Die autonome Bewegung ist tot! Lang lebe die autonome Bewegung
Der Text ist aus einer gewissen Ernüchterung geschrieben, welche aus den vergangenen ein bis zwei Jahren resultiert. Der Verlust vieler heißgeliebter Projekte wie der Liebig, Syndikat, Köpi-Wagenplatz, Meuterei, Potse, Drugstore (und höchstwahrscheinlich bald Rigaer) waren Niederlagen für uns. Neubesetzungen konnten (mit wenigen Ausnahmen wie Bremen und Aachen) weder in Berlin, Dresden oder Leipzig bestehen. Fast schlimmer als diese Niederlagen, ist für und aber das Ausbleiben einer Diskussion darüber. Es ist für uns unfassbar, dass diese Niederlagen nicht als solche benannt werden. Es wird ständig weitergehetzt von dem gescheiterten Blockadeversuch einer Nazidemos, zur gescheiterten Räumungsverhinderung, zur nicht stattgefundenen verbotenen Demos bis zum doch-nicht-blockierten Gipfel. Es findet keine Diskussion statt, abgesehen von wenigen Texten, welche am Ende aber doch wieder mit irgendwelchen nebulösen Geschwafel von „Konfliktlinien der Gesellschaft sind aufgebrochen“ sprechen (auch wenn wir die meisten Analysen des Textes teilen).1 Der Text soll ein kleines subjektives und selektives Fazit und Zwischenstandspapier der autonomen Bewegung sein. Wir wissen natürlich auch nicht alles, sondern haben eine bestimmte Perspektive die eingeschränkt ist von Alter, Sozialisation und Organisierungsgrad :). Die Theorie und Praxis der Bewegung soll nach Erfolg und Misserfolg eingeschätzt werden, ohne verträumtes Gelaber. Dies soll explizit keine Neuaufwärmung der „Heinz Schenk“ Debatte werden.2 Wir wollen kein Ende von militanter Politik, sondern deren Wiederbelebung und Ausweitung. Der Text soll genauso wenig dogmatisch die „richtige Antwort“ auf die Krise der autonomen Bewegung geben. Wir versuchen zwar Antworten zu geben, aber hoffen eher auf andere neue Vorschläge.
Gliederung
1.Operaismus – Häuserkampf
1.1 Neue Aktionsformen und Straßenschlachten
2.Insurrektionalismus – Anschläge
3. Situationismus/Neuer Anarchismus
4. Post-Autonome Bewegung – Neue Organisationen
5. Lösungsvorschläge
6. Fußnoten
1. Operaismus – Häuserkampf
Das vernichtenste Fazit müssen wir leider der sympathischen Theorie des Operaismus ausstellen. Die Operaist*innen versuchten ab den 1960er in Italien Häuser zu besetzen um besetzte/befreite Straßen, Viertel und Plätze zu schaffen bzw. dadurch eine Revolution herbeizuführen. Wie wir alle wissen, leben wir in keiner Utopie. Besetze Straßenzüge, befreite Viertel oder anarchistische Städte existieren nicht. Die Bewegung ist somit gescheitert. Positiv zu bemerken ist aber, dass ein neues revolutionäres Subjekte, der ungelernte Massearbeiter bzw. die Multitude/Masse (sprich Student*innen, Fließbandarbeiter*innen usw.) und eine Kritik der Disziplinierung innerhalb der Arbeit geschaffen wurde. Es wurde sich dadurch endlich, wenn auch langsam, vom marxistischen Arbeiterklassenhype und Arbeitsfetischismus verabschiedet.
