Hausbau oder grüner Spielplatz? Streit um Fläche in der Gottschedstraße
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Am Mittwoch musste der Leipziger Stadtrat eine schwierige Entscheidung zu einem Bauprojekt in der Gottschedstraße treffen. Neben dem Denkmal mit 140 Bronzestühlen will ein Investor Wohnhäuser auf einem Auto-Parkplatz errichten. Das hat die Mehrheit im Stadtrat nun blockiert.
Es geht um einen Auto-Parkplatz in der Gottschedstraße. Er befindet sich zwischen dem Café Luise und dem Denkmal für die Große Gemeindesynagoge mit 140 Bronzestühlen. An diesem Mittwoch wird der Leipziger Stadtrat entscheiden, ob dort eine Grünfläche mit Kinderspielplatz oder Wohnhäuser entstehen. Einfach ist diese Entscheidung aus vielen Gründen sicher nicht.
Vor knapp einem Jahr stand das Thema schon mal auf der Tagesordnung der Ratsversammlung. Am 28. Februar 2024 hatte die Mehrheit beschlossen, dass die Verwaltung einen Bebauungsplan für die Innere Westvorstadt erarbeiten soll. Anlass dafür war eine Bauvoranfrage für den Parkplatz in der Gottschedstraße.
Grundstückstausch hat nicht geklappt
Ein privater Grundstückseigentümer möchte dort Wohnhäuser errichten – mit Läden und anderen Gewerbenutzungen im Erdgeschoss. Das müsste ihm von der Rechtslage her erlaubt werden, wenn die Stadt nicht in einem Bebauungsplan andere Nutzungen festlegt, erklärte der zuständige Fachplaner Daniel Grützner jüngst im Stadtbezirksbeirat Mitte.
Vor einem Jahr habe die Verwaltung noch gehofft, das Problem durch einen Flächentausch aus der Welt zu schaffen. „Gedacht war an etwa wertgleiche Grundstücke in ähnlich zentraler Lage. Eine Prüfung durch das Liegenschaftsamt kam aber zum Ergebnis, dass wir solche Grundstücke nicht haben, sie also auch nicht anbieten können.“
Die Gespräche mit dem Anwalt des Eigentümers seien sachlich verlaufen, berichtete Grützner. „Schließlich ergab sich jedoch eine Tendenz, das Baurecht notfalls juristisch durchzusetzen.“ Deshalb schlagen die Planer vor, eine vorläufige Veränderungssperre für den Bereich zwischen der Käthe-Kollwitz-Straße im Norden und der Karl-Tauchnitz-Straße im Süden zu erlassen. „Damit dort nichts passiert, was den Zielen des künftigen Bebauungsplans entgegensteht.“
Allerdings müsste die Sperre nun schnell beschlossen werden, um den Parkplatz samt hoher Bäume an seinem Rand vor einer Bebauung zu schützten, so der Fachmann. Denn schon am 20. März 2025 ende eine Schutzfrist aus dem Planungsrecht. Ohne Sperre müsste das Bauordnungsamt nach diesem Termin die Wohnhäuser genehmigen.
Veränderungssperre für Westvorstadt
„Das Gebiet ist zum Teil schon stark überhitzt. Es besteht ein Mangel an Spielmöglichkeiten für Kinder und auch an großen Bäumen“, sagte Grützner im Beirat. Mehrere Baulücken seien dort jüngst geschlossen worden. Dabei wolle die Kommune eigentlich grüne Inseln verbinden und aufwerten. Deshalb wurden am Nikischplatz und in der Bosestraße Bäume gepflanzt.
Ähnliche Problemlagen gebe es auch an anderen Stellen in dem 18,5 Hektar großen Planungsgebiet. Es reicht vom City-Ring bis zur Max-Beckmann-Straße, im Süden sogar bis zum Johannapark. Das Baudezernat wolle mit dem Verfahren samt der Veränderungssperre beispielsweise auch den Grünzug auf beiden Seiten der Rudolphstraße gegenüber vom Neuen Rathaus langfristig sichern. Bis zu den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg standen dort unter anderem die katholische Trinitatiskirche und auch etliche Villen.
Nicht zum Umgriff der jetzigen Entscheidung gehört hingegen ein anderes Bauvorhaben für den Apels Garten 4/6. Dort ist auf einem Banner an einer Giebelwand – ebenfalls neben einem Auto-Parkplatz – ein großes Bild zu sehen, das die frühere Ez-Chaim-Synagoge zeigt. Auch sie wurde in der Nacht zum 10. November 1938 durch Nazi-Horden zerstört. Auf diesem Parkplatz möchte ein Immobilienunternehmen aus Wiesbaden eigentlich 120 kleine Apartments bauen. Jedoch wurde für die Firma aus Wiesbaden vor zwei Monaten ein vorläufiges Insolvenzverfahren eröffnet.
Im Leipziger Stadtrat stimmten vor einem Jahr Linke, Grüne und SPD geschlossen dafür, einen neuen Bebauungsplan für die Innere Westvorstadt zu erarbeiten. Die CDU war geschlossen dagegen. Sie begründete das mit dem hohen Bedarf an Wohnungen in Leipzig und gab zu bedenken, die Verwaltung habe schon viel zu viele Bebauungspläne auf dem Tisch und könne das nicht alles in vertretbarer Zeit schaffen.
Bei dem nun am Mittwochabend erfolgten Votum folgte die Mehrheit des Stadtrats dem Wunsch der Verwaltung nach einer Veränderungssperre. Zuvor hatte Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) eindrücklich darum gebeten. Dies sei auch wichtig, um eine Lösung zu finden, die würdevoll mit dem benachbarten Denkmal und der Geschichte des Ortes umgeht.
Dagegen stimmten im Stadtrat die Fraktionen von CDU und AfD, außerdem die Stadträte Sven Morlok (FDP) und Abraham Getu. Man könne nicht einerseits bezahlbare Mieten fordern und andererseits immer wieder Wohnungsbauprojekte in Leipzig verzögern und verteuern, meinten sie.
Übrigens: Der Stadtbezirksbeirat Mitte hatte nach dem Vortrag von Stadtplaner Grützner geschlossen für die Veränderungssperre votiert.