Wie Rechtsextremisten die queere Szene und CSDs in der Oberlausitz bedrohen

Rechtsextreme in Sachsen mobilisieren immer stärker gegen Christopher Street Days, um ihre Queerfeindlichkeit zu demonstrieren. Die Oberlausitz steht dabei besonders im Fokus, wie die jüngste Veröffentlichung des Kulturbüros „Sachsen rechts unten 2025“ zeigt.

Für die extrem rechte Szene bekommen Queerfeindlichkeit und Antifeminismus eine immer größere Bedeutung. Das erklärt das Kulturbüro Sachsen anlässlich der Veröffentlichung von „Sachsen rechts unten 2025“. Denn in der jährlichen Publikation stehen Queerfeindlichkeit und Antifeminismus als Kernideologie rechtsextremen Denkens im Fokus. Diese ist in Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen und der Amadeu Antonio Stiftung entstanden.

„Nicht erst seit den queerfeindlichen Aufmärschen zu den Christopher Street Days (CSDs) 2024 in Bautzen und Leipzig ist klar, dass Queerfeindlichkeit gerade ein großes, wenn nicht gar das größte Mobilisierungspotenzial für die extreme Rechte hat“, teilt das Kulturbüro mit. Sächsische.de erklärt, warum diese Themen für die rechtsextreme Szene so wichtig sind, welche Gruppen in den Landkreisen Bautzen und Görlitz relevant sind und wie sie vorgehen.

Was bedeutet queerfeindlich und antifeminin?

Für das Kulturbüro stellen Queerfeindlichkeit und Antifeminismus Angriffe auf eine offene und demokratische Gesellschaft dar. Schließlich sei Gleichberechtigung ein elementares Grundrecht im demokratischen Rechtsstaat. Das gelte für geschlechtliche Zugehörigkeit und das Verbot von Benachteiligung aufgrund von Merkmalen wie sexueller Orientierung.

Queerfeindlich sei demnach, wer Menschen diskriminiert, die queer sind, als queer wahrgenommen werden oder von den gesellschaftlichen Regeln und Normen zu Sexualität und Geschlecht abweichen. Wie die Vorsilbe „anti“ schon verrät, ist der Antifeminismus ein Gegensatz zum Feminismus und richtet sich also gegen liberale Geschlechterverhältnisse, weil diese etwa die sogenannte traditionelle Familie zerstören würden.

Warum sind diese Themen für Rechtsextremisten wichtig?

Die CSDs haben aktuell also das vielleicht größte Mobilisierungspotenzial für die Gegendemos der Rechtsextremisten, seien „aber lediglich die sichtbare Spitze eines Eisbergs. So hat die extreme Rechte schon vor Jahren erkannt, dass Queerfeindlichkeit das Potenzial besitzt, weiter Gruppen zu erreichen und zudem Anschlussfähigkeit in weite Teile der Gesellschaft hat.“ Mit Verweis auf den Sachsen-Monitor von 2023 führt das Kulturbüro an, dass dort mehr als ein Viertel der Befragten die Frauenrechte und die Gleichstellung als überzogen behandelt einstufen. Ein Drittel stimme „der irrigen Aussage zu, dass die sexuelle Beziehung zwischen zwei Menschen gleichen Geschlechts ,unnatürlich‘ sei.“

Antifeministen gehen demnach von den zwei Geschlechtern Mann und Frau sowie von ausschließlich heterosexuellen Beziehungen aus. Daran appelliere die extreme Rechte. Ziel sei der Erhalt einer homogenen, weißen Volksgemeinschaft durch das Zeugen und Großziehen möglichst vieler Kinder und klarer Rollenverteilungen: „Die Frau ist Mutter, die Kinder und Familie pflegt und ideologische Werte und Traditionen weitergibt, während der Mann die Familie beschützt und finanziell versorgt.“ Alles, was der zweigeschlechtlichen Norm widerspreche, werde „als Gefahr für den Erhalt der Volksgemeinschaft“ deklariert.

Wie drücken Rechtsextremisten das aus?

