Bautzener Kreistag schafft Ausländerbeauftragten ab – auf Antrag der AfD
Wie läuft die Arbeit im neuen Bautzener Kreistag? In der ersten Sitzung zeigt sich: Die AfD erhält in mehreren Punkten Unterstützung aus anderen Fraktionen.
In ihrer ersten konstituierenden Sitzung am Abend des 19. August 2024 haben es sich die neuen Bautzener Kreisräte gleich mal richtig gegeben: Mit einer Dauer von sechs Stunden plus halbstündiger Pause war die erste Kreistagssitzung nicht nur lang, sondern auch voll von Debatten und Abstimmungen. Sächsische.de fasst die wichtigsten im Überblick zusammen.
Kreistag verschiebt Wahl der stellvertretenden Landräte
Eigentlich stand die Wahl des ersten und zweiten ehrenamtlichen Stellvertreters des Landrates auf der Tagesordnung. Doch die CDU-Fraktion beantragte, diesen Punkt abzusetzen. Sie wolle Bewerber für diese Ämter erst kennenlernen, heißt es in der Begründung. Der Kreistag stimmte diesem Antrag mehrheitlich zu.
Gegenstimmen kamen von Grünen und Linken, etwa Kreisrat Alex Theile. Er vermute hinter dem Antrag verborgene Vereinbarungen zwischen CDU und AfD. Dieser Verdacht habe auch ihn beschlichen, äußerte SPD-Kreisrat Gerhard Lemm. Vielleicht sei ja aber der Meinungsbildungsprozess innerhalb der CDU tatsächlich noch nicht abgeschlossen. Schließlich würde er, so Lemm, zumindest manchen CDU-Vertretern die „Wahl eines rechtsextremistischen Stellvertreters“ nicht zutrauen.
Landrat Udo Witschas (CDU) hatte im Vorfeld der Kreistagssitzung gesagt, es gebe noch keine konkreten Bewerber für die Stellvertreter. Allerdings hätten AfD, CDU und Freie Wähler bekundet, Kandidatenvorschläge einbringen zu wollen.
Fraktionsbildung im Kreistag noch nicht abgeschlossen
Bisher stehen fünf Fraktionen im neuen Bautzener Kreistag fest:
die AfD-Fraktion mit 32 Kreisräten und Heike Lotze als Vorsitzender
die CDU-Fraktion mit 25 Kreisräten und Matthias Grahl als Vorsitzendem
die Fraktion der Freien Wähler mit zehn Kreisräten und Roland Dantz als Vorsitzendem
die Fraktion des Bündnisses Sahra Wagenknecht mit acht Kreisräten und Kathleen Liebschner als Vorsitzender
die SPD-Fraktion mit sechs Kreisräten und Thomas Delling als Vorsitzendem
Die Linken, die Grünen und die Liste Freie Sachsen/Bündnis Oberlausitz mit jeweils drei Kreisräten sowie die FDP mit zweien können keine eigene Fraktion bilden. Das schreibt die neue Geschäftsordnung des Kreistages vor. Diese orientiert sich an der Ende Mai 2024 geänderten Sächsischen Landkreisordnung. „Kreisräte können sich zu Fraktionen zusammenschließen, sofern diese fünf Prozent der Kreisräte, mindestens jedoch zwei Personen, umfassen“, heißt es dort.
Im Falle des Bautzener Kreistages mit insgesamt 92 Sitzen sind also fünf Kreisräte für eine Fraktion erforderlich. Ursprünglich wollte die Kreisverwaltung Fraktionen mit mindestens zwei Kreisräten zulassen, aber laut der eigenen Rechtsaufsicht sowie einer Mitteilung vom sächsischen Innenministerium sei das nicht zulässig, erklärte Landrat Udo Witschas.
