„Aufgepasst! Gewaltbereite Nazis“: Anonyme Warnung im Lene-Voigt-Park angebracht
Sie hängen an Mülleimern, Bänken und Wänden: Plakate – versehen mit einer Warnung. Sie beziehen sich auf Fälle mutmaßlich rechter Gewalt im Lene-Voigt-Park in den letzten Monaten. Die Nachbarschaft ist alarmiert und vernetzt sich.
„Wir wollen keine Neonazis im Kiez“, die Aussage ist klar. Unklar ist, von wem sie stammt. Im Lene-Voigt-Park sind Plakate angebracht worden, auf denen vor „gewaltbereiten Nazis in der Umgebung“ gewarnt wird. Dazu werden Handlungsempfehlungen gegeben.
Die etwa DIN A1-großen Poster hängen an vielen Eingängen, hauptsächlich an den braunen Metallwänden auf der Südseite zur Eilenburger Straße. Aber auch an Mülleimern und einer Bank neben einem Spielplatz fallen die Aushänge auf.
Frage nach den Urhebern
Selbst am „Tauscho“, dem Tauschschrank, sind sie angebracht. Zudem wurden offenbar Flyer mit gleichem Inhalt in Briefkästen rund um den Park verteilt. Wer die Urheberinnen und Urheber sind, ist nicht bekannt. Ein entsprechender Vermerk fehlt.
Einigen im Park sind die Plakate bereits aufgefallen. Ein Mann, der gerade am „Tauscho“ wühlt, sagt, er habe die Poster schon vor mehreren Wochen bemerkt. Aber wen man im Lene-Voigt-Park auch fragt, keiner weiß, aus wessen Feder die warnenden Worte stammen.
Mutmaßlich rechte Gewalt im Park
Die Plakate und Handzettel beziehen sich auf Vorfälle mutmaßlich rechter Gewalt in den vergangenen Monaten. So soll eine Gruppe junger, augenscheinlich Rechtsextremer im Lene-Voigt-Park im Sommer Menschen angegriffen und dabei „AfD“-Rufe skandiert haben. Es gab Verletzte, einige mussten ins Krankenhaus.
Anfang Juni sollen etwa zehn Täter in Uniformen Parkbesucher bedroht, geschlagen und teils schwer verletzt haben. Zudem wird von Übergriffen während des Christopher Street Days im August und einer weiteren Attacke Anfang Oktober berichtet.
Anwohner organisierte Demo
Anwohner Jörg, der seinen Nachnamen nicht in der Zeitung lesen möchte, organisierte als Reaktion darauf die Demonstration „Keine Chance für rechte Gewalt“. Bei regennassem Wetter schlossen sich am 20. November letzten Jahres mehr als 300 Menschen an.
Jörg ist mittlerweile mit anderen Anwohnerinnen und Anwohnern im Austausch. Anfang Januar fand ein erstes Vernetzungstreffen statt. In einer Telegram-Gruppe geben sich die Mitglieder Updates. „Wir informieren uns gegenseitig über Entwicklungen in unserem Kiez“, erklärt Jörg gegenüber der LVZ.
Von wem die Plakate sind, wissen er und die anderen nicht. „Wer auch immer sie gemacht hat, sie haben unsere komplette Zustimmung“, sagt Jörg.
Plakate verweisen auf „Chronik.LE“
Neben der Warnung vor „gewaltbereiten Nazis“ ist auf den Plakaten eine Handlungsempfehlung vermerkt, die Parkbesucherinnen und -besucher bei unangenehmen und gefährlichen Vorfällen befolgen können: aufeinander achten, Hilfe anbieten und Fälle rechter Gewalt dokumentieren. Dazu verweisen die unbekannten Plakatmacher auf „Chronik.LE“, ein antirassistisches Dokumentationsprojekt.
Womöglich weiß man dort, wer die Plakate angebracht hat? Nein, erklärt Steven Hummel, Politikwissenschaftler und für den Verein tätig. „Aber: Wir freuen uns, wenn es Menschen im Kiez gibt, welche sich gegen Neonazis und rechte Raumnahme zusammenschließen.“
Rechte Gewalt: Zuspitzung im Jahr 2024
Seit 2008 dokumentiert „Chronik.LE“ menschenfeindliche Vorfälle aus dem rechten Spektrum in Leipzig und Umgebung. Steven Hummel spricht mit Blick auf den Lene-Voigt-Park von einer deutlichen Zuspitzung im Jahr 2024. „In Form von Graffiti, Stickern und körperlichen Angriffen hat die rechte Raumnahme eine neue Quantität und Qualität erreicht“, erklärt er.
Betroffenen rät Hummel, Vorfälle nicht nur bei „Chronik.LE“ zu melden, sondern sich auch an die Beratungsstelle „Support“ der RAA Sachsen zu wenden. „Dort erhalten sie wichtige Unterstützung und Beratung, um mit den Angriffen umzugehen“, betont er.
Und wie geht es nun weiter im Lene-Voigt-Park? Die Polizei bestätigte bereits Ende 2024, dass in mehreren Fällen ermittelt wird. „Wie sich die Situation 2025 fortentwickelt, ist noch nicht ganz absehbar“, so Hummel. „Es ist allerdings zu befürchten, dass die bisherigen Angriffe nicht die letzten bleiben werden.“