Belarussische Zwiebelfarm von AfD-Politiker auf EU-Sanktionsliste

Der sächsische AfD-Abgeordnete Jörg Dornau soll auf seiner Zwiebelfarm in Belarus Gefangene eingesetzt haben. Seit März drohen dem Betrieb Strafmaßnahmen der EU.
Der sächsische AfD-Landtagsabgeordnete Jörg Dornau ist weiterhin an einem Unternehmen in Belarus beteiligt, obwohl dieses seit mehreren Monaten auf einer Sanktionsliste der Europäischen Union steht. Damit kann die EU Vermögenswerte des Unternehmens einfrieren und verbieten, dass dem Betrieb Geld zur Verfügung gestellt wird. Gegen den belarussischen Agrarbetrieb Zybulka Bel und dessen Gründer Dornau wurden im vergangenen Jahr Vorwürfe erhoben, er lasse auf Feldern Gefangene, darunter politische Häftlinge, unter widrigsten Bedingungen arbeiten.
Die Zwiebelfarm Zybulka Bel wurde bereits im März 2025 auf eine Sanktionsliste der EU gesetzt. Auf der Liste heißt es, das Unternehmen sei für „schwere Menschenrechtsverletzungen und die Unterdrückung der demokratischen Opposition verantwortlich“. Dornau wird in der Begründung für die Sanktionierung des Unternehmens genannt, als „deutscher Staatsbürger“ und „Eigentümer“ des Betriebs. Nicht erwähnt werden seine Mitgliedschaft und sein Mandat in der AfD.
Weiter heißt es, die Geschäftsführung von Zybulka Bel „koordinierte mit den belarussischen Behörden den Einsatz von Häftlingen – darunter insbesondere belarussischen politischen Gefangenen – als Zwangsarbeiter“. Diese müssten dort „unter unmenschlichen Bedingungen Feldarbeit verrichten“.
Vor einigen Tagen hatte das ARD-Politikmagazin Kontraste erneut über die Vorwürfe gegen Dornau berichtet. Reporter hatten versucht, mit dem AfD-Abgeordneten in Sachsen ins Gespräch zu kommen. Begleitet wurden sie von einem Mann, der sagte, dass er als politischer Häftling in einem belarussischen Gefängnis gewesen sei und auf Dornaus Farm gearbeitet habe. Laut eigener Aussage stand er für 15 Tage unter Arrest wegen eines Likes unter dem Artikel eines oppositionellen Mediums.
In dem Bericht ist zu sehen, dass Dornau aggressiv auf die Reporter reagierte und sie angriff. Der AfD-Abgeordnete schrieb zu dem Besuch der Journalisten in einem Facebook-Post, er habe „Polizei und Anwälte eingeschaltet“, angeblich wegen „Hausfriedensbruch und Nötigung“.
In den vergangenen Monaten hatten verschiedene Medien zu den Vorwürfen gegen Dornau und die belarussische Zwiebelfarm berichtet. Erstmals hatte im Herbst 2024 das Medium Reform News einen Bericht darüber veröffentlicht.
Beim Sächsischen Landtag gibt Jörg Dornau an, dass er am belarussischen Unternehmen Zybulka Bel beteiligt ist. Dies ist unter den veröffentlichungspflichtigen Angaben des AfD-Abgeordneten auf der Website des Landtags eingetragen. Ein Sprecher sagt auf Anfrage, Dornau habe dem Landtag Ende 2024 mitgeteilt, dass er seit Oktober 2024 nicht mehr Direktor von Zybulka Bel sei.
Weitere Änderungen zu Dornau seien seither nicht eingegangen. Im August 2024 hatte Dornau ein Ordnungsgeld von mehr als 20.000 Euro zahlen müssen, da er seine Tätigkeiten bei Zybulka Bel nicht dem Sächsischen Landtag gemeldet hatte.
Dass die Firma, an der der AfD-Abgeordnete beteiligt ist, inzwischen auf einer EU-Sanktionsliste steht, sei der Landtagsverwaltung bisher nicht bekannt gewesen, heißt es auf Nachfrage der ZEIT. Man sei vor allem für rechtliche Fragen zuständig, die das Abgeordnetengesetz und die Geschäftsordnung betreffen.
