Neue Aufgabe gesucht: Sachsens Staatsschutz-Chef Dirk Münster soll gehen

Zuletzt solidarisierte sich die Politik, aber hinter den Kulissen ist die Kritik am Staatsschutz-Chef Dirk Münster groß. Bevor er eine neue Aufgabe erhält, muss wohl ein prominenter Prozess enden.

Dresden. Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) verliert keine Zeit. Zielstrebig und konsequent hat er seit seinem Amtsantritt im April in seinem Ressort aufgeräumt. Er hat die leidigen Personalentscheidungen seines Vorgängers behoben und hat seinem Haus ein neue Führungsstruktur verpasst. Doch damit dürfte es Schuster nicht bewenden lassen.

In den vergangenen Wochen hat der Minister den Eindruck vermittelt, dass die eine oder andere Veränderung anstehen dürfte. Beim Staatsschutz könnte das perspektivisch der Fall sein. Laut LVZ-Informationen sucht das Innenministerium einen Nachfolger für Dirk Münster, der das Polizeiliche Terrorismus- und Extremismus-Abwehrzentrums (PTAZ) beim Landeskriminalamt Sachsen leitet.

Noch im Herbst solidarisierte sich die Politik

Die Personalie Münster kommt zumindest für Außenstehende überraschend. Bisher hatte es öffentlich kaum Kritik an dem 50-Jährigen gegeben. Vielmehr solidarisierten sich weite Teile der sächsischen Landespolitik, als Münster bei einer Demonstration der linken Szene im vergangenen September bedroht wurde. Auf einem Banner wurde er direkt angesprochen: „Bald ist er aus der Traum, dann liegst Du im Kofferraum.“ Münster gilt wegen der Ermittlungen gegen Lina E., die mutmaßlich Teil einer linksextremen Gruppe gewesen sein soll und derzeit vor Gericht steht, als Feindbild der Szene.

Hinter den Kulissen ist man aber schon länger mit Münster unzufrieden. Das hängt zuvorderst mit seiner Arbeit als Chef des Staatsschutzes zusammen. Der zentrale Vorwurf lautet, dass viel Aufwand wenig Ertrag entgegenstünde. Vor allem die Sonderkommission Linksextremismus – die „Soko Linx“ – wird immer wieder angeführt.

Wenig Ertrag bei der „Soko Linx“

Ende 2019 wurde die Einheit gegründet, nachdem es in Leipzig unter anderem einen Brandanschlag auf Baukräne gegeben hatte. Doch die Ermittler sind – abgesehen von Lina E. – seitdem kaum vorangekommen, auch weil sich die 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch um viele Kleindelikte kümmerten beziehungsweise kümmern mussten. Erst in diesem Frühjahr fiel die Entscheidung, sich künftig vor allem auf die schweren Straftaten zu konzentrieren.

Hinzu kommt Tadel an Münsters Wirken, wenn es um die Corona-„Spaziergänger“ und die „Querdenker“ geht: Während der Verfassungsschutz mittlerweile vor einer „Delegitimierung des Staates“ warne und entsprechende Bewegungen beobachte, seien polizeiliche Erfolge in diesem Spektrum kaum vorhanden. Münster sei da zu zögerlich.

Lob dagegen aus Polizei-Kreisen

In der Koalition wird in diesem Zusammenhang seit Längerem beobachtet, dass das Auskommen zwischen Münster und dem Präsidenten des sächsischen Verfassungsschutzes, Dirk-Martin Christian, sowieso nicht das beste ist. Dabei kann es durchaus eine Rolle spielen, dass Münster eine Zeit lang als Favorit für den Leitungsposten beim Verfassungsschutz gehandelt wurde. Am Ende setzte sich Christian durch.

Während in der Landespolitik Münster als Schwachstelle in der sächsischen Sicherheitsarchitektur gilt, ist das Stimmungsbild in Sicherheitskreisen ein ganz anderes. „Münster ist der Einzige in Sachsen, der vom Staatsschutz Ahnung hat“, heißt es. Dabei wird auf seine Karriere und Expertise verwiesen. Münster war vor seiner Zeit im PTAZ unter anderem Leiter der Kriminalpolizeiinspektion in der Leipziger Polizeidirektion und Vize-Chef des einstigen Operativen Abwehrzentrums in Leipzig.

Lina-E.-Prozess soll wohl abgewartet werden

Die Demission Münsters ist nicht nur wegen des Zuspruchs aus den Reihen der Polizei heikel. Denn aktuell läuft der Prozess gegen Lina E. noch. Die Landesregierung hat kein Interesse daran, dass die linke Szene Münsters Abgang als eine Art Zugeständnis werten könnte. Schon gar nicht nach dem Banner mit den offenen Drohungen. Deswegen soll voraussichtlich der Prozess abgewartet werden, bevor der heutige Staatsschutz-Chef eine neue Aufgabe bekommt. Ein Urteil wird für Ende des Jahres erwartet.

Welche Aufgabe Münster künftig übernehmen könnte, steht anscheinend nicht fest. Immer wieder wird allerdings das Beschaffungswesen als nächste Station genannt. Dann würde sich Münster darum kümmern, dass die Polizei bestmöglich ausgestattet ist. Für einige in den Sicherheitskreisen hätte diese Aufgabe jedoch einen deutlichen Beigeschmack: Sie würde in erster Linie als Strafe empfunden.

 

Anmerkung: Symbolbild hinzugefügt