Arbeit-Arbeit…
Arbeit-Arbeit
Ich habe gerade den Text „Gegen die Arbeit und gegen die Arbeitslosigkeit!“ gelesen. Geschrieben von einigen Menschen der OAV – und Friends, ich nenne sie mal die AG-Arbeit. Das schönste an dem Text ist, dass ich dadurch den Ursprungstext „Statement einer Arbeitsverweigerin“ gefunden habe, auf den sich bezogen wird.
Ich empfehle ihren Text selbst zu lesen, da sich im Endeffekt leider wenig auf diesen bezogen wird, obwohl er relativ kurz ist. Aus der Ich-Perspektive schreibt sie über ihre Arbeitsverweigerung, bewegt durch ein Problem mit dem wir Arbeitslosen viel zu kämpfen haben: Und zwar der Hetze gegen unsere Arbeitslosigkeit – auch aus unserem Umfeld.
Und an dieser Stelle hat die AG-Arbeit nichts Besseres zu tun, als diese Hetze mitzutragen. Es wird paternalistisch darüber geredet, was Arbeitslose in ihrer Situation empfinden und darüber sagen – während es möglich wäre gegenteilige Wortmeldungen aus dem Text der Arbeitsverweigerin zu zitieren. AG-Arbeit: „[…]Wir müssen unsere Arbeitskraft verkaufen, um im Kapitalismus nicht zu verhungern oder vor dem Sozialamt zu kriechen. Menschen in der Arbeitslosigkeit wollen aufgrund des Drucks durch das Jobcenter, der finanziellen Armut und des gesellschaftlichen geringen Ansehens meistens nur aus diesem Zustand heraus. Den meisten Menschen wollen daher diese Lebensrealität unbedingt vermeiden, insbesondere wenn sie Kinder haben, für deren Gesundheit und Sicherheit sie sorgen müssen. […]“
Die Gründe für Arbeitslosigkeit dagegen sollen scheinbar „[…] der Wunsch aus der Leistungsgesellschaft auszusteigen, mit der kapitalistischen Verwertungsideologie zu brechen, nicht für den Staat oder den Reichtum der Chefs zu arbeiten oder einfach, weil man keinen Bock auf Arbeiten hat[..]“ sein. Stimmt wohl. Dass Menschen aber auch nicht-arbeiten, weil sie dadurch mehr Zeit haben ihr Leben selbst zu gestalten, wird gar nicht miteinbezogen. „[…]Im Gegensatz dazu bietet Arbeiten auch Möglichkeiten für revolutionären Aktivismus[…]“ Ja, ich weiß ich kann „[…]dadurch auf Augenhöhe mit unseren Mitmenschen diskutieren, beispielsweise auch zu Themen die mit der Arbeitswelt gar nichts zu tun haben, wie Sexismus oder Klimakrise (halt alle Themen, über die sich in den Raucherpausen und beim Feierabendbier so unterhalten wird).[…]“ . . . Als Arbeitslose:r kann ich den ganzen Tag mit meinen Mitmenschen über Themen sprechen, die nichts mit der Arbeitswelt zu tun haben, außer natürlich mit denjenigen, die gerade in Fabrik, Home-Office, und co.sind. Dafür sind meine Gesprächspartner_innen nicht durch ein Zwangskollektiv vorbestimmt.
Es stimmt natürlich, dass Arbeit eine Option ist, und für viele ist es die einfachste Option, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. So ist dieses System ja auch designt. Genauso ist es in diesem System einfacher und repressionsärmer sich nach der Norm auszurichten und opportunistisch mitzuschwimmen, anstatt Widerstand zu leisten. Auch wenn es revolutionäre Möglichkeiten bietet in einem Arbeitsverhältnis zu sein, so ist es auch schwierig diese zu nutzen. Denn es bedeutet die Saboteur:in oder Aufwiegler:in zu sein, die immer wieder riskiert in den Fokus von Kündigung und Repression zu kommen, oder von firmentreuen Mitarbeitenden denunziert zu werden. Ist diese revolutionäre Form das Arbeitsverhältnis zu nutzen, wirklich weniger belastend als die Arbeitslosigkeit? Wenn der wilde Streik oder Generalstreik Perspektiven sind, dann verstehe ich nicht, warum hier arbeitende Genoss:innen gegen arbeitslose Genoss:innen ausgespielt werden, anstatt die Frage zu stellen „Wie können sich Arbeitende und Arbeitslose zusammen organisieren?“ „Zu welchem Zweck wird zur Arbeit gegangen?“ „Wo beginnt bürgerliche Eigenbrödlerei?“ und „Wer kann überhaupt arbeiten?