Proteste bei AfD-Parteitag in Riesa: Bengalowerfer vor Gericht

Ein junger Leipziger muss sich dafür verantworten, dass er am 11. Januar 2025 eine brennende Pyro-Fackel in Richtung einer Polizeisperre schleuderte.
Einen linksradikalen Gewalttäter stellt man sich eigentlich anders vor. Geradezu konservativ gekleidet und frisiert sitzt F. auf der Anklagebank des Riesaer Amtsgerichts und legt in gewählten Worten ein Geständnis ab.
Der 26-jährige Leipziger hatte im Januar dieses Jahres an den Protesten gegen den AfD-Bundesparteitag in Riesa teilgenommen und dabei eine sogenannte Bengalo-Fackel in Richtung einer Polizeikette geworfen. Das brachte ihm eine Anklage wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte und versuchter gefährlicher Körperverletzung ein.
Was war am Morgen des 11. Januar an der Kreuzung Rostocker/Lommatzscher Straße genau passiert? Zunächst hatten sich mehrere hundert Demonstranten von der WT-Arena aus auf den Weg in Richtung Weida gemacht, um nahe der Kreuzung an einer Kundgebung teilzunehmen.
Die etwa 800 Protestler, unter denen sich auch der Angeklagte befand, wurden von der Polizei zum Versammlungsort eskortiert. Nahe dem Küchenstudio brachen etwa 500 Demonstranten aus dem Zug aus und liefen auf die Felder – offenbar, um Zufahrten zur Stadt zu blockieren.
Nach dem Fackelwurf wurde der junge Mann direkt festgesetzt
Es entstand ein gehöriges Durcheinander: Die beteiligten Polizisten sprechen im Zeugenstand von einer „dynamischen Situation“. Mehrere von ihnen sahen dann einen Mann hinter einem Transporter hocken, eine Pyro-Fackel zünden und sie über das Auto hinweg auf die Polizeisperre schleudern. Der Wurf ging zwar um einige Meter daneben, aber das konnte der Täter von seiner Position aus nicht wirklich einschätzen. Er wurde von den Beamten sofort zu Boden gebracht und festgesetzt.
Bengalisches Feuer hat die unangenehme Eigenschaft, beim Verbrennen sehr hohe Temperaturen zu entwickeln. Die Flamme erreicht mindestens 1600 Grad Celsius; manche Mischungen sogar bis zu 2500 Grad. Die Einsatzkleidung der Polizei bietet zwar einen gewissen Schutz gegen brennende Wurfgeschosse, aber wenn sich ein solcher Bengalo darin verfängt, kann er lebensgefährliche oder sogar tödliche Verletzungen zur Folge haben. Ganz abgesehen davon, dass die Fackel im Tohuwabohu auch ungeschützte Demonstranten hätte treffen können.
Angeklagter erscheint ohne seine Anwältin in Riesa
Dementsprechend schwer sind die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft. F. könnte für seine Tat durchaus ein paar Jahre ins Gefängnis wandern. Deshalb hat sich der Leipziger dafür entschieden, den Schaden durch ein umfassendes Geständnis und zahlreiche Reuebekundungen zu begrenzen. Entgegen dem Rat seiner Anwältin, wie F. betont. Selbige hat er auch nicht mit zur Verhandlung gebracht.
Ja, räumt F. ein, er habe sich bei der Anfahrt mit der Protestlergruppe aus Leipzig radikalisieren lassen.
Bereits im Bus seien Feuerwerkskörper verteilt und die Demonstranten instruiert worden, den AfD-Parteitag mit aller Macht zu verhindern. Bei seiner Festnahme hatte F. dann auch etliche Böller, Knaller und eine Sturmhaube bei sich.
Er könne sich sein Verhalten am Küchenstudio selbst nicht erklären, sagt der Angeklagte. Zumal er ehrenamtlich im Rettungsdienst tätig sei und die Gefahren solcher Handlungen eigentlich einschätzen könne. Der Delinquent entschuldigt sich auch artig bei den Polizisten, die nach ihrer Zeugenaussage im Zuschauerraum Platz genommen haben.
Das alles hinterlässt beim Gericht durchaus Eindruck. Obwohl F. schon einmal wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt wurde, bekommt er nur zehn Monate Freiheitsentzug auf Bewährung.
Sie nehme ihm die Reue ab, erklärt die Richterin. Seine Tat sei auch eine Folge der Gruppendynamik, der radikalen Stimmung seines Umfeldes, in die sich der Angeklagte hineinziehen ließ.