Radebeuel: Paranoya Fest ist abgesagt:

Das antinationale d.i.y. Hardcore / Punk Festival Paranoya vom 5.-6. September in der Nähe von Dresden musste abgesagt werden, weil die meisten Bands ihren Auftritt absagten. Quelle: https://paranoyafestival.de/

Es hätte nicht so weit kommen müssen.

Eine der beteiligten Band erkundigte sich, ob eine Palästinaflagge bei ihrem Auftritt präsentierten könnte.

Hier wurde auf den antinationalen Charakter des Festivals hingewiesen. Als Alternative wurde vereinbart, das stattdessen ein Transparent präsentiert wird. Einzelpersonen, nicht das gesamte Paranoya-Kollektiv verfassten eine diskussionswürdige E-Mail. Daraufhin gab es eine selbstkritische Stellungnahme, veröffentlicht auf paranoya.de, die eindeutig erklärt, dass das Banner gezeigt werden kann.

Es gibt hier nicht um die Inhaltliche Diskussion. Es wird schwer möglich zu sein, immer auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Es geht hier nicht um Rote Linien, die nicht zu übertreten sind. Die Stellungnahme des Festivals zeigt, dass es keine dogmatische Haltung gibt und verschiedene Meinungen geäußert werden können.

Das Festival ist trotzdem nicht mehr zu retten gewesen. Schuld ist eine Kampagne auf den sogenannten Sozialen Medien. Hier reicht ein Post, in der Form, „Wir spielen nicht auf dem Paranoya, ergänzt mit drei gezeichneten Melonen und das obligatorische Free Palestine, um eine Gefolgschaft von Unterstützer*innen hinter sich zu bringen. „Daumen hoch, für die Bekämpfung der eigenen Subkultur.

Eine weitere Band, behauptet dann, sie hätte einen Fragenkatalog geschickt und wäre mit einem allgemeinen Statement abgespeist wurden, woraufhin sie ihren Auftritt absagen mussten. Abgearbeitet wird sich auf den verschiedenen „Sozialen Medien“ an dem ersten Statement, die wie erwähnt, nicht die Meinung des Festivals wiedergibt. Auf eine Klarstellung wird verzichtet.

Das heißt,dass hier Falschinformation betrieben wird, während die Stellungnahme der Veranstalter*innen keine Bedeutung hat. Obwohl sie eindeutig geäußert haben „Für die verzögerte und missverständliche Kommunikation möchten wir uns bei allen Bands und Beteiligten entschuldigen“

Es wäre ein Leichtes gewesen, sich auf diese Worte zu berufen und zu einem gemeinsamen Nenner zu kommen.

Stattdessen feiern sich jetzt Bands und viele Unterstützer*innen es als erfolgreichen politschen Akt, das Paranoya komplett gecancelt zu haben. Denn der regelrechte Shitstorm bedeutet, dass Bands, die sich weiterhin beteiligen wollen und dort gerne gespielt hätten, europaweit von Auftrittsverboten bedroht sind.

Das kann nicht die befreite Welt sein, für die sich diese Band angeblich einsetzen wollen. Es ist einfach nur noch totaler Bullshit!

Verwundern sollte es nicht, denn ähnlich laufen viele Debatten in Foren, innerhalb Zusammenschlüssen und in den sogenannte Sozialen Medien seit langem ab. Anstatt eines gemeinsamen Austausches, dem Bemühen auch abweichende Meinungen zu verstehen und eigene Standpunkte erklären zu können, wird hier gleich zugeordnet, in Schablonen gepresst, in die Ecke gedrängt und letztendlich ausgeschlossen. Inhalte bleiben ausgeklammert oder werden sinnentstellt wiedergegeben. Statt lebendiger Debatte „Like und Dislikes“, ohne Zwischentöne. Gewachsene und mühsam gehegte Strukturen sind so leider ständig bedroht, zerstört zu werden.

Die einzige Chance, die uns dagegen bleibt, ist es, dass wir diesen Weg nicht mitgehen, sondern uns dagegen aufbegehren. Da ist es traurig zu hören, dass es Bands gibt, die eigentlich weiterhin dort spielen wollten, jetzt aber aufgrund des Drucks absagen. Für diese Entsolidarisierung zeigen die Veranstalter*innen Verständnis. Trotzdem sind die Gruppen, die um ihre Auftrittsmöglichkeiten fürchten, Teil des Problems. Sie könnten glaubwürdig eine Alternative vertreten, gegen ihren Dogmatismus und ihre Cancel-Culture, gegen ihre Lügen und Hetze. Leider stehen sie jetzt nicht zur Verfügung, wo es gilt, sich gemeinsam gegen die umfassende Angriffe auf unsere Strukturen zu wehren.

Noch einmal: Die Probleme wäre gemeinsam zu lösen gewesen, trotz Missverständnissen und Meinungsverschiedenheiten. Hetzkampagnen sind einfach zu führen. Das zu leben, was ständig in Texten und nach Außen präsentiert wird, dagegen ungleich schwerer und oft ist es unmöglich. Nicht weil es nicht Menschen gibt, die es nicht versuchen, sondern weil ihre Arbeit erfolgreich boykottiert wird.

Die Utopie leben bleibt so jedenfalls nichts als eine Worthülse.

Solidarität nach Radebeul! Unterstützten wir gemeinsam die Verwirklichung eines Paranoya Festivals im Jahre 2026. Das Festival wird weiter gehen, falls es einen Zusammenhalt gibt

Quelle: https://de.indymedia.org/node/532969

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Paranoya-Fest 2025 ist abgesagt.