Die Freien Wähler beantragten, den Beschluss zur neuen Geschäftsordnung von der Tagesordnung abzusetzen. Kleinere Gruppierungen würden sonst diskriminiert, begründeten sie. Die Linken schlossen sich diesem Antrag an, der jedoch mehrheitlich abgelehnt wurde. Letztlich stimmte der Kreistag der neuen Geschäftsordnung mehrheitlich zu.
Bis zum 16. September müssen nun alle bislang fraktionslosen Kreisräte mitteilen, ob und welchen Fraktionen sie sich anschließen oder welche gemeinsamen Fraktionen oder Gruppen sie bilden. Auf dieser Grundlage soll dann in der Kreistagssitzung am 30. September die Besetzung der Ausschüsse stattfinden.
Auf AfD-Antrag kein Ausländerbeauftragter mehr
Die emotionalste Debatte in der ersten Kreistagssitzung war mit einem AfD-Antrag verbunden. Die Fraktion beantragte, den Ausländerbeauftragten aus der Hauptsatzung zu streichen. Diese Stelle sei nicht mehr vorgeschrieben, und so könne der Kreis Geld sparen, begründete die AfD den Antrag.
Laut dem Sächsischen Integrations- und Teilhabegesetz soll es künftig hauptamtliche kommunale Beauftragte dafür geben. Diese, so die AfD, müsste der Freistaat auch bezahlen, und so erübrige sich die Stelle des Ausländerbeauftragten. Zudem würden sich bereits Ordnungs- und Ausländeramt ausreichend um Belange von im Landkreis lebenden Ausländern kümmern. Heike Lotze beantragte noch, dass über diesen Antrag geheim abgestimmt wird.
Grüne und Linke erklärten, dem AfD-Antrag nicht zuzustimmen. CDU-Kreisrat Thomas Martolock fragte nach den Gründen für die geheime Abstimmung. Damit jeder nach seinem Gewissen abstimmen könne, antwortete Heike Lotze. Und dass es anderenfalls einen Aufschrei geben könnte, weil es sich um einen Antrag der AfD zu einem Ausländerbeauftragten handelt.
Der AfD-Antrag auf geheime Abstimmung wurde mehrheitlich angenommen. Ihm stimmten neben den anwesenden AfD-Kreisräten die drei Vertreter der Freien Sachsen/Bündnis Oberlausitz, Landrat Witschas, sechs CDU-Kreisräte sowie ein Kreisrat der Freien Wähler zu.
Dieses Verfahren sei möglicherweise rechtswidrig, sagte SPD-Kreisrat Gerhard Lemm. Denn nicht der Kreistag, sondern der Landrat als Sitzungsleiter habe zu entscheiden, ob es einen wichtigen Grund für eine geheime Abstimmung gebe. Dem stimmte Alex Theile (Die Linke) zu.
Schließlich stimmten von den anwesenden Kreisräten 47 dafür, den Ausländerbeauftragten aus der Hauptsatzung des Landkreises Bautzen zu streichen, 30 votierten mit Nein und sieben enthielten sich.
AfD-Kandidaten gewinnen Wahlen im Kreistag Bautzen
Dieser Beschluss war nicht der einzige, bei dem die AfD Unterstützung aus anderen Fraktionen erhielt. Auch bei der Wahl von Mitgliedern in verschiedene Gremien stimmten Kreisräte anderer Fraktionen für AfD-Vertreter. So setzte sich Frank Peschel (AfD) bei der Wahl als Mitglied der Gesellschafterversammlung der Marketinggesellschaft Oberlausitz/Niederschlesien mit 46 zu 36 Stimmen gegen Jan Budar (FW/Sorbische Wählervereinigung) durch.
In die Verbandsversammlung des Zweckverbandes Lausitzer Seenland Sachsen wählten die Kreisräte Karsten Hilse (AfD) mit 44 Stimmen. FW-Kandidat Christian Kobalz erhielt 40 Stimmen. Heike Lotze (AfD) wurde zudem mehrheitlich in die Landkreisversammlung des Sächsischen Landkreistages gewählt. Die Kreisräte von SPD, Linken und Grünen stimmten dagegen.