Unterstützer von Palästina und Israel demonstrieren am Samstag in Leipzig

Der Nahostkonflikt hat am Samstag zahlreiche Menschen in Leipzig auf die Straßen getrieben. Am Leipziger Hauptbahnhof standen sich eine Pro-Palästina- und eine Gegendemonstration gegenüber.

Am Samstagnachmittag haben in Leipzig mehrere Hundert Menschen auf unterschiedlichen Seiten Partei im Nahostkonflikt bezogen. Dabei sind sich pro-palästinensische Demonstrierende und Gegendemonstranten mit Solidarität für Israel am Hauptbahnhof gegenübergestanden.

Vom Stadtteilpark Rabet bis zum Wilhelm-Leuschner-Platz zog die Demonstration „Stoppt den Genozid in Gaza, stoppt die Besatzung Palästinas“ von 13.30 Uhr bis zum späten Nachmittag. Der Protest wurde von der umstrittenen Gruppierung „Handala Leipzig“ organisiert. An dem Marsch sollen laut Polizei rund 500 Menschen beteiligt gewesen sein. Den Demonstrierenden schlossen sich laut Leipziger Polizei später auch die Protestierenden der Demo „Nein zum Rassismus“ an, die am Nachmittag am Kleinen Willy-Brandt-Platz startete. Sie soll nach Polizeischätzung rund 60 Menschen umfasst haben.

Gegenprotest empfindet Palästina-Demo als Provokation

Anlässlich des internationalen Gedenktages der Opfer des Holocaust versammelten sich parallel dazu auch Demonstranten am Wintergarten-Hochhaus in der Nähe des Leipziger Hauptbahnhofs. Rund 200 Menschen protestierten hier ab 14 Uhr nach Polizeiangaben gegen Antisemitismus, den die Veranstalter auch in der pro-palästinensischen Demonstration verorten.

Eine Kooperation aus dem Jungen Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und dem reclaim-antifa-Bündnis organisierte diese mit Israel solidarische Gegenveranstaltung „Erinnern heisst, Antisemitismus bekämpfen“. Sie positionierten sich bewusst entlang der Route der Pro-Palästina-Demo, betonte ein Sprecher. Ihren Angaben zufolge seien bei vergangenen Demos der „Handala“ auch eindeutig antisemitische Äußerungen gefallen. Die Gruppierung „Handala Leipzig“ wird unter anderem dafür kritisiert, dass sie den Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023 auf Israel als Widerstand verkläre.

Vor dem Hintergrund des Holocaust-Gedenktages empfanden die Gegendemonstranten die Pro-Palästina-Demo am Samstag als Provokation. „Wir haben uns anlässlich des Holocaust-Gedenktages versammelt, um der Ermordeten zu gedenken und zu zeigen, welche Gruppen durch die Stadt ziehen, die antisemtische Narrative verbreiten“, so der Sprecher weiter.

Nachfragen der LVZ bei den Organisatoren der pro-palästinensischen Proteste blieben am Samstag unbeantwortet.

Polizei registriert Beleidigung und ermittelt wegen Vermummung

Gegen 15 Uhr trafen beide Demonstrationen aufeinander, die Polizei trennte sie klar ab. Dennoch kam es zu Spannungen, laut Polizei wurde auch eine Beleidigung registriert. Zudem wurden Ermittlungen wegen Verstoßes gegen das Vermummungsverbot auf beiden Seiten eingeleitet.


Janina Papst Mopo 27.01.2024

1000 Menschen bei Pro-Palästina-Demo in Leipzig – auch Gegenproteste

Leipzig – Am Samstagnachmittag zogen rund 1000 Menschen im Rahmen einer Pro-Palästina-Demo durch Leipzig.

Die Leipziger Gruppe Handala hatte zu dem Aufzug aufgerufen, welcher gegen 13.30 Uhr am Rabet auf der Eisenbahnstraße startete und im weiteren Verlauf über den Augustusplatz bis hin zum Wilhelm-Leuschner-Platz zog.

Zuvor war mit Slogans wie „Stoppt den Genozid in Gaza!“ und „Stoppt die Besatzung“ zur Versammlung aufgerufen worden.

In der Vergangenheit hatte die Gruppe Handela mit antisemitischen Parolen, wie etwa auf Instagram mit „From the River to the Sea“, für Aufsehen gesorgt.

Kontrovers: Die Demo am heutigen Samstag fällt genau auf den offiziellen Gedenktag der Opfer des Nationalsozialismus. Am 27. Januar 2024 jährt sich die Auschwitz-Befreiung zum 79. Mal.

