Connewitzer Genossenschaft Leika startet soziales Großprojekt in Leipzig
Unweit vom Herderplatz entstehen 34 Wohnungen mit dauerhaft günstigen Mieten für etwa 80 Personen. Es ist ein besonderes Projekt beim sozialen Wohnungsbau, wo in Leipzig noch etwa 4500 Wohnungen fehlen.
Passend zu Connewitz durfte ein Mini-Bengalo bei dem freudigen Anlass natürlich nicht fehlen. Am Montag wurde in der Wolfgang-Heinze-Straße 29 der erste Spatenstich für einen wirklich außerordentlichen Neubau gesetzt. Erstmals entstehen damit im Leipziger Süden Sozialwohnungen. Und zwar solche, deren Preisbindung auf 6,50 Euro kalt pro Quadratmeter nicht nach 15 oder 20 Jahren wieder erlischt.
Während der kleine Feuerstab an einer großen Baggerschaufel blauen Rauch erzeugte, konnte es manches Mitglied der Genossenschaft Leika noch immer nicht ganz fassen, dass sie es wirklich geschafft haben. Vor sechs Jahren hatten die Frauen der ersten Stunde dieses Projekt begonnen. Ihnen missfielen die hohen Mieten bei den vielen Neubauten im Viertel, erzählte Ricarda Kutscha von der Connewitzer Initiative nun noch einmal. „Weil die Proteste dagegen nichts erreichten, dachten wir irgendwann, wir müssen es selbst in die Hand nehmen. Zeigen, dass es besser geht. Deshalb entstand Leika.“
Gegen vier Investoren durchgesetzt
Lange fehlte der Genossenschaft ein Grundstück. Die Chance kam 2021, als sich die örtliche Initiative bei einer Konzeptvergabe der Stadt gegen vier eher konventionelle Investoren durchsetzen konnte. Es ging um den früheren Kohlehandel unweit vom Herderplatz. Die Stadt Leipzig hatte dafür einen günstigen Erbbaurechtsvertrag über 110 Jahre in Aussicht gestellt. Doch trotz Förderungen auch von Bund und Land stand das Vorhaben später viermal kurz vor dem Aus.
Erst fiel die fest eingeplante KfW-Förderung weg, dann explodierten die Kreditzinsen, Bau- und Materialpreise. Um den Bankkredit zu bekommen, musste Leika letztlich 1,4 Millionen Euro an Eigenmitteln aufbringen – statt der anfangs kalkulierten 400.000 Euro. Dass dies gelang, lag vor allem auch an 140 Unterstützerinnen, die sich über Genossenschaftsanteile oder Direktkredite an dem Vorhaben beteiligten, sagte Charlotte Eifler. Auch sie gehörte zu den Frauen der Gründungsrunde. Und ist nach wie vor dabei.
Hinzu kamen etliche weitere Förderer, auch ein Sonderzuschuss der Kommune. Stellvertretend für eine große Mehrheit im Stadtrat dankte Leika am Montag nun Juliane Nagel (Linke), Christopher Zenker (SPD) und dem Stadtbezirksbeirat Süd, die sich mehrfach für das Vorhaben ins Zeug gelegt hatten. Von den 9,7 Millionen Euro Gesamtkosten entfallen 4,7 Millionen Euro auf die öffentliche Hand und Stiftungen. Ohne dieses Geld hätten die künftigen Wohnungen in Connewitz für 26 Euro kalt pro Quadratmeter vermietet werden müssen, um keine Verluste zu machen. Dann wäre das Projekt unmöglich gewesen.
Abriss vom Kohlehandel läuft
Stattdessen läuft gerade der Abriss der Flachbauten des Kohlehandels. Der dort bisher ansässige, beliebte Imbiss „Atacolypse“ sprach sich ebenfalls für das Bauprojekt der Genossenschaft aus: Er legt derzeit eine kreative Pause ein. Entstehen wird in den nächsten zwei Jahren ein Sechsgeschosser für 60 bis 80 Personen.
Das ganze Erdgeschoss bleibt öffentlichen Nutzungen und sozialen Vereinen vorbehalten. Unter anderem ziehen dort der Street-Work-Verein MachtLos und ein Treffpunkt für das Viertel mit dem Namen „Kantine“ ein. Dort soll es ein preisgünstiges Essen ebenso geben wie andere Angebote und Möglichkeiten, die Frauen und junge Eltern im Alltag entlasten.
19 der 34 Wohnungen in den Obergeschossen werden geförderte Sozialwohnungen, deren Grundrisse sich bei Bedarf leicht ändern lassen, so Juri Kuther von Libero Architekten (erhielt 2023 den Leipziger Architekturpreis für den Skaterpark Grünau). Geplant sei auch eine Wohngruppe für Menschen mit Handicap in Kooperation mit dem Mobilen Behindertendienst. Laubengänge in Richtung Herderplatz sollen zugleich als Begegnungsorte dienen.
Zum Umweltschutzkonzept gehören unter anderem eine Holzskelettbauweise, Photovoltaik, Fernwärme, Versickerung des Regenwassers in Mulden vor Ort und ein weitgehender Verzicht auf Technik (wie Batteriespeicher oder Lüftungsanlagen). „Das ganze Vorhaben hat die Genossenschaft selbst entwickelt. Sie wird es auch selbst verwalten“, hob der Architekt hervor. Die Sozialwohnungen werden nicht (wie sonst üblich) nach 15 oder 20 Jahren aus der Preisbindung von 6,50 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter herausfallen. Vielmehr bleibt der Preis auch später stabil, weil er durch die anderen Wohnungen solidarisch mitfinanziert wird. Letztere sollen 12 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter kosten.