Wahlkampffeier mit Neonazis? – AfD-Abgeordnete Bachmann lässt sich mit Rechtsextremen ablichten

Im Netz wird über ein Foto diskutiert, das AfD-Abgeordnete Carolin Bachmann mit Musikern eines rechtsextremistischen Musiklabels zeigt. Das Foto wirft Fragen zu ihrer Verbindung zur rechten Szene auf.
Niederbobritzsch, Bautzen.
„AfD-Bundestagsabgeordnete Carolin Bachmann posiert offen mit Neonazis“: Das Junge Netzwerk Freiberg teilt mit diesem Vorwurf ein Foto, das Bachmann in Gesellschaft zeigt. Es soll die Politikerin bei ihrer Wahlparty am 23. Februar in Niederbobritzsch zeigen. Sie selbst habe sich in der Wahlnacht für das Kommen in einer zeitlich begrenzten Instagram-Story bedankt.
Die ist nicht mehr einsehbar. Dafür haben die drei anderen Abgebildeten das Bild geteilt und sich markiert. Demnach handelt es sich um Kai Naggert, genannt „Proto“ (vormals „Prototyp“), Dominik Raupbach („Kavalier“) und Ramona Naggert („Runa“), die zum Musik-Label NDS Records („Neuer Deutscher Standard“) gehören. Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) stuft es als erwiesen rechtsextremistisch ein. Es bestätigt uns, dass es sich um die „rechtsextremistischen Interpreten“ handele.
Rechtsextremer Rap setzt auf Streamingdienste und das Internet
Das Label orientiere sich mehr „an populären Sounds und Musiktrends“, beschreibt ein LfV-Sprecher, um rechtsextremistische Botschaften zu vermitteln. So arbeite es mit Rap- und Hip-Hop-Künstlern zusammen – Musikstile, die in der sächsischen rechtsextremistischen Szene bislang kaum eine Rolle spielten.
Während die klassisch auf physische Tonträger setzte, nutze NDS soziale Medien und das Internet, um seine Musik zu verbreiten oder zum kostenpflichtigen Download anzubieten. Dadurch erreiche es ein jüngeres, digitalaffines Publikum.
„Das ist der Schulterschluss zwischen AfD und extremer Rechter ‚im Pop‘“, ordnet Thorsten Hindrichs das Foto ein. Der Musikwissenschaftler der Johannes Gutenberg-Universität Mainz sagt, Bachmann trete auch im Video zu „Systemausfall“ auf, und das nicht als Einzige ihrer Partei. Das Lied, ein Wahlsong für die AfD, ist inzwischen bei vielen Streaming-Diensten gesperrt, für das zugehörige Video waren Fans aufgefordert, Videoschnipsel einzuschicken.
Keine musikalischen Berührungsängste zwischen „Identitärer Bewegung“ und AfD
Dass es diese Kooperation gibt, verwundert: NDS galt als ein Projekt der „Identitären Bewegung“, als es 2019 von Christoph Zloch alias „Chris Ares“, Naggert und anderen gegründet wurde. Naggert etwa war Aktivist im nordrhein-westfälischen IB-Ableger „Defend Ruhrpott“. Von der IB distanziert sich die AfD eigentlich: Sie steht auf der Unvereinbarkeitsliste für eine Mitgliedschaft in der Partei. „Das scheint komplett gefallen zu sein“, sagt Hindrichs. „Diese ganzen Distanzierungserklärungen sind nicht das Papier wert, auf dem sie stehen.“
2020 entschloss sich Zloch, im Kreis Bautzen einen „patriotischen Jugendclub“ aufzubauen und zog von München dorthin. „Sie hatten ursprünglich vor, dort eine Art Nazidorf zu gründen“, sagt Hindrichs. Zloch stieg bald aus. Zurück blieb Naggert, der sich vom Dorf Weifa aus, südlich von Bautzen weiter vernetzte. So gibt es in den NDS-Musikvideos Auftritte junger Neonazi-Gruppen, aber auch Bezüge zum rechtsextremen „III. Weg“ oder dem Neonazi-Kampfsportevent „Kampf der Nibelungen“.
Bedient wird auch Ballermann-Schlagerschiene – wenn es Erfolg verspricht
„Naggert hat versucht, verschiedene Nachwuchs-Nazi-Rapper an den Start zu bringen“, sagt Hindrichs. Gleichzeitig habe er das Talent, sich „in Rekordzeit“ mit ihnen zu überwerfen. 2022 stieß Raupbach zum Team, der in der IB sowie in einer Dresdener Kameradschaft aktiv gewesen sei. Auch ihn würde Hindrichs der „ganz harten, extrem rechten Szene“ zuordnen, obwohl er mit Gitarre auch die Liedermacherschiene bediene.
„Mit Sicherheit“ verdiene die rechtsextreme Szene an den Musik-Verkäufen. Wie viel lasse sich schwer schätzen. Die Label blieben bei ihren Jahresumsätzen unter Offenlegungsgrenzen. Daneben gehe es Naggert aber auch um Aufmerksamkeit. Nachdem sie mit dem Lied „Abschiebehauptmeister“ Erfolg hatten, kopierten sie diesen Stil jetzt. Der einst harte Rap nähere sich der Ballermann-Schlagerschiene an. Die Inhalte der Musik bleiben freilich gleich: Das fremdenfeindliche Lied richte sich pauschal gegen den Aufenthalt von Ausländern in Deutschland, urteilte das LfV.
„Freie Presse“ hat Carolin Bachmann und NDS Records angefragt, wie es zum gemeinsamen Foto kam. Geantwortet haben sie darauf bisher nicht.
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Steffen Jankowski 28.02.2025
Freiberg: Kreiswahlausschuss bestätigt Wahlsieg der AfD-Direktkandidatin bei der Bundestagswahl 2025
Carolin Bachmann aus Mulda hat 45,4 Prozent aller Erststimmen im Wahlkreis 160 erhalten. Das vorläufige Ergebnis wurde nur geringfügig korrigiert.
Freiberg.
Carolin Bachmann (AfD) hat bei der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 die meisten Erststimmen im Wahlkreis 160 errungen. Das hat der Kreiswahlausschuss am Freitag bestätigt. Laut amtlichem Ergebnis erhielt die Muldaerin 66.688 Stimmen, das waren 45,4 Prozent aller Erststimmen im Wahlkreis. Gegenüber dem vorläufigen Ergebnis habe es nur geringe Korrekturen etwa von Übertragungsfehlern oder zur Gültigkeit einzelner Stimmen gegeben, so Kreiswahlleiter Peter Schubert:
„Dies zeigt, wie genau und pflichtbewusst die Wahlvorstände gearbeitet haben. Ohne das große Engagement der Wahlhelferinnen und Wahlhelfer sowie der Kommunen wäre ein so guter Ablauf nicht möglich.“ Die Wahlbeteiligung habe bei 78,9 Prozent gelegen.