Das eigentliche Ziel wurde aber nicht erreicht, auch wenn es in vielen Ländern (bspw. in Italien), in denen der Staat polizeitechnisch-militärisch schwächer ist, noch viele besetzte Zentren gibt. Sehr positiv zu beurteilen ist auch die Praxis, manche besetzte Häuser als „centro social“ bzw. „Soziale Zentren“ zu schaffen. Besetzte Häuser können somit auch Zentren sein, welche Menschen ansprechen, (Jugendliche) politisch sozialisieren und widerständige nachbarschaftliche Zusammenhänge aufbauen. In der Regel werden autonome Zentren/AZs in Deutschland aber vorallen Dingen als nonkonforme Punk-Zentren verstanden, welche im besten Fall den Mietpreis der Nachbarschaft durch ihre Dreckigkeit senken.
Wir denken, dass genau hier ein Fehler der Bewegung lag. Ja, es braucht abgefuckte Zentren für Konzerte, Dorgenkonsum und anderen Spaß, aber auch Häuser für Menschen die nicht mit Ratten zusammen leben wollen. Es sollte auch anarchistische Häuser geben, welche vorzeigbare Nachbarschaftstreffen sind. Wir denken, dass das Fehlen von ansprechenden Besetzungen und anarchistischen Lebensentwürfen in Deutschland zu wenig Rückhalt in der Bevölkerung und dadurch auch zu einem Mangel an besetzen Häusern geführt hat. Dies ist natürlich auch nur ein Grund von vielen, bspw. neben der militärischen Überlegenheit der Polizei. Die Räumung der letzten besetzten Häuser ist für uns damit ein Zeichen des Todes der operaistischen Idee.
Postiv anzumerken ist aber, dass es in einigen deutschen Städten wenigstens geschafft wurde, nazifreie linksliberale Viertel herzustellen, auch wenn es nur ca. 3-5 Städten sind, sprich hauptsächlich Leipzig, Berlin, Hamburg. Die Viertel in den Städten werden zwar immer teurer und die besetzen Häuser wurden geräumt, aber eine linke Raumnahme hat funktioniert: Fusballclubs verorten sich als antifaschistisch, Jugendliche finden es cool „Mobaction“ zu tragen während Nazis die Viertel aktiv meiden. Wenn zwar schon keine befreiten Viertel entstanden sind, so hat doch eine autonome Raumeinnahme durch Streetart, Soziale Zentren, militante Aktionen, Subkultur und „Unterwanderung“ lokaler Strukturen (Kneipe, Sport, Jugendzentren usw.) geklappt. Wobei wir am Rande auch einwenden müssen, dass linke Raumeinnahme schon unter dem Schlagwort „Nachbarschaftsarbeit“ seit über 100 Jahren von kommunistischen Gruppen betrieben wird.
1.1 Neue kollektive Aktionsformen und Straßenschlachten
Der Operaismus hat neben den Hausbesetzungen aber auch andere neue Formen von Politik in der radikalen Linken eingeführt. Lebensmittellädenplünderungen (was in vielen Revolutionen der Auslöser war, bspw. in der russischen und französischen Revolution) wurden nun als „proletarisches Einkaufen“ organisiert. Verteilung von gefälschten Bahn-Tickets, selbstbestimmtes kollektives Angreifen von Gelöbnisfeiern, militante Anti-AKW-Proteste (bspw. Republik Freies Wendland), Samba-Protest-Gruppen und Platzbesetzungen entstanden. Die Vielfältigkeit der autonomen Bewegung, welche wir alle so sehr lieben, begann. Nun was sollen wir sagen? Attacken auf Bahnautomaten existieren noch, aber wer von uns hat sich schon zum proletarischen Einkaufen in der Nachbarschaft verabredet? Ob das nun an unserer Kreativlosigkeit, der Masse an Polizeistreifen oder der Repression liegt, können wir nicht sagen. Jedenfalls werden solche kollektiven Aktionsformen im Jahr 2022 nicht mehr in der Breite angewandt, als dass diese wahrnehmbar wären oder reale Auswirkungen auf der Leben der Menschen hätten.
