Hitlergruß und Hakenkreuz – Nach Attacken rechter Jugendbande: Demo in Lößnig verläuft mit Zwischenfällen

Am frühen Donnerstagabend hat eine Demonstration gegen Faschismus in Leipzig-Lößnig stattgefunden. Ein Passant zeigte den Hitlergruß. Außerdem kam es zu einer polizeilichen Verfolgung zweier Demo-Teilnehmer.
Am Donnerstag haben sich etwa 200 bis 250 Menschen zu einer Demonstration versammelt. Unter dem Motto „Gegen Armut und Faschismus – Lößnig hält zusammen“ trafen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am frühen Abend am Moritzhof. Von dort zog der Demonstrationszug vorbei am Studierendenwohnheim in der Johannes-R.-Becher-Straße durch das Viertel.
Begleitet von Parolen wie „Alerta, Alerta, Antifaschista“ und „Nazis raus“ startete die Versammlung. Friedlich verlief sie nicht: Bereits zu Beginn kam es zu einem ersten Zwischenfall, als eine Passantin den Demonstrierenden lautstark beschimpfte.
Später, als der Zug zum Moritzhof zurückkehrte, stellte sich eine Gruppe Jugendlicher provokativ mit einer Deutschlandflagge vorm Moritzhof auf. Beobachtende berichteten, dass mindestens einmal der Hitlergruß gezeigt wurde. Zudem sollen einige aus der Gruppe mit Händen und Fingern ein Hakenkreuz angedeutet haben. Ob der Vorfall strafrechtliche Konsequenzen hat, ist nicht bekannt.
Deutschlandflagge entwendet
Zwei Demo-Teilnehmer entwendeten die Deutschlandflagge und flüchteten in eine angrenzende Kleingartensiedlung. Mehrere Polizeiwagen – mindestens fünf – verfolgten die beiden mit Blaulicht. Es kam zu Wortgefechten zwischen Demonstrierenden und Menschen, die sich am Moritzhof aufhielten. Die Polizei war präsent.
Nach einer Zwischenkundgebung setzte sich der Demonstrationszug in Richtung Triftweg in Bewegung. Gegen 19 Uhr endete die Veranstaltung. Verschiedene Leipziger Bündnisse hatten sich dem Protest angeschlossen. Darunter „Young Struggle“* und die Internationale Jugend Leipzig sowie weitere autoritär-kommunistische Gruppen.
Neues Bündnis für Studierende
Zur Demonstration aufgerufen hatte das neu gegründete Bündnis „Students Against Rent Increase“. Studierende berichten, dass es seit Jahresbeginn vermehrt zu verbalen Attacken, rassistischen Belästigungen und Bedrohungen durch eine mutmaßlich rechte Jugendgruppe in Lößnig gekommen sei. Demnach würden gezielt Menschen mit vermeintlich ausländischem Aussehen beleidigt und zum Teil bis zur Haustür verfolgt.
Mit der Demonstration sollte ein Zeichen gegen rechts gesetzt und der – laut den Organisatorinnen und Organisatoren – zunehmenden rechten Präsenz im Viertel etwas entgegengesetzt werden.
*Unter dem Namen „Young Struggle“ firmieren bundesweit die Jugendorganisationen der aus der Türkei stammenden und dort verbotenen Marxistisch-Leninistischen Kommunistischen Partei (MLKP). In einigen Bundesländern werden sie zum linksextremen Spektrum gerechnet, beispielsweise in Baden-Württemberg deshalb auch vom Verfassungsschutz beobachtet. In Sachsen ist dies nicht der Fall.
Die einen autoritären Kommunismus vertretenden „Young Struggle“-Gruppen sind laut Einschätzung des Bundesamtes für Verfassungsschutz vor allem in bundesdeutschen Großstädten (Duisburg, Köln, Heidelberg, Mannheim, Ulm, Stuttgart) aktiv und verstehen sich demnach auch als Miliz der MLKP mit Vergleichen zur ehemaligen Roten Armee Fraktion (RAF) in Deutschland. Ihr Ziel sei es, „die Massen für Veränderungen zu gewinnen und die Jugend auf die anstehenden Kämpfe gegen das ‚kapitalistische System‘ vorzubereiten“.
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Bericht auf Indymedia https://de.indymedia.org/node/502920:
Leipzig: „Von Lößnig bis nach Gaza…!“
„Den revolutionären Westverbänden ist ein erneuter Schlag gegen den Zionismus und für die Befreiung Palästinas in Leipzig gelungen. Ebenfalls konnte erfolgreich die Bevölkerung der Platte in Leipzig-Lößnig für den revolutionären 1. Mai in Leipzig agitiert werden.“ So ähnlich ließe sich die Erzählung der K-Gruppen in Leipzig diese Woche zusammenfassen. Es folgt eine Auseinandersetzung zur Demonstration dieser Gruppen am vergangenen Donnerstag im Stadtteil Lößnig.
