Zum schlechten Zustand der bürgerlichen Linken zu Leipzig oder: Eure Feigheit kotzt mich an

Mir sind vor kurzem zwei Broschüren [1] in die Hände gefallen, von der Leipziger Antifa-Gruppe alea. Sofort fiel mir das teure und qualitative Papier auf, das akkurate Graphic-Design und der professionelle Satz, ganz wie an der Akademie gearbeitet wird.
Es handelt sich also um Texte mit Anspruch, so scheint es also mir als unbedarfte lesende Person. So freute ich mich über eine anregende Trambahnlektüre. Davor hatte ich von der alea nur durch ihre, etwas im Szenetrubel untergegangene, Demonstration in Grünau mitgekriegt, war also was deren politische Ausrichtung angeht, völlig unbedarft.
So musste ich denn die Texte mit einer immer größer werdenden Bestürzung lesen, denn diese hatten, abgesehen von ihrer intellektuellen Sprache und Aufmachung, wenig intellektuellen Inhalt…
Ich habe schon einmal eine kurze Polemik über die verkrusteten Leipziger Szenestrukturen veröffentlicht [2]. Ich möchte mit diesem Text meine Kritik vertiefen, indem die sogenannte/selbsternannte Antifagruppe alea als konkretes Beispiel für den Scherbenhaufen „radikale Linke in Deutschland“, dienen darf. Die intellektuelle Verelendung, deren hämische Fratze mich zwischen den Zeilen dieser Texte angrinste, darf von Kommunist*innen und Anarchist*innen (sowie allen anderen Staatsfeinden, die sich der Freiheit für die Menschheit verschreiben) nicht unbeantwortet gelassen werden.
Deshalb schreibe ich diese harsche Polemik, sie ist nicht als persönlicher Angriff auf irgendwelche Anhängende der alea zu verstehen (mir gehen solche Leute am Arsch vorbei, ich habe wichtigeres zu tun, als diese Leute zu verfolgen oder irgendeinen Kleinkrieg zu führen) und sollte erst recht nicht als Aufforderung, diese Leute (außerhalb eines intellektuellen Diskurses) anzugreifen, missverstanden werden.
Wir haben wirklich wichtigeres zu tun, als uns mit solchenen aufzuhalten!
Es geht mir ums Prinzip, es geht mir um Antifaschismus aus einer revolutionären Perspektive, deshalb werde ich diese „Review“ der alea auch dazu nutzen, um einen kurzen und knackigen Appell an die deutsche „Linke“ zu richten. Ein bisschen Pathos kann ich mir auch einmal erlauben, nach der ganzen Analyse und Kritik.
Also, widmen wir uns den 3 Textchen der alea, die uns sagen sollen, wie wir den „schlechten Zustand der Welt“ zu interpretieren haben. Grundprämisse ist wohl, dass Alles scheiße ist. Soweit, so stimmig.
Die Texte sind in weiten Teilen von deskriptiver Natur, das heißt auf deutsch, dass sie beschreiben was gerade ist: Klimawandel, Kapitalismus, Faschismus. All das stört mich jetzt nicht übermäßig, auch wenn ich da häufig anderer Meinung bin, I agree to disagree. Zwar wird am Anfang des ersten Textes ein absurdes Zerrbild von antikapitalistischen Bewegungen gezeichnet (bösartige Leninisten, kopflose Insurrektionäre/Nihilisten, manichäische Post-Koloniale), aber das möchte ich ihnen verzeihen, ein wenig Überspitzung und Polemik ist ja erlaubt.
Ich habe selbst schon genug Menschen erlebt, die auf diese Beschreibung passen, also geschenkt.
Mir geht es aber in meiner Kritik um ein paar philosophische Kalenderweisheiten, die im Text als fundamentale Kritik präsentiert werden, und um die normativen Schlüsse die daraus gezogen werden. (Normativer Schluss = Was sollen wir tun?)
Die Autor*innen dieser Textchen kommen nämlich zu der lachhaften Idee, dass wir Widerstandskämpfer und Antikapitalisten einfach keine Chance hätten.
Es ist zum Haare ausraufen, ausgerechnet im Land der Drückeberger*innen und Täter, ausgerechnet in Deutschland!
Die Autor*innen geben sich mit der faulsten und feigsten Ausrede zufrieden:
Erstens, wir wissen, dass wir nichts wissen, also wir haben gar keinen Plan, wie wir etwas verändern können. (Platon aus der Mottenkiste hervorholen ist schon extra faul und gefährlich, ist ja nicht so, dass der faschistoid war und Sklaverei und Patriarchat supertoll fand)
Zweitens, weil wir keinen Plan haben und der Staat/Kapitalismus übermächtig ist, sind wir keine „Subjekte der Geschichte“, also keine Macher*innen, die etwas verändern können. Wir sind zu „Objekten der Geschichte“ degradiert und können dem bunten treiben der Weltgeschichte nur als „Zaungäste“ zuschauen.