Straßenschlachten und Spontis sind heutzutage oft nur noch mit 20-100 Menschen möglich und selbst bei bundesweiter Mobilisierung sind meist nur 1.000 bis maximal 3.000 Menschen im „Black Block“ (Bspw. Indymedia-Demo, „Raus-aus-der-Defensive“, 1.-Mai, Rigaer-Belagerungen). Zugegeben machen uns die „Wir-sind-alle-Linx“-Demo und Tag X Demo der Köpi Hoffnung, dass da auch mehr geht. Oft mussten wir Spontis aber auch abblasen, weil zu wenige Menschen kamen. Straßenschlachten haben an Intensität verloren. Wir schaffen es nicht mehr Riots über mehrere Stunden oder gar Nächte durchzuhalten, von bullenfreien Vierteln ganz zu schweigen. Plünderungen oder Besetzungen bei Straßenkämpfen sind in Deutschland absolute Ausnahmen. Wir denken, dass die Wut der Menschen abgenommen hat. Wir haben heutzutage statt Langeweile und Hass eher eine Kultur der Angst.3 Die Bekämpfung der ständigen Angst vor Repression oder die Folgen des Aktivismus für den Broterwerb, wären ein guter Anknüpfpunkt für neue Kampagnen (auch wenn wir natürlich wissen, dass diese Angst systembedingt ist). Wir denken, dass außerdem die Vermittlung von Taktiken an unerfahrene Menschen fehlgeschlagen ist (schon klar, Zwickmühle der Illegalität). Die wertvolle Arbeit der Interkiezionalen und die unermüdlichen Demotrainigs und Repressionsaufklärung der Roten Hilfe dafür aber in allen Ehren!
2.Insurrektionalismus – Anschläge
Der Insurrektionalismus bzw. der aufständische Anarchismus kommt ebenso aus dem Italien des späten 20. Jahrhunderts (warum kommt immer alles Gute aus Italien?). Historisch war es die Zeit des Abzugs der Fabriken in die „dritte Welt“/Trikont bzw. die Wandlung des Kapitalismus zur Dienstleistungsgesellschaft mit einhergehendem Wegfall einer leicht organisierbaren Fabrikarbeiterschaft. Die Insurrektionalist*innen glauben daher, dass wir nur noch kleine „affinity groups“/Bezugsgruppen anhand unserer beruflichen und persönlichen Affinitäten/Interessen brauchen. Die Bezugsgruppen sollen dem Kapitalismus an Knotenpunkten in den Metropolen Schaden durch Anschläge zufügen. Es soll ein ständiger Aufstand stattfinden, in jeglicher Form der Verweigerung, egal ob durch individuelles Klauen, Arbeitslosigkeit oder bewaffnete Aktionen.
Zu den Straßenschlachten ist bereits alles gesagt worden. Der Staat rüstet immer weiter auf, die Einsatzhundertschaften werden immer erfahrener und die Militanten immer weniger. Das der Aufstand sich also „einfach so“ weiter ausbreitet, ist in Deutschland aktuell keine Realität. Trotzdem sind Riots nicht abzulehnen, da sie eine enorme propagandistische Wirkung besitzen. Fest steht auch, dass die Gründung einer „insurrektionalistischen Internationale“ gescheitert ist, die meisten Mitglieder von bewaffneten Gruppen in Knästen sitzen und wir evtl. zur Beschaffung von Waffen wohl doch langfristigere Strukturen benötigen, wie die bewaffneten Revolutionen in Mexiko 1911, Ukraine 1918, Spanien 1936, und Kurdistan 2014 gezeigt haben. Anschläge gibt es aber weiterhin und auch nicht zu knapp. Insbesondere viele Jugendliche und prekär lebende Menschen haben sich als Ausdruck ihres Hasses (gegen Spekulanten und Reiche) das Anzünden von Fahrzeugen angeeignet. Klandestine Aktionen bzw. Anschläge sind somit verbreitet und können sehr empowernd sein. Wie in vielen insurrektionalistischen Texten festgehalten wird, sind es aber oftmals immer nur die gleichen und leicht angreifbaren Ziele: Autos, Bankfilialen und Hauswände.4 Problematisch ist außerdem, dass diese oftmals mit hohen Maß an Repression verbunden sind. Schnell werden 129a