Fangen wir an – wir haben viele Baustellen…

Als die „Antideutschen“ auf der politischen Bühne auftauchen, leisteten sie einen wichtigen Beitrag für die Innerlinke Diskussion. Sie legten den Finger in die Wunde der Enkel der Nazis. Sie zeigten wie tief der Antisemitismus noch immer verwurzelt war. Ihre Kritik löste viele Debatten aus. Irgendwann bezogen einige Anti-D’s merkwürdige Positionen. Demnach war alles was die israelischen und amerikanischen Regierungen tun „gut“. Andere drifteten nach rechts ab. Was bleibt von „den antideutschen“?
Eine noch immer, im Kern richtige Kritik an linker Bewegung, nämlich das es auch dort Antisemitismus gibt. Diesem müssen wir uns spätestens dann stellen wenn man wieder heftige Wellen des Antisemitismus über den Globus schwappen (verzeiht mir gerade die naturalistische Ausdrucksweise. Antisemitismus ist kein Naturereigniss, sondern Menschengemacht).
Seit dem 7.10.23, einen Überfall, der nur ein Ziel hatte: so viele Juden und Jüdinnen, unabhängig von Alter, Geschlecht, politischer Einstellung usw zu töten, zu vergewaltigen und zu entführen.
Sind weltweit antisemitische Angriffe verstärkt zu beobachten. Sie haben sich verdoppelt, teils sogar verdreifacht. Das kann nicht akzeptiert werden. Bei aller berechtigter Kritik an der israelischen Regierung, gerade auch unter Bibi, dürfen wir es nicht zulassen, dass an Unis Selektion betrieben wird (mehrfach dokumentiert), das Juden und Jüdinnen angegriffen werden (mehrfach dokumentiert, und oft besonders tragisch, wie im Falle des ukrainischen Flüchtlings in Berlin, der dadurch retraumatisiert wurde), das Synagogen angegriffen werden.
Wir dürfen es auch nicht zulassen, das in unseren Städten und Dörfern unwidersprochen das Kalifat (Hamburg) gefordert wird oder „ein Führer“ der das Krebsgeschwür (Berlin) endlich bekämpft. Natürlich steht es euch frei für nationale Befreiung zu sein, für das Gründen neuer Staaten.
Als Anarchist, geprägt von Machno (der Antisemiten nach kurzer Verhandlung eigenhändig erschoss), der von den Roten mehrfach verraten wurde und es nur schwer verletzt ins Exil schaffte, und Gustav Landauer (der Ideengeber für die Gründung der ersten Generation der Kibbuzim war und von der antisemitischen Soldateska erschlagen wurde), Erich Mühsam der von den Nazis explizit als Jude umgebracht wurde, Rudolf Rocker, der sich mit den Antisemiten des kommunistischen Anarchismus angelegt hat und nicht zu vergessen Emma Goldmann (die den Antisemitismus in der anarchistischen Bewegung über Jahrzehnte immer wieder thematisierte) und all die vielen Aktivistinnen der Bewegung die weniger bekannt sind.
Aber als Anarchist kann ich einem Staat „Palästina“ nur wenig abgewinnen. Leider verfolgen „die Palästinenser“ (verzeiht den undifferenzierten Plural) nicht die Ideen des staatenlosen Kommunalismus, wie zum Beispiel die Menschen in Rojava (bewusst schreibe ich nicht „Kurden“, obwohl sie dort die stärkste organisierte Kraft sind, denn die Menschen dort sind vielfältig und tragen das Projekt mit).
Alle relevanten Kräfte auf Seiten „der Palästinenser“ sind momentan von den imperialistischen Kräften des Regimes im Iran finanziert. Das Programm der drei bekanntesten (Hamas, Hisbollah, Huthi) ist bekannt und mehr oder weniger eleminatorisch antisemitisch.
Dieser „Widerstand“ ist eine reaktionäre Bedrohung, gegen die wir uns stellen müssen.
Ich weiß, es tut weh darauf „warten“ zu müssen, das in der Region Bewegungen entstehen die aufgeklärt (=nicht religiös) sind und mit einigen Universellen Rechten (zu leben, zu lieben .. uam – wo und wen (uam) man will) für ihre Befreiung von Ausbeutung und (!) Unterdrückung des Menschen(!) durch den Menschen(!) entstehen. Es tut auch weh vorher, also jetzt!, an so vielen Baustellen gleichzeitig arbeiten zu müssen.
Sexismus, Transfeindlichkeit…Rassismus, sind alles keine Nebenwidersprüche sonder können auch „nach der Revolution“ (die ja kein einmaliges Ereignis ist, und dann ist alles gut) weiter bestand haben. Sie müssen jetzt, aktiv bekämpft und durch eine Kultur der gegenseitigen Hilfe ersetzt werden Und dann noch Antisemitismus oben drauf. Die Herausforderung ist besonders groß, handelt es sich hier doch um die älteste, wirkmächtigste und tief verwurzelteste Verschwörungserzählung die es zur Zeit gibt.
Mein Vorschlag wäre: Fangen wir an – wir haben viele Baustellen…
Arbeiten wir in Dreischichtsystem!
Quelle: https://twitter.com/Rudolf_Muehland