„Die rechtliche Bewertung eines möglichen Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz obliegt den dafür zuständigen Behörden beziehungsweise Gerichten“, teilte ein Sprecher des Landtags mit. „Aus der Tatsache der Beteiligung an einem sanktionierten Unternehmen ergeben sich derzeit keine statusrechtlichen oder sonstigen mandatsbezogenen Konsequenzen.“
Keine Antworten von Zybulka Bel
Zuständig für die Kontrolle von Sanktionsbestimmungen in Deutschland ist unter anderem die Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung, eine Zollbehörde. Ob man sich dort mit dem Fall des belarussischen Zwiebelbetriebs und der Beteiligung von Jörg Dornau befasst hat, war nicht zu erfahren. Man gebe keine Auskünfte zu Einzelfällen, hieß es auf Nachfrage.
Wie Jörg Dornau mit Einnahmen aus seiner Beteiligung an dem belarussischen Unternehmen verfährt, wie er zu den Vorwürfen wegen des Einsatzes von Gefangenen auf der Zwiebelfarm steht und weitere Fragen der ZEIT wurden von dem AfD-Abgeordneten und dessen Anwalt nicht beantwortet. Im Oktober 2024 hatte Dornaus Anwalt Ulbrich auf seiner Internetseite eine Pressemitteilung veröffentlicht, in der er einige der Vorwürfe zurückwies, zugleich aber indirekt bestätigte, dass auf der Farm Häftlinge zum Einsatz gekommen waren. „Dass die Landarbeiter nicht mit Essen und Getränken versorgt wurden, ist definitiv falsch!“, schrieb Ulbrich damals.
„Und welches Delikt den Häftlingen zur Last gelegt wurde, entzieht sich der Kenntnis meines Mandanten.“
Von Zybulka Bel gibt es keine Antworten auf Fragen der ZEIT. Auch von der sächsischen AfD-Fraktion und dem AfD-Landesverband gibt es keine Reaktion dazu. Ein Fraktionssprecher übermittelt lediglich: „Wir kommentieren den Vorgang nicht, weil wir nicht alle dafür notwendigen Umstände in Erfahrung bringen können.“ Auch die Bundesspitze der AfD will sich dazu nicht äußern.
Unklar ist, aufgrund welcher Beweislage das Unternehmen Zybulka Bel von der EU auf die Sanktionsliste gesetzt wurde. Auf Anfrage an eine entsprechende Abteilung der EU heißt es lediglich, diese Beweise seien vertraulich und könnten nicht an die Öffentlichkeit gegeben werden.
Mit Geschäftspartner zerstritten
Bei der Staatsanwaltschaft Leipzig wurde im vergangenen Jahr aufgrund der Vorwürfe gegen Zybulka Bel Anzeige erstattet. Die Behörde hatte daraufhin ein Vorermittlungsverfahren gegen Dornau eingeleitet. Ende 2024 wurde dieses eingestellt, „da aus rechtlichen Gründen kein Anfangsverdacht hinsichtlich in Deutschland verfolgbarer Straftaten festgestellt werden konnte“, teilte die Staatsanwaltschaft Leipzig mit.
In Dokumenten aus einem belarussischen Unternehmensregister, die die ZEIT einsehen konnte, ist Dornau als Gründer von Zybulka Bel eingetragen – zusammen mit einem Geschäftspartner, ebenfalls mit Kontakten nach Belarus, der inzwischen in Deutschland lebt. Beide haben sich nach Informationen der ZEIT inzwischen zerstritten.
In einem Finanzbericht von Zybulka Bel für das Jahr 2024 steht, dass der Betrieb deutliche Umsatzverluste gegenüber 2023 gemacht habe. Dort werden für Zybulka Bel lediglich sechs Mitarbeiter angegeben. Unklar ist, wie zuverlässig die Angaben auf dem Papier sind.
In Belarus herrscht der Diktator Alexander Lukaschenko. Den Vereinten Nationen liegen Hunderte Berichte über Misshandlung und Folter von oppositionellen Gefangenen in dem Land vor. Im Krieg gegen die Ukraine ist Lukaschenko zudem ein enger Verbündeter von Russlands Präsidenten Wladimir Putin.
Mitarbeit: Alexander Kauschanski und Tilman Steffen