Drittens, da wir nichts verändern können, müssen wir liberale bürgerliche Akteure unterstützen, da diese noch Subjekt der Geschichte sind und etwas verändern können.
Eine Erklärung, warum denn die liberalen Akteure irgendetwas in unserem Sinne verändern werden, bleibt uns alea aber schuldig.
Sie wissen auch selbst, dass die Liberalen die kapitalistischen Machtverhältnisse aufrecht erhalten werden, die uns erst in die Misere gebracht haben, aber bessere Ideen gibt es halt gerade nicht, oder so.
Hier nochmal ein Zitat aus dem dritten Text, der diese Position gut zusammenfasst:
„Wer etwas tun will, unterstützt die Tendenzen in der bürgerlichen Gesellschaft, die zur Regulation der CO2-Emissionen treiben und tut damit sicherlich, bezogen auf das Klima, nichts Falsches. Aber es gibt nichts, was wir innerhalb der Bedingungen dieser Gesellschaft tun können, das uns von der Ohnmacht enthebt, in die die kapitalistischen Bedingungen die Gesellschaft versetzen.“
Besonders ironisch ist dieser Appell am Ende des ersten Textes:
„Wir sehen aber, dass der Kampf gegen den Wahn und den Faschismus nicht aussichtsreich sein kann, wenn er nicht damit gekoppelt wird, sich ein Bild von der tatsächlichen Lage in der Welt zu machen. Die Menschen müssen zu den Subjekten ihrer Geschichte werden. Sie müssen den gesellschaftlichen Prozess begreifen lernen und versuchen ihn zu erkennen und zu verstehen. Nur dadurch kann der Mensch in die Lage kommen, in einer Gesellschaft zu leben, die er beherrscht, in der er also gesellschaftliche Verhältnisse so einrichten kann, wie sie gut für ihn sind. Das bedeutet aber, dass er sich den Problemen stellen muss, dass er aufhören muss, sich vor dem Schrecken der Welt zurückzuziehen in eine Welt, in der es bunt und schön und lustig ist. Wenn der Mensch weiterhin alles dafür tut, um in diese bunte Welt hineinzukommen und zum anderen, wenn er einmal drin ist, alles zu tun, um diese Position zu verteidigen, kann sich nichts grundsätzlich verändern und wenn sich nichts grundsätzlich verändert, steuert die Menschheit unaufhaltsam als bloßes Objekt nur auf ihre eigene Vernichtung zu.“
Ja, dieser Kritik des Eskapismus, kann sich ein Neon Genesis Evangelion Fan, wie ich es einer bin, nur anschließen. Nur finde ich es sehr fraglich ob die alea ihre eigene Kritik des Eskapismus verstanden hat. Sie zeigt gleich im nächsten und letzten Absatz, dass dem leider nicht so ist:
„Dabei ist zu beachten, dass dieses „sich die Welt anschauen, wie sie ist“ ein Prozess ist. Weder ist die Welt immer die gleiche Welt, noch kann man sie sich einfach anschauen, weil man jetzt einfach gerade spontan Lust dazu hat, sondern dieses Schauen muss man sich erarbeiten. Man muss verstehen lernen, dass das, was wir sehen, erst erkennbar zu dem wird, was es ist, wenn wir es sich entfalten lassen. Der Blick in die Welt ist ein Blick Schritt für Schritt, und das nicht nur deshalb, weil sie unverhüllt eine schreckliche Gestalt hat. Wir können den Dingen zusätzlich nämlich auch nicht einfach eine starre Interpretation überwerfen und diese dauerhaft festzurren. Eines können wir schon mal festhalten: Wir wissen im Grunde noch fast gar nichts.“
Die perfekte Ausrede! Wir wissen doch im Grunde gar nichts! Gut, die Welt geht unter, aber wie sollen wir sie retten, wenn wir nicht wissen wie? Da müssen wir erst noch zwanzig dröge Vortrage zu Wertkritik halten, bis sich unser Verständnis so langsam in die richtige Richtung entwickelt. Und dann in 10.000 Jahren (wenn es dann die Menschheit noch gibt) haben wir der Weisheit letzten Schluss endlich gefunden und können Revolution machen!