Auf Höhe des Hauptbahnhofs stellten sich dem Aufzug Hunderte Gegendemonstranten, viele davon ausgestattet mit Israel-Flaggen, in den Weg. Die Polizei zeigte entlang der Route Präsenz und trennte die beiden Lager.

Bereits am Mittwoch hatte in Leipzig eine Pro-Palästina-Demo stattgefunden, an der Klimaaktivistin Greta Thunberg (21) teilgenommen hatte.


Leon Meckler LVZ 27.01.2024

Proteste gegen Verschärfung des Asylrechts in Leipzig

Unter dem Motto „Nein zum Rassismus“ zogen am Samstag etwa 80 Demonstrierende durch die Leipziger Innenstadt. Sie protestierten gegen die Politik der AfD und der Regierungsparteien, sowie gegen eine Reform des europäischen Asylsystems.

Am Samstagnachmittag sind etwa 60 Menschen vom Willy-Brandt-Platz durch die Leipziger Innenstadt gezogen, um gegen Rechtsextremismus und Verschärfungen des Asylrechts zu protestieren. Die Demonstration unter dem Titel „Nein zum Rassismus“ verlief dabei ohne weitere Störungen, wie die Polizei Leipzig mitteilte.

Als Anlass sahen die Organisatoren nicht nur die Pläne von Rechtsextremen und AfD, nach einem Wahlsieg viele Menschen auszuweisen, sondern auch das aus ihrer Sicht zunehmend „rassistische und menschenfeindliche“ Auftreten von SPD und Grüne. Zudem wurde die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) in den Redebeiträgen kritisiert. Laut Demo-Veranstaltern seien die massivste Einschränkung des EU-Asylrechts die Folge.

Zum Auftakt der Kundgebung am Kleinen Willy-Brandt-Platz sprachen unter anderem Vertreter und Vertreterinnen des Studierendenkollektivs, des Frauenkollektivs und von der Organisation „Gemeinsam kämpfen“. Später zogen die Protestierenden zum Augustusplatz, wo sie sich laut Polizei der parallel stattfindenenden Pro-Palästina-Demo „Stoppt den Genozid in Gaza, stoppt die Besatzung Palästinas“ anschlossen.


Katharina Rögner  LVZ 28.01.2024

Antisemitismusbeauftragter der Uni Leipzig will Dialog – Kritik an Auftritt von Greta Thunberg

Nach mehreren antisemitischen Vorfällen unter Studierenden der Uni Leipzig ist seit Jahresanfang ein neuer Antisemitismusbeauftragter im Amt. Er will Gespräche mit verschiedenen Gruppen führen.

Der Leipziger Religionssoziologie Gert Pickel setzt im Kampf gegen Antisemitismus an der Universität Leipzig auf Gespräche mit verschiedenen studentischen Gruppen. Der differenzierte und persönliche Austausch sei enorm wichtig, sagte Pickel: „Wenn nicht an einer Universität, wo denn sonst, sollte ein Dialog und eine differenzierte Argumentation der Positionen möglich sein.“ Diskussionsformate spielten eine wichtige Rolle.

Pickel ist seit wenigen Tagen erster Antisemitismusbeauftragter der Universität Leipzig. Er sei vor allem ein Ansprechpartner für jüdische Studierende und Mitarbeitende, sagte der Soziologe. Die Unterstützung beim Schutz von jüdischen Mitgliedern der Universität habe absolute Priorität.

Mehrere antisemitische Vorfälle an der Uni Leipzig

Als Beauftragter könne er zwar nicht direkt eingreifen wie etwa die Universitätsleitung. Er stehe aber mit dem Rektorat der Uni im engen Austausch. Das neue Amt ist eine Reaktion auf antisemitische Vorfälle an der Leipziger Hochschule in den vergangenen Wochen.

Jüdische Studierende fühlen sich nach eigenen Angaben an der Universität nicht mehr sicher. Dies sei „in der Tat nicht akzeptabel“, sagte Pickel. Zum einen widerspreche das dem Grundgesetz und Menschenrechtskonventionen, die allen Mitgliedern von Religionsgemeinschaften Schutz und eine freie Religionsausübung zusichern. „Zum anderen müssen wir in Deutschland aufgrund unserer Geschichte besonders sensibel auf antisemitische Vorfälle reagieren“, sagte er.

