Extremismus in Leipzig: Diese Gruppierungen stehen im Bericht des Verfassungsschutzes

Leipzig bleibt eine Hochburg des Linksextremismus, heißt es im neuen Verfassungsschutzbericht. Zuletzt haben allerdings vor allem rechtsextreme Straftaten sprunghaft zugenommen. Zwei pro-palästinensische Initiativen wurden ebenfalls als verfassungsfeindlich eingestuft.
Im neuen Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutzes (LfV) zu extremistisches Aktivitäten spielt Leipzig weiterhin eine bedeutende Rolle. Aufgrund diverser linker Gruppen mit verfassungsfeindlichen Motiven sei die Metropole noch immer eine Hochburg des Linksextremismus. Allerdings gab es an der Pleiße zuletzt auch die sachsenweit meisten rechtsextremen Straftaten. Zudem werden im Bericht zwei neue Leipziger Gruppierungen genannt, die sich mit dem Terror der Hamas solidarisieren.
Das rechtsextreme Potenzial in Sachsen umfasse insgesamt etwa 6000 Personen, dazu kommen mehr als 3000 Reichsbürger und sogenannte Selbstverwalter, die mitunter auch mit der rechtsextremen Szene vernetzt sind, heißt es im Bericht der Behörde. Zusammen machen beide Spektren mehr als 80 Prozent der Extremisten im Freistaat aus. Die linksextreme Szene wird demnach aktuell auf etwa 900 Beteiligte geschätzt, wobei der autonome Anteil in Leipzig mit 250 Beteiligten einen Brennpunkt linksextremer Gewalt darstelle – auch bundesweit.
Linksextremismus in Leipzig
Zumindest die Zahl linksextremer Straftaten hat sich in Leipzig zuletzt auf 250 halbiert. Der Geheimdienst spricht von einem insgesamt starken Rückgang autonomer Aktivitäten im Freistaat. „Offenbar schränkten andauernde polizeiliche Fahndungs- und Ermittlungsverfahren das Aktionsniveau der linksextremistischen Szene in Leipzig derart ein, dass das Straftatenaufkommen in nennenswertem Umfang zurückging“, sagte LfV-Präsident Dirk-Martin Christian gegenüber der LVZ. Gleichwohl gebe es aber keinen Anlass zur Entwarnung, denn das Antifa-Ost-Netzwerk bestehe unvermindert fort und Gewalt bleibe darin ein legitimes Mittel.
Ein Grundsatz autonomer Gruppen ist die Ablehnung vernetzter Strukturen, sie bestehen eher autark und nur aus wenigen Personen. Im aktuellen LfV-Bericht werden aber auch Initiativen genannt, die offen linksextremistisch agieren. Zu denen mit Ableger in Leipzig gehören die gewerkschaftsähnliche Freie Arbeiter*innen-Union (FAU), die auf Strafsachen ausgerichtete Rote Hilfe (RH) sowie die in sozialen Netzwerken präsenten Gruppen Rote Wende Leipzig und Jugend im Kampf. Letztere werden demnach auch zum gewaltorientierten, kommunistisch-dogmatischen Spektrum gezählt.
Rechtsextremismus und Reichsbürger in Leipzig
Politische Gewalt in Leipzig kommt aktuell aber vor allem von Rechts. Landesweit werden inzwischen die meisten rechtsextremen Straf- und Gewalttaten aus der Messestadt gemeldet: allein 556 im vergangenen Jahr. Ein Novum. Eigentlich ist die sächsische Neonazi-Szene eher in anderen Landesteilen organisiert. Ein Widerspruch? „Eine Erklärung für das verstärkte Aufkommen rechtsextremistischer Straftaten könnten die zurückliegenden Wahlkämpfe sein, aber auch die in Leipzig stattfindende ideologische Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner, die zu vermehrten szenetypischen Straftaten geführt hat“, sagt LfV-Chef Christian. Im Bericht wird beispielsweise auf den CSD in Leipzig verwiesen, den Neonazis 2024 mit einer Gegendemo zu stören versuchten.
In diesem Zusammenhang trat erstmals auch eine neue rechtsextreme Gruppierung aus Leipzig in Erscheinung: Aryan Peoples Resistance. Diese sei bislang vor allem in sozialen Netzen aktiv und ziele auf junge Mitstreiter ab. Es gebe aber auch Vernetzungen zur ebenfalls neuen Gruppe SN Sachsen.
Generell machen die Verfassungsschützer Parteien für das neuerliche Erstarken des Rechtsextremismus in Sachsen verantwortlich. Neben der AfD und ihrer Jugendorganisation Junge Alternative werden im Bericht die Freien Sachsen, Die Heimat, Junge Nationalisten und der Dritte Weg als gesichert rechtsextreme Bestrebungen genannt.
Sachsen ist auch Reichsbürger-Hotspot, diese Szene aber ebenfalls eher in anderen Kreisen organisiert: vor allem in Mittelsachsen, in Dresden und im Landkreis Görlitz. Vereinzelte Reichsbürger-Aktivitäten gebe es dennoch auch in Leipzig. So habe der Bundesstaat Preußen/Celtic Nation seinen Sitz in der Messestadt und der Vaterländische Hilfsdienst (VD) betreibe einen Armeekorpsbezirk Leipzig.
Antisemitismus von Hamas-Unterstützern in Leipzig
Neue extremistische Entwicklungen in Leipzig gab es zuletzt vor allem mit ausländischem Bezug. Infolge des Hamas-Angriffs auf Israel formierte sich die Initiative Handala, die seither regelmäßig Demos veranstaltet. Handala stelle den Nahost-Konflikt in stark vereinfachter Form dar, solidarisierte sich mit der Hamas, verherrliche die Taten der Terroristen und verhöhne deren Opfer, so die Verfassungsschützer.
Regelmäßig werde bei den Kundgebungen die Grenze zum Antisemitismus überschritten. Die 20 Personen starke Gruppe finde damit auch Anklang in linksextremen Kreisen, aber vor allem unter Studierenden.
Zu diesem Spektrum gehöre auch Young Struggle Leipzig. Die Jugendorganisation der türkischen Marxistischen Leninistischen Kommunistischen Partei (MLKP) hat eine große Reichweite in sozialen Netzwerken, engagiert sich im Netz oft gegen Sexismus und LGBTQ+-Feindlichkeit. Allerdings verfolge YS Leipzig eben auch „das Ziel, das politische System zu überwinden und an dessen Stelle den Sozialismus implementieren zu wollen“.
Mitglieder besetzten 2024 das Audimax der Uni Leipzig, um pro-palästinensische Narrative zu verbreiten. So wie Handala, delegitimiere Young Struggle Leipzig regelmäßig offen das Existenzrecht Israels und habe sich als Unterstützer des verbotenen Hamas-Netzwerks „Samidoun“ präsentiert.
Islamismus: Salafistische Predigten in Leipzig
Die Zahl der Islamisten bewegt sich in Sachsen laut Verfassungsschutz weiterhin auf niedrigem Niveau – und war zuletzt rückläufig. Unter den aktuell gut 400 Personen im Spektrum gebe es etwa 250 Salafisten, die eine besonders konservative Auslegung des Islams forderten. In Leipzig steht diesbezüglich die salafistische Al-Rahman-Moschee schon länger im Blick der Behörden. Vorsitzender Hassan Dabbagh habe sich zwar von religiösen Terrorakten distanziert. Seine Äußerungen seien aber weiterhin geeignet, auch Hass und Gewalt zu schüren und offenbarten tief sitzenden Antisemitismus, so das LfV.