Es ist eine ganz klassische Lüge, die vor allem Akademiker benutzen, um ihre Untätigkeit und ihren Salonkommunismus zu rechtfertigen. Schubladendenken, „starre Interpretationen“, Verkürzungen, einfache Strategien sind nun einmal Grundsätze menschlichen Handelns. Es geht nicht ohne. Wir können uns unserer Beschränktheit und Irrationalität bewusst sein und das Beste daraus machen oder wir können ganz einfach die Realität leugnen und nach der rationalen Idee suchen. Es gibt keine gesunde Meinung. Selbst Adorno gibt mir hier recht:
„Über das, was wahr und was bloße Meinung, nämlich Zufall und
Willkür sein soll, entscheidet nicht, wie die Ideologie es will, die
Evidenz, sondern die gesellschaftliche Macht, die das als bloße Willkür
denunziert, was mit ihrer eigenen Wahrheit nicht übereinstimmt. Die
Grenze zwischen der gesunden und der pathogenen Meinung wird in
praxi von der geltenden Realität gezogen, nicht von sachlicher
Einsicht.“ – Meinung, Wahn, Gesellschaft (1963)
Es gibt keinen Weg dieses absurde Konzept einer perfekten Gesellschaftsanalyse zu verwirklichen und selbst wenn, dann haben wir keine Möglichkeit, diese als richtig und wahrhaft zu erkennen, da die in der Gesellschaft geltende Realität entscheidet, was wahr und was falsch ist. Wir müssen uns mit unseren Annäherungen zufrieden geben und ins kalte Wasser springen. Wir können nur versuchen aus der Geschichte zu lernen und alte Fehler nicht zu wiederholen, doch werden immer Fehler gemacht werden.
Dieser verqueren Logik entspricht die selbstgerechte Veranstaltungsreihe „Antifa-Wochen“, zu der sich die Leipziger Szene-Elite bequemt.
So beglückt die alea den geneigten Veranstaltungsbesucher gleich mit drei Vorträgen, die sich (auch) mit linkem Antisemitismus beschäftigen. Doch gibt es keinen einzigen Vortrag zum reaktionärem Zionismus, der schon einen israelischen Ministerpräsidenten (Yitzhak Rabin) auf dem Gewissen hat und den Friedensprozess zum scheitern verurteilt hat (danke, Sharon) und auch in Deutschland um sich greift und die Gemeinde vergiftet.
Kein Vortrag zum Menschheitsverbrechen in Gaza, kein Vortrag zu den Prügelorgien in Berlin, der Einschränkung von Meinungsfreiheit und der Entmenschlichung von Palästinensern in ganz Deutschland (siehe: „arabische Clans“, „Jubelpalästinenser“).
Kein Vortrag zur Kriegshetze und der Bundeswehrpropaganda, die in jedem Werbekasten hängt und uns von den soldatischen Tugenden überzeugen sollen.
Nein, die feinen Damen, Herren und Nonbinären reden lieber über Adorno, ein wenig über rechte Akteure in und um Leipzig, über die Erinnerungskultur in der Bildungspolitik und wie diese am besten Auszusehen habe, den hundertsten Vortrag zu Antifa in den 90ern und so weiter und so fort.
Ein jeder Mensch, wo so masochistisch war, eine antifaschistische Fortbildung zu besuchen, kennt die drögen All-Timer mit denen uns die Akademikerlinken abspeisen, damit sie nicht über die dringenden Probleme sprechen müssen, das wäre ja Arbeit und könnte sogar (ach, Schreck!) Repressionen nach sich ziehen.
Wir dürfen uns in stinklangweilige Vorträge setzen, wo uns irgendwelche abgehalfterten „Intellektuellen“ ihre Hausarbeiten in einem einschläfernd monotonen Singsang vortragen.
Abgesehen von der philosophischen Unstimmigkeit ihrer Argumentation, bin ich auch inhaltlich nicht zuversichtlich, was den Bildungsauftrag angeht, den sich die alea in ihren Texten auferlegt hat.
Die Sportsfreunde von alea haben wohl ihre Augen in der Umkleide vom Kickboxverein vergessen, ihre Ohren sind ja eh schon vom ganzen Rave-„punk“ hören taub und ihren Mund werden sie sicherlich nur für ihre bürgerliche Vision von Marxismus und für den „jüdischen Schutzraum“ im Nahen Osten öffnen. (Zumindest Gedenken sie den Gefallenen, die von den Faschisten ermordet wurden, davor habe ich immer Respekt und wollte das zumindest erwähnen)
Was jetzt an dieser Gurkentruppe „antiautoritär“ sein soll, wo sie sich doch mit aller Kraft an die Autoritäten anzubiedern versuchen, dass entzieht sich meinem begrenzten Verstand.
Wir können nur hoffen, dass die „deutsche Linke“ nicht länger blind ins Messer läuft und endlich ihre Augen aufmacht, ob der Faschisierung der Gesellschaft. Die Terroristenhatz der 70er ist zurück, nur sind die Terroristen jetzt Klimaaktivisten oder Priester ,die rein symbolisch gegen das britische Militär und die Todesmaschinerie der IDF kämpfen.