Bei den großen CSDs 2024 in Sachsen hatten vor allem „junge Neonazigruppen“ den Gegenprotest geprägt, so auch in Bautzen und Görlitz. Beim CSD in Bautzen am 10. August 2024 nahmen laut Polizei etwa 1000 Menschen teil. Rund 700 Personen beteiligten sich an den Gegenprotesten. Es gab 14 Strafverfahren und 16 Platzverweise. Aus Sicherheitsgründen hatten die CSD-Veranstalter bereits vorher die Aftershow abgesagt. Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) nannte die Gegenproteste „grauenhaft“. Beim CSD in Görlitz am 28. September 2024 waren mehr als 700 Teilnehmer. Hier gab es Gegenproteste von rund 460 Personen.

Eine der mittlerweile bekanntesten extrem rechten Gruppierungen, die 2024 gegen sächsische CSDs mobilisiert und protestiert haben, sei die „Elblandrevolte“. Sie wurde im Februar 2024 als Ortsgruppe der Jungen Nationalisten (JN), also der Jugendorganisation der Partei Die Heimat (vormals NPD) gegründet. Höhepunkt sei die Demo gegen den CSD Bautzen gewesen. „Mehr als 700 überwiegend junge, extrem Rechte folgten den Aufrufen und protestierten gegen die Sichtbarkeit queeren Lebens“, heißt es in der Publikation des Kulturbüros. Es sei nach dem sogenannten „Trauermarsch“ die zweitgrößte Neonazi-Demonstration in Sachsen 2024 gewesen. Der Anführer der „Elblandrevolte“, Finley Pügner, stammt aus Görlitz.

Neben der Elblandrevolte spielt die Bautzener Gruppe „Urbs Turrium“ (Stadt der Türme) eine zentrale Rolle bei den Protesten gegen die CSDs und sei hier besonders aggressiv aufgetreten. Auf ihrem Instagramkanal habe die Gruppe queere Menschen nach dem CSD in Bautzen diffamiert und als widernatürlich dargestellt. In Görlitz trat einer der Köpfe von „Urbs Turrium“, Dan Wölfer, als Vorsprecher mit Megafon auf. „Urbs Turrium“ agiere in Ostsachsen aber nicht allein. Bei den Gegenprotesten zu den CSDs vor allem in Ostsachsen sei die sonst zurückhaltende „Aktionsgruppe Zittau“ aufgetreten.

Zu diesen Aktionen von extrem rechten Gruppierungen komme noch die antifeministische Politik, der in Sachsen als gesichert rechtsextremistisch eingestuften AfD. So habe die Partei im Sommer 2024 in Ostsachsen während des Wahlkampfes mit einem transfeindlichen Slogan plakatiert. Damit polarisiere sie bewusst gegen geschlechtliche Vielfalt und diverse Lebensweisen. Es existiere kein Grundsatz- oder Wahlprogramm der AfD, in welchem nicht die Rechte heterosexueller Familien aus Mann, Frau und Kindern über die anderer Familienmodelle gestellt werden.

Zudem seien die CSDs im ländlichen Raum Angriffsziele der AfD. So habe es parlamentarische Anfragen zu deren Finanzierung gegeben. In Bautzen hätten demnach zwei AfD-Kommunalpolitiker den CSD-Aufzug zu großen Teilen gefilmt und diese Aufnahmen in sozialen Medien verwendet, um diesen zu verunglimpfen. Ein Löbauer AfD-Stadtrat diffamierte den CSD ebenfalls in einem Beitrag in den sozialen Medien.

Was bedeutet das für die CSDs 2025 in der Oberlausitz?

2025 sollen erneut CSDs in der Oberlausitz stattfinden. Die jeweiligen Organisatoren bereiten sich vor und die Termine für Bautzen und Görlitz stehen. Allerdings mobilisieren Gruppen wie „Urbs Turrium“ bereits zum Gegenprotest.

Wie Melanie Riedlinger, Sprecherin des Kulturbüros, erklärt, rufen Gruppen vor allem zum Gegenprotest für den CSD Bautzen auf. Dieser solle offenbar wie der von 2024 gestört werden.

Um dieser Mobilisierung entgegenzutreten, müssten sich verschiedene Gruppen zusammentun, erklärt die Heinrich-Böll-Stiftung. So hätten sich in der Vergangenheit etwa antifaschistische Aktivisten den CSDs angeschlossen. Der Staat müsse Recht umsetzen. „Nur eine Gesellschaft, in der freies Leben und Lieben ohne Gängelung und Repression möglich ist, kann sich demokratisch nennen.“