Greta Thunberg wertet „Handala“-Bündnis auf

Die Folgen des Angriffs der Hamas auf Israel im Oktober 2023 habe „bereits bestehende Konfliktlinien mobilisiert“. Problematisch sei, „wenn vollkommen berechtigte Solidaritätsbekundungen mit der palästinensischen Bevölkerung in Israel-bezogenen Antisemitismus umschlagen“, sagte Pickel.

Zum überraschenden jüngsten Auftritt der Klimaaktivistin Greta Thunberg bei einer Pro-Palästina-Demonstration am Mittwoch in Leipzig sagte der Soziologe: „Der Besuch von Greta Thunberg wertet sicher die Demonstrationen des ‚Handala-Bündnisses’ auf.“ Zudem sei „problematisch“, dass sie den Begriff des Genozids verwendet habe.

Das unterstelle Israel einen gezielten und geplanten Völkermord. Selbst bei begründeten Argumenten gegen Maßnahmen des israelischen Militärs, sei dieser Vorwurf nicht gerechtfertigt, sagte Pickel. Insgesamt bleibe der Auftritt Thunbergs „etwas rätselhaft, aber das sollte jedem Menschen auch mal zugestanden sein“. Das Leipziger „Handala-Bündnis“ spricht dem Staat Israel das Existenzrecht ab.


Mathias Wöbking LVZ 25.01.2024

Rätselraten um Greta Thunbergs Besuch in Leipzig

Greta Thunberg in Leipzig: Am Tag danach wird gerätselt, wie es zum überraschenden Auftritt bei einer Pro-Palästina-Demo kam. „Fridays For Future“ spricht von „privater Reise“ – Politiker üben Kritik.

Die Antwort aus dem Leipziger Rathaus fällt denkbar knapp aus: „Oberbürgermeister Burkhard Jung äußert sich nicht zu Greta Thunberg“, schreibt sein Sprecher per E-Mail. Am Mittwoch hatte die 21-jährige Schwedin überraschend erstmals eine Rede in Leipzig gehalten. Auf dem Marktplatz hatte sie unter anderem gesagt: „Niemand kann still bleiben, wenn es einen fortwährenden Genozid gibt.“ Rund 300 Menschen waren einem Aufruf des pro-palästinensischen Handala-Bündnisses und der Gruppe „Global South United“ gefolgt. Beide Initiativen hatten in den vergangenen Monaten Sympathien für die Hamas gezeigt, nachdem die Terrororganisation Israel überfallen hatte.

Als die LVZ die Nachricht über Thunbergs unerwarteten Besuch per Push-Meldung verbreitete, brummten auch im Neuen Rathaus die Mobiltelefone. Dort tagte zu diesem Zeitpunkt der Stadtrat. Getuschel in den Reihen, Abgeordnete zeigten sich gegenseitig ihre Handys. Der Linken-Politiker Michael Neuhaus reagierte besonders schnell. Auf der Plattform „X“ twitterte er kurz nach 18 Uhr: „Greta Thunberg nimmt gerade in Leipzig an einer Demo von Handala teil, einer Organisation, die das Massaker an Jüdinnen und Juden am 7. Oktober gefeiert hat. Daneben Fahnen von Young Struggle, die auch mal posten ,Stalin ist unsterblich‘. Nicht die Helden, die wir brauchen.“

Von wortkarg bis distanziert

Nur mal angenommen, Greta Thunberg wäre irgendwann vor Oktober nach Leipzig gereist, zu einer Zeit, in der die Erfinderin der „Schulstreiks fürs Klima“ und Begründerin der Bewegung „Fridays For Future“ (FFF) noch eine globale Heldin war – bevor sie Israel einen Völkermord vorgeworfen hatte: Die Stadtpolitik hätte sich wohl gern mit ihr getroffen. Immerhin war es die Leipziger FFF-Ortsgruppe gewesen, die 2019 zusammen mit dem Jugendparlament vorgeschlagen hatte, den Klimanotstand auszurufen – was der Stadtrat dann auch tat.

Doch jetzt gibt sich nicht nur OBM Jung wortkarg. Die Sätze, die die Leipziger FFF-Sprecherin Lene Winkler am Telefon sagt, wirken vorformuliert: „Soweit wir wissen, war Greta Thunberg auf einer privaten Reise in Leipzig und hat sich als Privatperson an dieser Demonstration beteiligt.“ Man habe im Vorfeld und in Leipzig keinen Kontakt zu ihr gehabt, zu ihrer Motivation müsse man sie selbst fragen. „Greta hat in Deutschland genau dieselbe Versammlungsfreiheit wie alle anderen Menschen.“ Nachdem Thunberg vergangenes Jahr erstmals neben einem „Free Palestine“-Plakat posiert hatte, hatte sich die deutsche FFF-Dachgruppe davon distanziert.