Die Feigen und die Privilegierten werden immer nach Ausreden suchen warum der Kampf aussichtslos ist. Doch ist ihr feiges Betragen im Angesicht des Feindes, das beste Kampfmittel der Herrschenden. Wenn wir uns entmutigen lassen und uns dem System anbiedern, hat das System automatisch gewonnen. Die Bewegung wird rekuperiert und in die BRD reintegriert.
Die Positionierung von alea eine Bankrotterklärung und eine Anbiederung an die faschistoiden Kräfte innerhalb der bürgerlichen
Gesellschaft, die ein mörderisches Grenzregime mit Konzentrationslagern und regelmäßigen Massakern stützen: die Leichenberge vor Melilla, die „linke“ Regierung von Spanien hat das zu verantworten. Sie unterstützen indirekt die Kräfte, die einen Orwellschen Polizeistaat aufbauen und das Menschheitsverbrechen in Gaza tatkräftig unterstützen.
Die bürgerlichen Genoss*innen von alea haben den Kopf in den Sand gesteckt und sich bequem in einem neuen Biedermeier eingerichtet, diesmal „mid-century furniture“, während der Faschismus schon heute seine hässliche Fratze zeigt.
Die alea ist da kein Einzelfall, sondern ist beispielhaft für große Teile der „linksradikalen“ Szene in Deutschland.
Die Gesellschaft ist schon längst faschistoid untergraben worden, ob nun die AfD an die Macht kommt oder nicht, hat wenig Bedeutung. Die einzige Antwort ist der Widerstand gegen alle Parteien, gegen jede Politik. Dieser Widerstand wird immer heftiger, dieser Widerstand ist global, auch wenn die Bürgerkinder in Deutschland, das nicht bemerken wollen:
Die Herrschenden in Deutschland brauchen Palantir, sie brauchen den Polizeistaat, die Kriegshetze, das Grenzregime, um sich an der Macht zu halten. Die Unterdrückten begehren global auf, es gibt immer mehr Ausschreitungen und Revolten. Wer dies nicht erkennen will, mag sich mit den weltweiten Aufstandsbewegungen auseinandersetzen und wird schnell erkennen, wie regelmäßig diese auftreten.
Die Herrschenden haben Angst.
Deswegen der große Sprung nach vorn, was die KI und die Totalüberwachung angeht. Sie hoffen darauf, dass sie schnell genug eine starke KI erschaffen könne, damit sie uns für immer versklaven können. Doch sie haben die Rechnung ohne den Wirt gemacht, sie sitzen auf unserer Erdkugel und somit können wir sie jederzeit abschütteln, ohne sie dabei durch eine neue Herrscherkaste zu ersetzen.
Dieser Kampf erfordert ein klares Bekenntnis zum Widerstand, eine klare Ablehnung der Akademie und einen kompromisslosen Kampf gegen die Politik.
Ich plädiere für die Weltrevolution, allen Widerständen und feigen Ausflüchten zum trotz.
Lasst uns gemeinsam die Himmel der Macht stürmen, sonst bleibt uns keine Erde mehr!
Da die alea den Gefallenen gedenkt, die von den Faschisten ermordet wurden, möchte ich einigen revolutionären Gefallenen gedenken, die im Kampf gegen den Faschismus gefallen sind:
Kyriakos Ximitieris,
Snizana Paraskevaidou,
Mauricio Morales,
Ulrike Meinhof,
Lambros Fountas,
Vasilis Tsironis,
Timothy Adams,
John Clark Andaliwa,
Georg von Rauch,
Ronahî/Andrea Wolf,
Ihr seid unsere ständigen Begleiter, wenn wir tanzen gehen, auf der Feuerbahn des nächtlichen Krawalls.
Dieser Tanz durchbricht die Erstarrung!
„Ich verstehe, dass Sie den Pöbel nicht in Betracht ziehen, weil der Hof bewaffnet ist; ich bitte Sie aber, dass Sie diesen sehr wohl in Betracht ziehen sollten, jedes Mal, wenn er selbst glaubt, dass er alles ist.
Das ist der Punkt, an dem er jetzt ist:
und der Plebs fängt seinerseits an, Ihre Armeen nicht zu berücksichtigen, denn das Problem ist, dass seine Stärke in seiner Einbildung liegt; und man kann mit absoluter Sicherheit sagen, dass er im Gegensatz zu allen anderen Arten von Macht, wenn er denn einen gewissen Punkt erreicht hat, alles tun kann, was er sich einbildet, tun zu können.“
– Eine Stimme aus der Vergangenheit –
[1] Teil 1: https://www.alea-le.org/texte/zum-schlechten-zustand-der-welt/Teil 2: https://www.alea-le.org/texte/zum-schlechten-zustand-der-welt/
Teil 3:
[2] https://knack.news/13221