Verfahren konstruiert, jahrelange Abhörungen durchgeführt und langjährige Haftstrafen ausgesprochen. Die Aktionen sind also mit extrem großen Hemmschwellen verbunden, sogar viele langjährig aktive und ernsthafte Anarchist*innen trauen sich zu solchen Taten nicht. Imagetechnisch/Propagandistisch schreckt die Taktik leider viele Teile der Bevölkerung ab. Anstatt ein revolutionäres Feuer zu entfachen, werden die meisten Menschen vor den Kopf gestoßen, da keine anarchistische Ideen, Kontexte und Ideale da sind, an die appelliert werden kann. Wir denken daher, dass Anschläge als Teil einer großen Palette an Aktionsformen gedacht werden können.Festzuhalten ist, dass weder Anschläge noch Straßenschlachten jedes Jahr zunehmen und somit als alleinige Aktionsformen und Propaganda nicht für eine Revolution ausreichen.
Inwiefern Anschläge wirklich zum Erreichen von Zielen führen, können wir nur schwer abschätzen, ob nun bei Atomkraftwerken, (Adler-)Kaufhäusern, Investor*innen Autos/Wohnungen/Personen, Armeefahrzeugen oder dem Google Campus. Sicher ist aber, dass noch keine Gentrifizierung durch Steinwürfe aufgehalten wurde, sondern die kaputten Scheiben und Farbkleckse sogar als „urban style“ gelten und oft nicht mal ausgewechselt werden. Natürlich kann mensch diese Aktionen aber immer noch weiter durchführen für die Steigerung von Fähigkeiten, Selbstvertrauen und als Szenepropaganda bzw. um beim frühmorgendlichen Spaziergang ein Lächeln auf den Lippen zu haben. Problematisch finden wir nur, dass, falls klandestine Aktionen wirklich erfolgreich sein sollten, oftmals ein Schritt zum Terrorismus gemacht werden muss. Terrorismus zieht aber extreme Repression nach sich, ist deswegen in der Masse nicht reproduzierbar, schreckt noch mehr Menschen ab und ist teilweise nicht mit sozialanarchistischen Idealen vereinbar bzw. menschenverachtend.
3. Situationismus und Neuer Anarchismus – Aussteigertum
Punk, Crimethinc und das dazugehörige Lebensgefühl haben uns fasziniert und geprägt, keine Frage. Es wurde eine neue revolutionäre Perspektive geschaffen durch den Situationismus in Frankreich ab den 1950ern/1960ern und den Neuen Anarchismus/Crimethinc in den USA ab den 1990ern. Jeder Mensch ist nun das revolutionäre Subjekt – statt Stellvertreterkämpfe zu führen, kämpfen wir für unser eigenes Leben. Der Staat soll daher nicht durch revolutionäre Organisationen, sondern durch das widerständige Individuum zerstört werden.
Große Worte, welche leider Wenige begeistern (uns auf jeden Fall!). Situationismus und Neuer Anarchismus haben die Theorie der deutschen autonomen Bewegung beschrieben. Sie haben die Ablehnung von Konformismus, des (Medien)-Spektakels, der Konsumgesellschaft und des Arbeitszwanges hervorgebracht. Einerseits hat gerade dieser radikale Subjektivismus und Freiheitsdrang eine große Leerstelle linksradikaler Politik gefüllt und zu einer Wiederbelebung des Anarchismus geführt. Ohne Spaßguerilla und Crimethinc wären wohl die Wenigsten von uns Anarchist*innen geworden. Die Broschüren „Für unser Leben kämpfen“ und „Alles verändern“, können wir nur wärmstens empfehlen. Andererseits hat die Ablehnung von Organisation, das Zelebrieren von beschissener Arbeitslosigkeit/Aussteigertums und die Subkultur viele Menschen abgeschreckt und zu großer Vereinsamung geführt. Wir denken, dass gerade der Druck zu Nonkoformativität bzw. Szene-Kleidung und Arbeitsverweigerung auch ein Grund für die Klein-heit, Weiß-heit, Mittelschicht-heit und Ekelhaftig-keit der Szene ist. (Denn wer kann sich dies schon lange leisten und hat Bock darauf?)