Vorgeschichte: Kurzer Abriss des „revolutionären Kampfes für ein freies Palästina in Leipzig“ in den letzten Monaten:
Nachdem bereits am 7. Oktober 2024 im Leipziger Süden die Hamas und ihre Taten gefeiert und verherrlicht werden konnten, am 7. November 2024 Connewitz von den „Zionistenfaschos“ der ruhmreichen Internationalist*innen & Kommunist*innen befreit wurde, am 8. März die Leipziger-Innenstadt mit der obligatorischen „Fem-Demo“ für Palästina okkupiert wurde, konnte nach der BDS-Demo in Leipzig erfolgreich Aufkleber an einem Späti in Connewitz verteidigt werden.
Die Auseinandersetzung der „Roten Wende“ & „Jugend im Kampf“ um ihre Veranstaltung im Sanatorium im Connewitz, wurde zwar verloren und musste dann spontan im Leipziger Westen statt finden. Doch bereits am 5. April wurde sich durch die Befreiungsfront Palästinas der Raum vor dem oben erwähnten Späti in Connewitz zurückerobert und dem „Zionismus“ auf Connewitzer Boden eine herber Schlag versetzt. MDR-Szene-Kenner Thomas Datt schrieb auf Twitter, dass sei eine „gekaperte“ Aktion der „üblichen Anti-Imp-Sekten“ gewesen, die Veranstalter*innen hätten ihm erklärt nicht mitbekommen zu haben, was am „Offenen-Mikrofon“ gesagt wurde.
Die Verteidigung gegen „Antideutsche“ hätte jegliche Kapazitäten der „Break the silence“ – Kundgebung gebunden. Weiter schreibt Datt: „Am verblüffendsten war für mich, dass in Connewitz ungetarnter Antisemitismus ad hoc so gut wie keinen Widerspruch (es gab vereinzelte Zwischenrufe von außerhalb der Kundgebung) erfährt.“
Während die „Anti-Imp-Kaperer“ schreiben: „100+ TN und keine Störung durch Cops oder zionistische Wutbürger. Dafür Musik und Redebeiträge: Für BDS und ODS, gegen Genozid und „antideutsche“ Rassisten.“
„Trotz Provokationen von Rechts – Demo wird als Erfolg gewertet“ (Veranstalter*innen)
Nach diesen Erfolgen der letzten Monate, sahen sich die beteiligten K-Gruppen bereit den nächsten Leipziger Stadtteil vom „Zionismus“ zu befreien und veranstalteten eine Demonstration gegen „Faschismus und Armut“.
Die Demo wurde organisiert von der FKO, der Vorfeldorganisation des kommunistischen Aufbau. In ihrem eigenen Demobericht bei „Perspektive“ schreiben sie:
„…ein studentisches Bündnis, das der faschistischen Präsenz in Lößnig den Kampf ansagte. Den Höhepunkt dieser Bemühungen stellte eine Demonstration unter dem Motto „Gegen Armut und Faschismus“ am vergangenen Donnerstagabend dar.“
Die Leipziger Volkszeitung, die zwei Artikel zu der Demo geschrieben hatte, erklärte den Zusammenschluss wie folgt:
„Verschiedene Leipziger Bündnisse hatten sich dem Protest angeschlossen. Darunter „Young Struggle“* und die Internationale Jugend Leipzig sowie weitere autoritär-kommunistische Gruppen. Zur Demonstration aufgerufen hatte das neu gegründete Bündnis „Students Against Rent Increase“.“
Im Vorhinein verzichtete die FKO & Co. auf ihre üblichen Logos auf den Plakaten für die Demo, außer im Leipziger Westen, so wurde breit für diese auch von anderen Gruppen in Leipzig geworben. Zwar eigentlich gar kein neuer Versuch andere politische Gruppen in Leipzig hinter dem Banner der FKO zu versammeln, dennoch ging der Plan dieses Mal auf.
So riefen neben allen K-Gruppen der Stadt auch die „Omas gegen Rechts“, Chronik.LE, „Leipzig nimmt Platz“ und weitere nach Lößnig zur Demo auf. Hier zeigt sich, dass zwar spätestens seit 2022 in Leipzig und in den folgenden Jahren sich mit diesen Gruppen näher auseinandergesetzt wird, Publikationen übersetzt werden um diese zu erkennen „Autoritäre Gruppen erkennen – Revolution isn’t a game of follow-the-leader“, aber trotzdem immer wieder auf diese herein gefallen wird.
Auch die oben erwähnte LVZ hat nicht verstanden, wer die Veranstalter*innen waren. Ebenfalls im Beitrag von „Sachsen-Fernsehen“ zur Demonstration fehlt eine Einordnung, dafür wird Lößnig als „ruhiger und vielfältiger“ Stadtteil beschrieben, an diese Phase können sich zwar Leipziger*innen nicht erinnern, aber wenn es das Fernsehen sagt, muss es wohl stimmen.
Der „Erkenntnisgewinn“ über die Strukturen der K-Gruppen nach all den Texten und Veranstaltungen der letzten Jahre bei der „emanzipatorischen Linken“ kann als als nicht sonderlich relevant betrachtet werden. Kurzum, die Sorge der K-Gruppen und Handala in Leipzig irgendwie „isoliert“ zu werden, ist weiterhin unbegründet.
