[HH] Guido Zehl und „Flora für Alle“ – autoritäre Kontinuitäten gegen feministische und emanzipatorische Politik

Dieser Text ist ein Versuch, den maßgeblichen Hauptprotagonisten hinter der autoritären, antiemanzipatorischen und antisemitischen Kampagne „Flora für Alle“ (FFA) näher zu beleuchten: Guido Zehl aus Hamburg. Spätestens seit seinem Auftritt als Sprecher der Kamapgne im Format „99zu1“ auf YouTube ist klar, dass er die treibende Kraft der Gruppe ist.
Mit verzerrter Stimme und vermummt, im Stil eines Anti-Antifa-Aktivisten folgte sein Frontalangriff auf das Projekt Rote Flora. Guido ist nicht nur öffentlicher Sprecher, sondern auch verantwortlich für den Instagram-Kanal von FFA, über den gezielt Personen und Strukturen an den Pranger gestellt und diffamiert werden.
Doch woher stammt sein Hass auf die Rote Flora und ihre Strukturen?
Frühe Jahre: TAN und antifeministische Eskalationen
Anders als es seine heutigen Aussagen vermuten lassen („Wir bekommen dort keine Räume…“ oder „Wir können dort nicht einfach zu Veranstaltungen gehen…“), war Guido in der Vergangenheit selbst Teil der Strukturen der Roten Flora. In den 2000er Jahren bewegte er sich im Umfeld der Tierrechtsaktion Nord (TAN), einer Gruppe, die sich militant für Tierrechte inszenierte, im Inneren jedoch durch autoritäre Dynamiken, antifeministische Haltungen und Bedrohungen auffiel.
Schon 2007 spitzte sich eine tiefe Auseinandersetzung um den Umgang mit sexualisierter Gewalt, Definitionsmacht und Täterschutz in Hamburg zu. Während viele politische Räume sowie Gruppen den Grundsatz vertraten, Betroffenen sexualisierter Gewalt Glauben zu schenken und ihnen Definitionsmacht über ihre Erfahrungen einzuräumen, stellten Guido und sein Umfeld diese Praxis offen infrage.
Am 17. November 2007 kam es zu einem Schlüsselmoment: Während einer Veranstaltung der TAN in der Roten Flora trat Guido selbst ans Mikrofon und delegitimierte von der Bühne aus das Konzept der Definitionsmacht. Vor einem breiten Publikum leugnete er die Praxis, dass Betroffene sexualisierter Gewalt das Recht haben, über ihre Erfahrungen und Grenzen zu sprechen und diese zu definieren. Stattdessen stellte er die Glaubwürdigkeit Betroffener infrage und versuchte, Täterschutz zu rechtfertigen. Dieser Angriff war kein Nebenaspekt, sondern der bewusste Versuch, feministische Standards innerhalb der Szene zu zerstören.
Die Reaktion aus der Radikalen Linken in Hamburg war klar: 2008 folgte Guidos Ausschluss aus der Flora sowie aus weiteren linken Räumen wie dem Schwarzmarkt, LIZ und Café Knallhart. Nachdem er sich wiederholt weigerte mit seinem Verhalten auseinanderzusetzen. Für viele linksradikale Strukturen in Hamburg war deutlich geworden, dass er nicht nur eine persönliche Auseinandersetzung führte, sondern gezielt die Grundlagen feministischer Politik angriff.
2009: Antisemitische Filmblockade im B-Movie
Doch Guidos autoritäres Handeln endete nicht mit seinem Ausschluss. 2009 eskalierte er erneut, diesmal im Kontext von Antisemitismus. Zusammen mit autoritären Linken aus dem Umfeld der B5 verhinderte er mit Gewalt die Vorführung des Films „Warum Israel“ im Hamburger B-Movie. Der Angriff richtete sich nicht nur gegen eine einzelne Veranstaltung, sondern gegen die Möglichkeit, einen antisemitismuskritischen Film in einem linksalternativen Raum zu zeigen. Für viele war die Blockade ein Paradebeispiel antisemitischer Agitation, eine Fortsetzung der autoritären Strategie, missliebige Stimmen und Inhalte mundtot zu machen.
KingVeganismusOne: Online-Aktivismus und Musik
Parallel dazu trat Guido unter den Pseudonymen „KingVeganismusOne“ (KVO) bzw. „VeganKlaus“ in Erscheinung. Bekannt wurde er sowohl online über Social-Media-Kanäle, auf denen er eine Mischung aus Sexismus, Ableismus und Gewaltverherrlichung verbreitete, als auch offline als Musiker, der unter diesem Namen auftrat.
