Im Falle einer AfD-Regierungsbeteiligung: Verfassungsschutz will Informationsfluss kappen
In Brandenburg, Sachsen und Thüringen werden im September neue Landtage gewählt. Denkbar ist, dass die AfD dort anschließend mitregiert. Der Inlandsgeheimdienst hat dafür aber bereits Vorsorge getroffen.
Sollte die AfD nach den Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen an einer der drei Landesregierungen beteiligt sein, dann würde das jeweilige Landesamt für Verfassungsschutz vom Informationsfluss der anderen Verfassungsschutzämter abgeschnitten. Das erfuhr das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) aus Sicherheitskreisen im Bund und in den Ländern. Eine entsprechende Entscheidung sei bereits getroffen worden, hieß es.
In Sachsen und Thüringen gilt die AfD als gesichert rechtsextrem, in Brandenburg als rechtsextremistischer Verdachtsfall. Thüringens Verfassungsschutz hat den Landesverband der AfD einem Bericht zufolge zuletzt sogar als „kämpferisch-aggressiv“ eingeordnet. Es besteht die Sorge, dass die AfD im Falle einer Regierungsbeteiligung Erkenntnisse eines Landesamtes für Verfassungsschutz an den Bundesverband oder andere Landesverbände weitergeben könnte. Diese könnten darauf reagieren. Insofern sei ein Stopp des Informationsflusses nur logisch, hieß es weiter.
Präzedenzfall Roewer
In Thüringen hatte es schon einmal Zweifel an der Verlässlichkeit des Verfassungsschutzes gegeben, und zwar von 1994 bis 2000. Damals war Helmut Roewer Präsident des Landesamtes in Erfurt. Ihm wurde mangelnde Distanz zu rechtsextremistischen Kreisen nachgesagt, vor allem im Kontext der Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU), die in Thüringen ihren Ursprung hatte und in jenen Jahren unentdeckt zahlreiche Morde beging. Roewer wurde später mehrfach vor Untersuchungsausschüsse zitiert.
In Sachsen und Thüringen war die AfD in Umfragen zuletzt jeweils stärkste Partei. Das Gleiche gilt für Brandenburg. Hier war der Abstand zu den folgenden Parteien aber geringer. Eine Regierungsbeteiligung gilt jeweils als möglich.
Beispiel Verfassungsgericht
Aus Sicherheitskreisen verlautet weiter, im Falle einer Sperrung des Informationsflusses habe das betroffene Landesamt womöglich Probleme, seinem gesetzlichen Auftrag, der Beobachtung verfassungsfeindlicher Gruppen oder Parteien, angemessen nachzukommen. Doch darauf werde man sich dann einstellen.
Die Ampelfraktionen und die Unionsfraktion des Bundestages hatten sich in der vorigen Woche darauf verständigt, zentrale Regeln für das Bundesverfassungsgericht im Grundgesetz zu verankern. Zwar wurde die AfD dabei nicht ausdrücklich erwähnt. Erklärtes Ziel ist aber, das Gericht vor Angriffen rechtspopulistischer und rechtsradikaler Parteien wie in Israel, Polen, Ungarn oder den USA zu schützen. Dabei appellierten alle vier Fraktionen an die Länder, ähnliche Maßnahmen einzuleiten.