„Perspektive“ schreibt:
„Um 17 Uhr versammelten sich ungefähr 250 Demonstranten am Moritzhof in Lößnig. Die Atmosphäre war hier zunächst – bis auf vereinzelte Pöbeleien von Außenstehenden – weitestgehend ruhig. In mehreren Redebeiträgen erklärten Mitglieder von sozialistischen Jugendorganisationen wie Young Struggle und dem Studierendenkollektiv, dass sich der antifaschistische Kampf nicht nur auf Aktionen gegen Nazis konzentrieren dürfe, sondern der Kapitalismus und der bürgerliche Klassenstaat ebenso abzulehnen seien.“
Young Struggle und Co. spulten inhaltlich im wesentlichen das ab, was auch schon an ihrem instrumentellen Hanau-Gedenken in Leipzig kritisiert wurde.
„Perspektive“:
„Nach den ersten Redebeiträgen setzte sich der Demozug das erste Mal in Gang. Bei einem Rundgang durch Lößnig wurde in Sprechchören die Forderung „Mieten runter, Löhne rauf“ aufgestellt.“
All die anderen „Sprechchöre“ zu Israel und Palästina, zum „Sozialismus“, die auf der Demo gerufen wurden, haben wohl aus Platzgründen keinen Eingang im Bericht gefunden.
„Perspektive“:
„Anschließend fand am Moritzhof wieder eine Zwischenkundgebung statt. Nun kam es zu den ersten Auseinandersetzungen mit Faschisten am Rand der Demonstration. Beide Seiten tauschten Beschimpfungen aus. Eine Person zeigte einen strafbaren Hitlergruß und wurde „mangels Beweisen“ dafür nicht von der Polizei belangt. Am auffälligsten war jedoch eine Gruppe von Kindern, die stolz mit der deutschen Nationalflagge posierten und Teilnehmer:innen der Versammlung beleidigten. Daraufhin wurde das schwarz-rot-goldene Banner von entschlossenen Demonstranten entwendet. Die Polizei nahm die beteiligten Personen daraufhin vorübergehend fest.“
Der Gegenseitige Austausch von „Beschimpfungen“ gestaltete sich bspw. in wechselseitigen „Nazi“ bzw. „Faschisten“ Vorwürfen. Dies ist insofern bemerkenswert, weil die Lößniger*innen ebenfalls dazu aufgerufen wurden zur revolutionären 1. Mai – Demo am Südplatz von FKO und Co. zu kommen.
Seit Jahren erklären besonders K-Gruppen, dass die „Prolet*innen“, die Arbeiterklasse, doch nur von Faschisten „verführt“ würden, sie also eigentlich gar keine Nazis oder Rassisten seien, sondern nur richtig agitiert, angesprochen und gebildet werden müssen.
Was würde eigentlich Thälmann zu den Genoss*innen sagen, die den jungen rechten „Kindern“ erfolgreich ihre Deutschland-Fahne entreißen? Abgesprochen schien die Aktion mit dem ZK jedoch nicht, so wussten die „ entschlossenen Demonstranten“ nämlich weder wohin mit sich, noch mit der Flagge. Der Einsatzleiter der Polizei schickte fünf Sixxer nur mit den Fahrer*innen los, um die „entschlossenen Fahnen-Räuber“ zu stellen. Die löste in der Versammlung, die regelmäßig die „internationale Solidarität“ im Munde führte, keinerlei Reaktion aus. Die zwei „entschlossenen Demonstranten“ wurde hängen gelassen und der Polizei überlassen. Die Moderation der Demo empörte sich eher darüber, dass die Polizei die „Kinder“ mit der Deutschlandflagge nicht in eine Maßnahme nahm.
Junge rechte Kids halten National-Kommunist*innen (MLPD war auch geschlossen angetreten, wie der Rote Bund ebenfalls) eine richtig rum gehaltene Deutschland-Flagge entgegen, keine Schwarz-Weiß-Rote-Fahne, was in Sachsen wirklich bemerkenswert ist und Seltenheitswert hat.
„Perspektive“:
„Durch die koordinierte Abreise in Gruppen konnten weitere Zusammenstöße mit den Faschisten vermieden werden….Außerdem sei es Antifaschist:innen seit langem wieder gelungen, auch am Stadtrand ein wirksames und ansprechendes Zeichen gegen die Ausbreitung des Faschismus zu setzen.“
Welche Zusammenstöße? Weitere mit den Kindern oder den paar Leuten (eigentlich ihre zu agitierende Prolet*innen), die sich auf den Stufen des Moritzhof der geballten Macht des Kommunismus der Stadt gestellt haben?
Da die Demonstration aber als „Erfolg“ und „gelungen“ bewertet wird, ist der FKO sicherlich der Zustrom der revolutionären Massen aus Lößnig zukünftig gewiss. Wie auch die Dankbarkeit der Palästinenser*innen in Leipzig-Lößnig gegen den Zionismus gekämpft und so „erfolgreich“ gewesen zu sein.