Seine Auftritte und Veröffentlichungen waren geprägt von sexistischer und ableistischer Sprache („F#tzen“, „N#tte“, „H#rensohn“, „Sp#st“), einer Romantisierung islamistischer Konzepte wie des „Jihad“ sowie einer bewussten Relativierung von Gewalt. Guido nutzte die Rolle von KVO, um seine autoritäre Haltung nicht nur in politischen, sondern auch in popkulturellen Kontexten zu platzieren. Damit gelang es ihm, seine Ideologie in verschiedene Milieus hineinzutragen und gleichzeitig eine Persona zu schaffen, die provokant, laut und einschüchternd wirkte.
Flora für Alle: Alte Konflikte in neuer Verpackung
Mit der Gründung von „Flora für Alle“ griff Guido seine alte Linie in neuer Verpackung nun wieder auf. Unter dem Schlagwort einer „Öffnung der Flora“ für vermeintliche Palästina-Solidarität versucht die Gruppe seit 2024, das Projekt gewaltsam anzugreifen, sich selbst darin festzusetzen und die Deutungshoheit zu erlangen. Forderungen wie die Einrichtung eines „interkulturellen Gebetsraums“ wirken zunächst beliebig und widersprechen dem Selbstverständnis einer religionskritischen Linken. Mit dem Wissen über diese Grundsätze spielt FFA bewusst, um eine „Außenseiterrolle“ einzunehmen bei der nur die Auflöusng bestehender Strukturen ihren Forderungen gerecht werden kann.
Die zentrale Botschaft von FFA lautet, die Flora sei ein „zionistisches“ und „antideutsches“ Projekt. Dieser Vorwurf dient als Klammer für eine Kampagne, die antisemitische, antiemanzipatorische und autoritäre Elemente miteinander verbindet. Die rhetorische Strategie knüpft direkt an alte Muster an: Delegitimierung, Täterschutz, Angriffe auf feministische Standards und antisemitische Agitation.
Methoden: Anti-Antifa-Arbeit und Einschüchterung
Die Praxis von FFA ist geprägt durch Anti-Antifa-Methoden, auszugsweise ein paar Beispiele:
heimliche Aufzeichnungen und deren Veröffentlichung,
die gezielte Offenlegung vermeintlicher Strukturen und Personen,
Androhung von Gewalt,
und wiederholtes Anbringen von Schriftzügen am Gebäude.
Im November 2024 griff FFA antifaschistische Erinnerungskultur sogar direkt an, indem sie die Plakatwand zum Gedenken an den verstorbenen Genossen „Schraube“ aus Hannover zerstörten.
Schanzenfest 2024: Öffentliche Drohungen
Am 7. September 2024 trat FFA beim Schanzenfest erstmals öffentlich auf. Ihr Infostand wurde dabei als Plattform genutzt, um unliebsame Personen zu verfolgen, einzuschüchtern und zu bedrohen. So wurden Genoss:innen verfolgt und Todesdrohungen ausgesprochen: „Wir geben erst Ruhe, wenn ihr tot seid.“ Diese Eskalation macht deutlich, dass es FFA nicht um politische Debatte, sondern um Einschüchterung, Gewaltandrohung und autoritäre Raumnahme geht.
Sekundäre Dynamik und Wirkung
Besonders gefährlich an FFA ist die sekundäre Dynamik ihrer Arbeit. Obwohl die Inhalte, die über den Instagram-Kanal verbreitet werden, häufig auf Spekulationen, Lügen oder Verdrehungen beruhen, entfalten sie eine erhebliche Wirkung. Durch die Mechanismen sozialer Medien – Teilen, Kommentieren, Aufgreifen in Diskussionen – verbreiten sich ihre Narrative weiter, unabhängig davon, ob sie wahr sind.
So entsteht eine Dynamik, in der andere linke Gruppen und Einzelpersonen die Behauptungen aufgreifen und weitertragen. Auf diese Weise verstärken sich die Vorwürfe, ohne dass ihre Basis überprüft wird. Am Ende bleibt ein konzentriertes Feindbild: die Rote Flora. Genau diese Dynamik nutzt FFA gezielt, um öffentliche Wahrnehmung zu verzerren, Druck aufzubauen und Strukturen der Flora – und die Rote Flora selbst – zu isolieren.
Vernetzung und ideologische Breite
Guido Zehl und „Flora für Alle“ agieren nicht isoliert, sondern suchen gezielt nach Kooperationen, die ihre autoritäre und antiemanzipatorische Linie stützen. Besonders auffällig ist dabei die Zusammenarbeit mit rechten Akteur:innen wie Nina Maleika sowie dem rechtsoffenen Verein „Umehr e.V.“ FFA öffnet dabei ihre Strukturen und Veranstaltungen für Personen und Gruppen, die klar im rechten und reaktionären Spektrum verortet sind.