Hier sind wir nun…. Die meisten Bands haben abgesagt und so sind wir leider gezwungen, das Paranoya-Festival 2025 abzusagen. Wie wir bereits in unserem letzten Post erklärt haben, wollten wir NIEMANDEM das Recht absprechen, sich auf der Bühne zu positionieren und Solidarität mit den unter Krieg leidenden Menschen in Palästina zu zeigen.

Wir haben uns in den vergangenen Wochen persönlich mit einigen Bands getroffen, um über die Vorwürfe, die dem Paranoya gegenüber gemacht wurden, zu sprechen. Es stellte sich heraus, dass Bands, sowie Einzelpersonen (unabhängig von ihrer eigenen Meinung) von Personen auf Instagram oder via E-Mail angeschrieben und unter Druck gesetzt bzw. erpresst wurden.

Den Bands wurde klar gemacht, dass sie keine Gelegenheit mehr bekommen sollten, in anderen Teilen von Europa zu spielen, wenn sie auf unserem Festival auftreten. Einzelpersonen wurde klar gemacht, es wäre besser sich von dem Festival zu distanzieren.

Dies entspricht unserer Wahrnehmung, dass in den sozialen Medien ein Shitstorm gegen das Paranoya-Festival gestartet wurde, ohne sich tatsächlich mit unserer Position/Argumentation auseinanderzusetzen.

Wir haben uns aus dieser “Debatte” weitgehend herausgehalten, da wir “Social-Media” nie als Kommunikationsmittel genutzt haben, besonders in Bezug auf die dahinterstehenden Firmen und es für uns ebenso nicht der richtige Ort für solch sensible Themen ist. Wir verstehen jedoch, dass Bands und Personen Angst haben, Opfer einer solchen Kampagne zu werden und aufhören müssen, das zu tun, was sie am liebsten tun, nämlich Musik auf selbstorganisierten Festivals zu spielen bzw. diese zu organisieren.

Wir können aber nicht verbergen, dass wir sehr enttäuscht darüber sind, wie all das gelaufen ist. Wir möchten uns bei allen Bands und Personen entschuldigen die Opfer dieses Shitstorms geworden sind.

Gleichwohl möchten wir deutlich machen, dass dabei mehrere Grenzen überschritten wurden und es bei dieser Art des „Austauschs“ keinesfalls um einen Diskurs geht.

Wir haben in den letzten Jahren viel Zeit, Geld, Herzblut und Arbeit investiert, weil wir es lieben, das Paranoya-Festival und D.I.Y.-Konzerte zu veranstalten und mit Bands und Besucher*innen aus unterschiedlichen Ländern in Austausch zu kommen. Somit haben wir in den letzten 15 Jahren hunderte von Bands beherbergt, was zu vielen persönlichen Beziehungen und Freundschaften geführt hat.

Gerade deshalb ist es für uns umso schwieriger festzustellen, dass wir kaum Rückfragen oder sogar Support bekommen haben. Es hat unser Vertrauen in die D.I.Y.-Punk-Szene in weiten Teilen erschüttert und zerstört, wenn ein einziger aus dem Kontext gerissener Internet-Post Freundschaften und Beziehungen kappt, die sich über fast zwei Jahrzehnte entwickelt haben und die ganze Arbeit der letzten Jahre in Frage gestellt wird.

Wir möchten noch einmal betonen, dass wir zu keiner Zeit irgendwem verbieten wollten, sich solidarisch mit dem palästinensischen Volk zu zeigen, welches unter diesem sinnlosen und von Tag zu Tag immer schlimmer werdenden Krieg leidet.

Genauso wenig wollten wir, zu keiner Zeit irgendeiner Band ihre Meinung zu diesem Thema verbieten.
Die Absage bzw. der Boykott des Paranoya-Festivals wird dabei aber leider keinem einzigen Menschen in Palästina helfen können.

Jedoch wird die Absage des Paranoyas die D.I.Y. Punk-Szene und die subkulturellen Aktivitäten in unserer Region minimieren, in der eine rechtsextreme Partei immer stärker wird, und immer mehr Jugendliche beginnen, sich in einer rassistischen, neo-nationalistischen, homophoben, trans-und queerfeindlichen Art und Weise zu radikalisieren, und körperliche sowie verbale Gewalt gegenüber Menschen, die nicht ihrem Weltbild entsprechen, leider noch immer Alltag sind und zunehmen.

Zu alledem versuchen wir, so gut es uns möglich ist, einen Gegenpol und alternative Orte, gerade im Osten von Deutschland, zu schaffen, zu bespielen und am Leben zu erhalten. Wir versuchen dabei all denen einen Safespace zu bieten, die diesen in gerade immer rauer werdenden Zeiten benötigen, wenn es auch nur für einen Abend oder ein Wochenende ist.

Durch die Absage des Festivals fällt nun leider auch die Unterstützung weiterer lokaler, linker, antifaschistischer Projekte durch unsere Spenden aus, welche wir in den letzten Jahren mit dem PARANOYA über den Einlass und die Cocktail-Bar generiert und gespendet haben (z.B. zur Unterstützung von Opfern faschistischer Gewalt, ABC, Rosa e.V., Polylux e.V., etc.).

Die letzten Wochen waren für uns sehr kräftezehrend und emotional anstrengend. Wir wissen nicht ob und wie es in der Zukunft möglicherweise weitergehen kann, möchten uns aber bei all denjenigen Bedanken, welche uns beigestanden und uns weiterhin ihre Unterstützung zugesagt haben.

Eure Paranoya-Crew