BSW will Fördergelder für Conne Island, naTo und Werk 2 wegen „Cancel Culture“ canceln
Die BSW-Fraktion im Leipziger Stadtrat möchte linksalternativen Kultureinrichtungen in den kommenden Jahren insgesamt 660.000 Euro streichen. Betroffen wären nach den Vorstellungen der Wagenknecht-Truppe das Conne Island, die naTo und das Werk 2. AfD und CDU dürfen nach mehreren vergeblichen Versuchen nun auf eine Mehrheit gegen linke Soziokultur in Leipzig hoffen.
Conne Island, naTo und Werk 2 hätten „zweifellos einen großen Stellenwert im linksalternativen soziokulturellen Bereich“, schreibt das BSW in seinem Antrag.
„In den vergangenen Jahren haben sie jedoch auch durch eine ideologisch verengte Programmpolitik und praktizierte Cancel Culture von sich reden gemacht.“
Die Einrichtungen seien möglicherweise „zu Akteuren der gesellschaftlichen Spaltung in unserer Stadt geworden“.
Es handelt sich dabei um einen Antrag für den Doppelhaushalt 2025/26. Über diesen und zahlreiche andere Anträge sowie den Doppelhaushalt im Gesamten wird der Stadtrat voraussichtlich Anfang kommenden Jahres abstimmen. Das BSW möchte im entsprechenden Fördertopf in beiden Jahren jeweils 330.000 Euro kürzen.
Conne Island kämpft gegen Inflation, Corona-Folgen und Boykottaufrufe
Sollte dieser Antrag eine Mehrheit erhalten, wäre wohl die Existenz dieser Einrichtungen gefährdet. Das Conne Island hatte erst kürzlich eine Spendenkampagne gestartet und damit mehr als 165.000 Euro eingesammelt. Corona, Inflation und andere Entwicklungen hätten das Haus in eine finanzielle Krise gestürzt.
In den vergangenen Monaten hatte das Conne Island mit Boykottaufrufen seitens pro-palästinensischer Künstler*innen und Aktivist*innen zu kämpfen. Das BSW führt in seinem Antrag nicht näher aus, wer oder was vom Conne Island „gecancelt“ worden sei, schlägt aber möglicherweise in eine ähnliche Kerbe, denn mit einem anderen Haushaltsantrag möchte das BSW „palästinensische Kulturveranstaltungen“ jährlich mit 50.000 Euro fördern.
Linke und Die PARTEI widersprechen deutlich
Reaktionen auf den BSW-Antrag zu den Kulturkürzungen ließen nicht lange auf sich warten. Die Linkspartei bezeichnete ihn als „niederträchtig“ und einen „Angriff auf die gesamte Soziokultur“.
Dass diese Einrichtungen zur gesellschaftlichen Spaltung beitragen würden, seien „infame Unterstellungen, die wir sonst nur von Seiten der AfD und der CDU kennen“. Bedroht seien Veranstaltungen wie Konzerte, Töpferkurse und antifaschistische Solidaritäts-Partys.
Unter dem Titel „BSW greift naTo an“ hat sich auch „Die PARTEI“ gegen den BSW-Antrag positioniert. Dieser sei ein „aggressiver Akt, mit dem sie das kulturelle Selbstbestimmungsrecht der Leipziger Kulturförderung zu Schutt und Asche schießen wollen“.
Lob von Rechtsaußen
Unterstützung für den „mutigen Antrag“ haben hingegen die rechtsradikalen „Freien Sachsen“ signalisiert. Die geplante Kürzung dürfe aber nur ein erster Schritt sein. „Die Gelder für Antifa-Zentren gehören vollständig gestrichen.“
Auch die CDU-Fraktion möchte beim Conne Island sparen. In einem eigenen Haushaltsantrag heißt es: „Die von der Stadt gewährte Förderung des Projekt Verein e.V. Conne Island wird auf jährlich 200.000 Euro begrenzt.“
Conne Island, naTo und Werk 2 stehen seit Jahren im Visier konservativer und rechter Kräfte im Stadtrat. Schon im April 2021 hatte die AfD versucht, mehrere hunderttausend Euro zu kürzen, und dabei teilweise Stimmen aus der CDU-Fraktion erhalten.
Chronik der rechtskonservativen Angriffe auf das Conne Island
2023 folgte ein weiterer Versuch. Die AfD hatte beantragt, die geplanten Baumaßnahmen am Conne Island zu streichen. Alle anwesenden CDU-Stadträt*innen stimmten für diesen Antrag.
Die AfD präsentierte anschließend ein Foto vom Abstimmungsergebnis auf ihrer Homepage und kommentierte dieses mit der süffisanten Frage „Aus aktuellem Anlass: Welche Brandmauer?“.
2021 und 2023 gab es im Stadtrat noch eine deutliche Mehrheit links der Mitte, weshalb die von der CDU unterstützten AfD-Anträge chancenlos waren. Seit der Kommunalwahl im Juni sind die Kräfteverhältnisse anders.
Unsichere Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat
Gemeinsam mit dem BSW kommen CDU und AfD auf 32 von 71 Stimmen. Linke, Grüne, SPD und „Die PARTEI“ erreichen zusammen ebenfalls 32 Stimmen. Hinzu kommen Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD), zwei Fraktionslose ohne Parteizugehörigkeit sowie jeweils ein Stadtrat von FDP, Piraten, Freien Wählern und Freien Sachsen.
Ob sich die konservativen Kräfte im Leipziger Stadtrat im dritten Anlauf gegen das Conne Island und andere linksalternative Einrichtungen durchsetzen werden, könnte letztlich ganz simpel davon abhängen, auf welcher Seite an jenem Tag die meisten Stadträt*innen anwesend sind beziehungsweise fehlen.
Anmerkung: Die Aufzählung der Parteizugehörigkeiten im vorletzten Absatz war zunächst fehlerhaft, wurde aber korrigiert.