Damit schafft FFA nicht nur ideologische Schnittmengen, sondern auch ganz praktische Räume: Auf Kundgebungen gegen die Rote Flora treten diese Akteur:innen als Redner:innen auf oder werden von FFA mit Infrastruktur, Moderation und Plattform versorgt. Durch die Einbindung solcher Personen bietet FFA Rechten eine Bühne, die sie in anderen Kontexten niemals bekommen würden, und verleiht ihnen dadurch eine neue Reichweite. Ohne die organisatorische und logistische Unterstützung durch FFA wären viele dieser Auftritte in dieser Form gar nicht möglich gewesen.
Gleichzeitig profitiert FFA selbst massiv von diesen Verbindungen. Rechte Gruppen stellen Technik, übernehmen Ordner:innenfunktionen oder sorgen für organisatorische Infrastruktur, ohne die FFA ihre Kundgebungen in dieser Form nicht durchführen könnte. Das Verhältnis ist damit keine einseitige Unterstützung, sondern eine gegenseitige Verstärkung: FFA verschafft den Rechten Öffentlichkeit, während die Rechten FFA logistisch und praktisch absichern.
So wird deutlich, dass die Vernetzung keine Randerscheinung, sondern ein strategisches Fundament der Kampagne ist. FFA fungiert als Schnittstelle zwischen autoritären Linken und offen rechten Akteur:innen, die sich gegenseitig Legitimität und Schlagkraft verleihen.
Kontinuität statt Bruch
Die Linie ist unübersehbar:
2007: Leugnung von Definitionsmacht von der Bühne der Flora
2008: Ausschluss aus der Flora und anderen Projekten, Hausverbote und Bedrohungen
2009: Antisemitische Filmblockade im B-Movie
2010er: Auftritte und Online-Agitation als KingVeganismusOne, geprägt von Sexismus, Ableismus und Gewaltverherrlichung
2024: „Flora für Alle“ als Kampagne gegen die Flora, mit Anti-Antifa-Arbeit, Todesdrohungen, Diffamierungen und Vernetzung mit rechten Strukturen
Es handelt sich nicht um verschiedene Episoden, sondern um eine durchgehende Kontinuität autoritärer Politik. Von antifeministischen Angriffen über antisemitische Aktionen bis hin zu heutigen Einschüchterungsversuchen zieht sich ein roter Faden: der Versuch, feministische, emanzipatorische und solidarische Praxis zu zerstören.
Fazit
„Flora für Alle“ ist kein Projekt der Öffnung, sondern ein Projekt der Zerstörung. Hinter den Parolen verbirgt sich ein autoritärer Angriff auf selbstverwaltete Räume, feministische Standards und antifaschistische Politik. Guido Zehl ist der zentrale Kopf dieser Kampagne, und seine Biografie zeigt, dass es hier nicht um Teilhabe und Debatte geht, sondern um eine konsequente Linie aus Täterschutz, Antifeminismus, Antisemitismus und Gewalt.
Die Verteidigung von Definitionsmacht, Schutzräumen und feministischen Standards ist deshalb nicht nur ein politisches Bekenntnis, sondern auch eine notwendige Konsequenz aus der Auseinandersetzung mit Guido und der TAN. Wer heute für „Flora für Alle“ spricht, reiht sich ein in eine Geschichte, die seit 2007 in Hamburg systematisch versucht, emanzipatorische Räume zu zerstören.
Wer „Flora für Alle“ unterstützt, öffnet autoritären und reaktionären Kräften Tür und Tor in linken Strukturen und verrät dabei bewusst und skrupellos über Jahrzehnte erkämpfte feministische, emanzipatorische, solidarische und antifaschistische Grundsätze und macht sich so zum Handlanger ihrer Agenda.
Quelle: https://de.indymedia.org/node/536599
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Links, Artikel, Hintergründe, Infos
– https://schwarzmarkt.noblogs.org/files/2021/08/sexualisierte-Gewalt-HH-2007.pdf
– https://taz.de/Antiimperialisten-gegen-Antideutsche/!6038266
– https://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/antisemitismus-in-hamburg-regisseur-lanzmann-schockiert-ueber-krawalle-bei-israel-film-a-661980.html
– https://www.rote-flora.de/2012/fuer-einen-solidarischen-und-respektvollen-umgang-in-linken-strukturen-gewaltverhaeltnisse-bekaempfen-2012/
– https://www.rote-flora.de/2009/erklaerung-zur-verhinderten-und-erneuten-vorfuehrung-des-films-warum-israel-2009
– https://web.archive.org/web/20150105104338/http://www.souslaplage.org/antisemitische-filmblockade-im-b-movie
– https://web.archive.org/web/20161226035755/http://www.souslaplage.org/wie-sich-die-tan-aus-linksradikaler-politik-und-praxis-verabschiedet