“ Denn auch diese letzte Frage wird überhaupt nicht miteinbezogen. So heißt es am Anfang: „[…] Wer mal ein paar Monate oder Jahre Auszeit will, soll sich das selbstverständlich gönnen. Aber ein Ausstieg aus dem Arbeitsleben ist weder revolutionär, noch ist es eine Perspektive für einen nachhaltigen Aktivismus. […]“ Die Arbeit als Leistungserwartung wird akzeptiert, und Arbeitslosigkeit verkommt zu einer Auszeit. Dass manche Menschen nicht arbeiten können, wird im ganzen Text nicht behandelt. Es werden mehrfach psychische Probleme und Drogensucht in den Zusammenhang mit Arbeitslosigkeit gebracht. Doch wird nicht gesagt, dass sie der Grund für Arbeitslosigkeit sein können. Es wird so getan als wären sie ausschließlich Folgen, von einer Arbeitsverweigerung, die damit anfing, dass jemand „[…]keinen Bock auf Arbeit hat.“ Da sagen selbst die erwähnten Quellen etwas anderes, die von staatlichen Institutionen wie dem Robert-Koch-Institut und dem Universitätsklinikum-Eppendorf kommen. Bei einem Bezug auf solche Quellen wundert es nicht, dass eine Kritik an dem gesellschaftlichen Leistungsdruck, welcher die Arbeitslosigkeit belastend macht, hinten ab fällt. Den „Verrat“ den laut AG-Arbeit, manche arbeitslosen Genoss:innen denjenigen vorwerfen würden, die anfangen zu arbeiten, könnten wir auch hier begründen. Diejenigen die sich an den steigenden Leistungsdruck anpassen und (lohn-)arbeiten, können dies — diejenigen die dies nicht können, sind damit noch ausgelieferter. Wenn nun noch die Unterstützungsarbeit für kranke Genoss:innen für das eigene Arbeitsverhältnis geopfert wird, wäre dies auch aus meiner Perspektive Verrat. Doch könnten wir neben die psychischen Folgen der Arbeitslosigkeit auch die krankmachenden Effekte der Arbeit stellen. In ihrem Text erwähnt die Arbeitsverweigerin dazu vergangene Beobachtungen von Arbeitenden: „[…]Ihr Zustand erinnerte mich eher an ein verbissenes funktionieren. Ähnlich einem Roboter (nur dass ein Roboter zumindest nicht verbissen wäre und nicht diese latente Wut ausstrahlen würde). Ohne Gefühl oder Mitgefühl, auch nicht mit sich selbst.[…]“ (Tatsächlich kommt Roboter von dem tschechischen Wort rabota für „(Frohn-)Arbeit“, welches von rab für „Sklave“ kommt)
Dass Arbeit verschiedenste gesundheitliche Probleme hervorruft von verspannten Schultern, über Wirbelschäden, zu Herz-Problemen, Burn-Out, (schweren) Arbeitsunfällen, Missbrauch durch Vorgesetzte, davon wird wenig geredet. Von einer 40-Stunden Woche wird, für die Gesundheit, in einem Satz abgeraten, gefolgt von einem Werbe-Absatz über die positiven Folgen der Arbeit…
Aber auch die Arbeitsverweigerin ist nicht gänzlich gegen Arbeit: „[…]Arbeit ist ein Grundbedürfnis. Befriedigt euch das. Ihr glaubt nicht, was es für einen Rausch erzeugt, etwas was euren Neigungen enstpricht zu tun und dann zu erfahren wie ihr besser darin werdet. Euch an eurem fertigen Werk zu erfeuen. Und darüber hinaus eventuell auch anderen Menschen eine Freude damit machen zu können.[…]“ Ich teile natürlich nicht alles was die Arbeitsverweigerin sagt, so fänd ich es spannend eine sozialere Perspektive miteinzubringen, die eine Langzeitarbeitslosigkeit braucht, oder ein Miteinandern unter Prekären, ob sie jetzt arbeiten oder nicht, mit revolutionärer Perspektive. Doch bleibt ihr Text ein persönliches Statement inklusive eigener Erfahrungen, und keine theoretische Analyse.
Zum Schluss ist es noch wichtig zu wiederholen, „[…]In letzter Zeit gibt es einen neuen Wind gegen „Arbeitslose“.[…]“ Was soll das? Warum schließen sich “einige Menschen der OAV – und Friends“ dem an, und grenzen sich ab? Ich dachte soetwas kommt aus bürgerlich-konservativem Lager?
Wenn ihr euch exklusiv in euren Arbeitskreisen organisiert, wie es eure letzte Zeile vorschlägt, anstatt uns zu euren Streiks einzuladen – werdet ihr dann auch einfach zuschauen, wenn der Staat uns härter sanktioniert und aussortiert?
Statement einer Arbeitsverweigerin https://de.indymedia.org/node/338824
Gegen die Arbeit und gegen die Arbeitslosigkeit! https://knack.news/10071