Redebeitrag auf der Gedenkkundgebung zum 7. Oktober
Der 7. Oktober stellt den größten antisemitischen Angriff seit der Shoa dar. Ein geplanter Mordangriff, mit dem Ziel so viele jüdische Menschen wie möglich zu ermorden, vergewaltigen, erniedrigen und zu traumatisieren.
Der Aufschrei in der deutschen Linken über den brutalen eliminatorischen Angriff der Hamas und ihren vielen Unterstützern aus dem Gazastreifen, hielt nur kurz an. Schnell wurde Israel dämonisiert und zu „Verhältnismäßigkeit“ ermahnt. Die Warnungen der israelischen Verteidigungstruppen an die Zivilbevölkerung um so viele zivile Opfer wie möglich zu vermeiden werden von antiisraelischen Akteuren ignoriert und propagandistisch wird von einer unmenschlich agierenden israelischen Armee gesprochen.
Linke Aktivist*innen reden über den antisemitischen Terroranschlag als wäre er eine „Befreiungsaktion“ und ein „Ausbruch aus dem größten Freiluftgefängnisses der Welt“ und stilisieren die Hamas zu Helden und Befreiungskämpfern und die sich verteidigenden Israelis zu Tätern. Dass diese so genannte „Argumentation“, quasi deckungsgleich zu der von deutschen Faschisten ist wird dabei hingenommen. Der Hass auf jüdisches Leben eint die antiimperialistische Linke, die Hamas sowie rechte und rechtsradikale Parteien und Menschen.
Auch Erfurt wurde im vergangenen Jahr, von lokalen und nicht-lokalen antiimperialistischen Gruppierungen, häufig als Spielwiese für Antisemitismus genutzt. Immer einseitig antiisraelisch und verbunden mit Vernichtungsfantasien gegenüber Israel wie sie Phrasen wie „From the river to sea” zum Ausdruck kommen. Neben diversen Aktionen von der Erfurter Gruppe „Erfurt Unsilenced“, etwa so genannten „Die In’s“, bei denen sich Menschen theatralisch mit roter Farbe beschmiert unter Tüchern verstecken, gehen auch einige antiisraelische Kundgebungen auf das Konto der Gruppe.
Mittlerweile ist die Gruppe auch offiziell eine Hochschulgruppe an der Universität Erfurt, bekommt Zugriff auch auf Mittel des Studierendenrats und Räume der Hochschule. Immer wieder wird versucht auf die Hochschulpolitik Einfluss zu nehmen. Ähnlich wie die Weimarer Gruppe “Bauhaus Unsilenced” versuchte man politische Forderungen und mittels Dämonisierung Israels, Druck auf die Hochschulleitung auszuüben und diese zu Statements zu bewegen. Die Forderungen der Erfurter Gruppe an die Bildungseinrichtung beinhalteten einen sofortigen Waffenstillstand sowie die Einrichtung sogenannter offener Foren in denen die Universität Erfurt Vorträge und Interviews über palästinensische Themen organisieren sollte.
Als Ausgangspunkt wurde dafür genommen, dass die Bauhaus Uni Weimar sowie die Uni Erfurt das Massaker der islamistischen Hamas am 7. Oktober 2023 verurteilten. In der Logik der Palästina-Aktivist:innen sollen die israelischen Antworten auf diesen Angriff ebenfalls verurteilt werden. In der Diskussion darum spielen die Geiseln in Gefangenschaft und das Massaker der Hamas, sowie die Dimension der sexualisierten Gewalt keine Rolle mehr. Stattdessen kehrt man den Diskurs regelrecht um und unterstellt Israel, systematisch sexualisierte Gewalt gegen die Bevölkerunng Gazas einzusetzen.
Enge Kontakte pflegt die Erfurter Gruppe zur SDAJ, die Jugendorganisation der DKP, aber auch zu überregional agierenden streng autoritär organisierten Gruppen aus Leipzig, wie „Handala“ oder „Young Struggle“.
Eben jene organisieren in Leipzig auch die „Aktionswoche für Palästina“ zu der bundesweit mobilisiert wird und die am 07. Oktober, also genau ein Jahr nach dem palästinensischen Terrorakts auf Israel, mit einer antiisraelischen Demonstration endet.
Im Rahmen des dieses Jahr in Erfurt stattgefundenen „System Change Camps“ kam es ebenfalls zu mehreren antisemitischen Vorfällen. Neben Mordandrohungen auf dem Camp selbst kam es durch Campteilnehmer:innen zur Instrumentalisierung einer antirassistischen Demonstration, bei der auch lokale Akteur*innen beteiligt gewesen sind. Das Anliegen der Demonstration staatlichen Rassismus zu benennen wurde bewusst für die antiisraelische Propaganda übergangen. Ein Demokonsens, welcher sich klar gegen israelbezogenen Antisemitismus aussprach, wurde für die eigene Agenda missachtet.
Die Situation im Nahen Osten ist fraglos komplex. Dies anzuerkennen wäre aber Vorraussetzung das dortige Leid beenden zu können. In Stellungnahmen zum Konflikt wird einerseits der offene Rassismus gegen Migrant:innen mit der Täter-Opfer-Umkehr und einer antisemitischen Dämonisierung Israels ins Feld geführt. Dies ist einerseits hinderlich für eine Thematisierung des offenen Rassismus in Bezug auf den Nahostkonflikt und dient gleichzeitig der Immunisierung von Kritik an eigenen Positionen.
Die Vorwürfe gegen Israel reichen von “Apartheid” und “Genozid”, als offene Dämonisierung des jüdischen Staates. Gleichzeitig wird denen, die nicht hinter den Forderungen der Palästina-Aktivist:innen stehen, gerne unter diesen Aspekten inflationär Rassismus vorgeworfen.
Eben jener Vorwurf wird auch gegen diverse antifaschistische Erfurter Gruppen und Personen genutzt, weil diese den Terrorakt der Hamas als antisemitisches Massaker benennen und weil sie sich hinter das Existenzrecht Israels stellen.
Dass dieses Existenzrecht als Schutzraum nötiger denn je ist, zeigt uns der weltweit steigende Antisemitismus, seit inzwischen genau einem Jahr.
Und solange „Nie wieder!“ zu einer hohlen Phrase verkommen ist, die auch Antisemit:innen losgelöst instrumentalisieren, bedarf es der bedingungslosen Solidarität mit Israel als Basis für Antifaschismus.
Dass Israel existiert und verteidigt wird, ist so lange eine Notwendigkeit, wie es Antisemitismus gibt. Dabei kann er als Staat auch kaum ein mustergültiger edler Leuchtturm der Menschlichkeit sein, zu dem ihn (Liberale und) einige Antideutsche zurzeit verklären. Aber dieser Staat ist der einzige Schutzraum für jüdisches Leben auf dieser Welt. Auf dass so etwas wie Auschwitz nie wieder passieren kann.
Für das Leben und gegen den Todeskult des Islamismus!