Partei mobilisieren – bis zu deren Abwahl.

Zu nennen ist Ni Una Menos: eine Bewegung gegen Feminizide, den Mord an Frauen, weil sie Frauen sind, die in Argentinien begonnen wurde. Sie breitet sich über viele Ländergrenzen hinweg aus und ist global Quelle von Inspiration und Solidarität feministischer Projekte.

Zu nennen ist der Kampf gegen Feminizide in Mexiko.

Zu nennen sind feministische Care Gruppen und Friedensinitiativen im Sudan.

Und zu nennen ist die maßgeblich von Kurd*innen und anderen Minderheiten getragene feministische Bewegung in Iran, die sich gegen die Unterdrückung durch das iranische Regime stellt.

In dieser Zeit ist es umso wichtiger, dass wir als Frauen, Lesben, inter*, nichtbinäre, trans* und queere Personen zusammenhalten. In unserer Vereinigung liegt die Kraft, das Patriarchat zu zerschlagen. Wir laden alle solidarisch Verbündeten dazu ein, mit uns gemeinsam am 8. März dem Patriarchat den Kampf anzusagen. Keinen Milimeter nach rechts. Für universellen Feminismus und das gute Leben für uns alle!

Jin, Jiyan, Azadî!
Alerta Antisexista!
Alerta Antifascista!