„Eine sehr berühmte Persönlichkeit“

Warum kam sie ausgerechnet nach Leipzig und sagte fast niemandem Bescheid? Wie kam sie hier an – trotz Bahnstreiks? Die Fragen lassen sich bislang nicht beantworten. Die Organisatoren der Kundgebung reagieren nicht auf Fragen der LVZ. Thunberg selbst sprach nur von „einer spontanen Entscheidung“. Versammlungsbehörde und Polizei wurden von ihrem Besuch überrascht. Offenbar hatte eine Handala-Vertreterin bei der Demo-Anmeldung zwar gesagt, dass „vielleicht eine sehr berühmte Persönlichkeit“ auftauche. Aber ohne einen Namen zu nennen.

Merkwürdig ist am Tag danach, dass in den sozialen Netzwerken weder Handala noch „Global South United“ mit ihrer Starrednerin hausieren gehen. Auf Instagram veröffentlichen zwar beide Gruppen ein kurzes Video von der Demo. Aber es zeigt den Auftritt einer anderen Rednerin. War das die Abmachung mit Thunberg? Sie erwähnt den Leipzig-Besuch auf ihren Kanälen ebenso wenig.

Ein Demo-Besucher, der anonym bleiben möchte, spricht immerhin mit der LVZ: „Dass so eine Person mit hehren Prinzipien zu uns steht – das finde ich wunderbar“, sagt er. Es handelt sich um einen in Leipzig lebenden Palästinenser, der in einem Flüchtlingslager im Libanon aufgewachsen war. „Kein Mensch, der Menschlichkeit besitzt, kann dazu schweigen“, fügt er an. Thunberg hatte es in ihrer kurzen Rede ähnlich formuliert: „Auf der Seite Palästinas zu stehen, ist menschlich“, waren ihre Worte.

Genozid-Begriff dämonisiert Israel

Gert Pickel ist seit Beginn der Woche Antisemitismusbeauftragter der Universität Leipzig. „Zweifelsohne wertet der Besuch von Greta Thunberg die Demonstrationen des Handala-Bündnisses auf“, sagt der Professor für Religionssoziologie. „Konzentriert man sich auf ihre Rede, so ist das meiste Gesagte mit der Meinungsfreiheit vereinbar. Dies gilt für das Anprangern von Diskriminierung und Rassismus wie für die Solidarisierung mit Palästina.“ Pickel stört sich jedoch vor allem daran, dass Thunberg von einem „Genozid“ sprach und Israel damit einen „gezielten und geplanten Völkermord“ unterstelle.

„Selbst bei einer begründeten Anprangerung des Abstellens von Wasser und Strom für Palästina durch das israelische Militär kann aus den bisherigen Handlungen nicht auf einen Plan der Vernichtung aller Palästinenser ausgegangen werden“, erklärt er. Israel werde mit dem Genozid-Begriff dämonisiert und mit einer Doppelmoral bewertet. Für den Wissenschaftler bewegte sich Thunbergs Rede im Grenzbereich. Er spricht von einem „antisemitischen Touch“, insbesondere in Kombination mit den „Free Palestine“-Rufen, die der prominente Gast mitskandierte.

„Uns macht das wütend“

Ähnlich sieht es der Leipziger Juso-Co-Vorsitzende Mats Rudolph: „Da muss die Frage erlaubt sein, welchen Wert Thunbergs Distanzierungen von Antisemitismus haben“, sagt er. Ihr Aufkreuzen bei Handala sei „schockierend“. Die Vorsitz-Kollegin Hannah Lilly Lehmann beklagt: „Das Ganze passiert in einer Stadt, an deren Universität sich jüdische Studierende nicht mehr sicher fühlen.“ Mareike Engel von den Jusos Sachsen fürchtet um das Ansehen der Klima-Bewegung. „Uns macht das wütend. Gerade jetzt braucht es jede Unterstützung im Kampf gegen die Investitions- und Schuldenbremse und für eine klimagerechte Welt.“

Der Image-Schaden für „Fridays For Future“ hatte sich bereits Mittwochabend zum Beispiel in einem Tweet des Dresdner CDU-Stadtrats Mario Schmidt gezeigt: „Vielleicht war das mit dem Schulstreik doch keine so gute Idee, offenbar fehlt ihr ja ’ne ganze Menge Wissen, welches man in der Schule vermittelt bekommt“, schrieb er und schlussfolgerte: „Greta Thunberg ist eine lupenreine Antisemitin.“