Wir sehen natürlich, dass Arbeit zu mehr Produktion und dadurch zu stärkerer Klimakatastrophe und Ausbeutung der armen Länder, insb. im Trikont führt. Arbeit ist auch nicht Bewusstseins- oder gar Charakterbildend, sondern Ausbeutung und Disziplinierung, also oftmals stumpf und ungerecht. Das Vielen ihre Zeit dafür zu kostbar ist, verstehen wir. Wir gönnen auch jedem Menschen so viel Jahre Arbeitslosigkeit wie er*sie will. Der bewusste Ausstieg, kann einen Aktionscharakter besitzen und andere Leute inspirieren. Wir haben aber die Erfahrung gemacht, dass Arbeitslosigkeit und die damit einhergehende Prekarität teilweise zu Drogensucht, psychischen Problemen und Ausstieg aus der Politik führt. Während Arbeit Zeit raubt, zufrieden macht und daher zu Entpolitisierung führt, ist es bei Arbeitslosigkeit genau andersrum. Prekär, nicht-wertgeschätzt und ohne Luxus zu leben frisst Ressourcen und Hoffnung. Die meisten Menschen sehen wie schlecht es Arbeitslosen geht und wollen nicht so enden, insbesondere wenn sie Kinder haben. Ein massenhafter Ausstieg wird also nicht stattfinden.
4. Post-Autonome Bewegung – Neue Organisationen
Die postautonome Bewegung ab den 1990er war mit den Tute Bianche aus (wer hätte es gedacht) Italien, relativ erfolgreich. Es wurde erkannt, dass verpflichtende Organisationen, breite Organisierung/Bündnisse und niedrigschwellige/nicht-gewaltätige Aktionen mehr Menschen ansprechen und effektiv sind. Auch in Deutschland gibt es mit der Interventionistischen Linken, Ende Gelände, Dresen Nazifrei usw. relativ erfolgreiche neue post-autonome Organisierungsmodelle und Bündnisse. Postautonome Organisationen wie „Ums Ganze“ hingegen vereinten das Schlechte aus alt- und post-autonomer Politik: fehlende Offenheit und fehlende Militanz. Post-autonome Politik organisiert sich klandestin (also ohne offene Treffen), hat aber gleichzeitig keine Gründe dafür, sprich keine Aktionen die über Farbbeutelwürfe hinausgingen. Problematisch ist, dass weder ein revolutionäres Konzept, noch persönlicher Nutzen der Gruppe für die Mitglieder besteht (im Gegensatz zu Mitgliedschaft in bspw. Gewerkschaften). In der Regel treten Personen mit dem Ende der Zeit, in der sie bereit sind Gesetze zu brechen, aus den Organisationen aus (ähnlich wie in der alt-autonomen Szene). Inwiefern solche Organisationen nun überhaupt noch autonom sind oder stattdessen autoritär und sozialen Protest befrieden, ist eine Frage, die wir offenlassen. Die fehlende Attraktivität für wütende Menschen und Menschen, die ihr eigenes Leben verbessern wollen anstatt nur zu Großevents zu fahren und sich dort von den Polizst*innen wegsperren zu lassen, muss aber betont werden. Die Feuerwehrpolitik und Kampagenenwut der autonomen Szene setzt sich ungebrochen in der Post-Autonomen Szene fort (Bspw. Proteste/Kampagnen gegen G20, Weltwirtschaftsforum, Polizeikongress, AKW/Kohle-Proteste).
5. Lösungsvorschläge
1. Wir brauchen mehr offene autonome Gruppen und Wissensvermittlung. Es muss offene nicht-dogmatische/pluralistische autonome Gruppen geben, welche Low-Level Aktionen machen (wie Plakatieren, Sprayen, Konzerte, Info-Telefone,Repressionsarbeit, Lauti-Fahrer*innen und Leseabende) und auf deren Grundlage sich neue geschlossene Bezugsgruppen bilden können. Die offenen Gruppen sollten ansprechend für alle Menschen sein, unabhängig von Szenecodes, Vorwissen, Arbeitssituation und Motivation Straftaten zu begehen.
2. Es muss immer verschiedene autonome Aktionen mit unterschiedlichen Aktionsleven geben. So kann es bei Räumungen neben autonomen Demos auch friedliche Großdemos, Fahrraddemos und Sitzblockaden geben.
3. Unsere Politik muss sich an den aktuellen Krisen und Sozialstrukturen orientieren. Wir müssen öffentlichkeitswirksam anarchistische Perspektiven in aktuellen Krisen einbringen (bspw. Rouvukinas in Griechenland, Zwangsräumungen Spanien), in Massenbewegungen eigene widerständige Standpunkte vertreten, mit dem Ziel die Bewegungen zu radikalisieren und den mitlaufenden Nazis aufs Maul zu hauen. Bspw. Sollten wir anarchistische und autonome Blöcke mit eigenen Inahlten in linken Großdemonstrationen und Sozialprotesten organisieren.
4. Wir brauchen mehr Strategiediskussionen, es kann nicht sein, dass wir auf jede Krise unvorbereitet reagieren. Wir müssen aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen analysieren und unsere eigene Geschichte und Fehler reflektieren. Denkt euch neue Theorien und Aktionen aus, welche ernsthaft eine revolutionäre Perspektive haben und zeitgemäße Worte/Analysen benutzen. Wir müssen uns auch überlegen, wie wir am besten Erkenntnisse sammeln und uns gegenseitig vermitteln. Gleichzeitig sollten wir auch unsere Theorie verständlicher und praktisch orientierter gestalten.
Wir haben leider keine neue Theorie für euch. Der Text ist somit eher die Anregung für neue Ideen und dem Eingeständnis, dass wir bis hierhin gescheitert sind.
6. Fußnoten
1 Il principio della speranza: „Silvesterdemo & Jahresrückblick: Wenn die Nacht am tiefsten ist, ist der Tag am nächsten!“, Indymedia 10.12.2020, unter: https://de.indymedia.org/node/122981
2 „Heinz-Schenk“-Debatte wurde in den 1990er Jahren geführt und sprach sich für Organisierung und Bündnisarbeit anstatt autonomer Politik aus. Die Debatte führte in Deutschland in gewisser Weise zur Bildung von gewaltablehnenden post-autonomen Organisationen wie „Interventionistische Linke“. https://fels.nadir.org/multi_files/fels/heinz-schenk-debatte_0.pdf
3 The Institute for Precarious Consciousness: „Wir sind alle sehr ängstlich. Sechs Thesen über die Angst, warum sie effektiv Militanz verhindert und eine mögliche Strategie zu ihrer Überwindung“, 2004, unter: https://linksunten.archive.indymedia.org/node/136285/index.html
PDF: https://a-bibliothek.org/cms/wp-content/uploads/2016/05/Unbenannt-1_3-co…
4 Zündlappen: „Ziele, die nirgendwo anders existieren“, 11.01.2022, unter: https://zuendlappen.noblogs.org/post/2022/01/11/ziele-die-nirgendwo-ande…
oder: https://de.indymedia.org/node/178098