Wahlkampfauftakt der „Freien Sachsen“ in Bernsdorfer Gasthof: Das sagt der Wirt zu seinen rechtsextremen Gästen
Am Donnerstag starten die „Freien Sachsen“ ihren Wahlkampf in einem Bernsdorfer Gasthof. Es ist ihr drittes Treffen in dem Lokal. Der Wirt gibt sich ahnungslos, die Bürgermeisterin ist besorgt.
Bernsdorf.Andreas Kalbitz war selbst der AfD zu rechtsextrem – er wurde 2020 aus der Partei ausgeschlossen. Martin Kohlmann ist als einer der rechten Wortführer bei den ausländerfeindlichen Chemnitzer Protesten 2018 bundesweit bekannt geworden. Stefan Hartung gilt als Erfinder der fremdenfeindlichen Schneeberger „Lichtelläufe“ von 2013. Und der Niederbayer Sascha Roßmüller ist ebenso wie Hartung Funktionär der Neonazi-Partei NPD, die sich neuerdings „Die Heimat“ nennt. Dieses illustre Quartett wird am Donnerstagabend den sächsischen Kommunalwahlkampf der „Freien Sachsen“ eröffnen, und zwar im Saal des Gasthofs „Goldner Hirsch“ in Bernsdorf.
Sicherlich wird die Veranstaltung im nächsten sächsischen Verfassungsschutzbericht auftauchen. Denn die „Freien Sachsen“ werden im Freistaat als rechtsextreme Gruppierung mit verfassungsfeindlichen Bestrebungen eingestuft und entsprechend beobachtet. Sie machen mobil gegen Geflüchtete und das „Establishment“, schwenken russische Fahnen und plädieren „notfalls“ für den „Säxit“, also den Austritt Sachsens aus der ihnen verhassten Bundesrepublik.
Gegen „Schwampel-Gepampel“ und „gleichgeschaltete Medien“
Im „Goldnen Hirsch“ versammelt sich die kleine, aber äußerst umtriebige Truppe vom rechten Rand bereits zum dritten Mal. Im Mai 2022 wurde hier mit bis zu 200 Menschen das „Frühlingsfest“ der Kleinpartei gefeiert – so steht es im damaligen Monatsbericht des Verfassungsschutzes.
Am 6. Januar dieses Jahres hielt Martin Kohlmann dort eine Rede zum „Auftakt ins politische Kampfjahr 2024“. Und bekam viel Beifall für Angriffe auf das „Schwampel-Gepampel“ in Dresden und die „gleichgeschalteten Medien“ sowie einen Ausblick auf die Zeit, in der „wir das Sagen haben werden“.
Doch warum wird der Saal des „Goldnen Hirschs“ immer wieder an die Rechtsextremen vermietet? Gastwirt Ronny Müller hat auf Anfrage von „Freie Presse“ zunächst nicht gleich parat, dass sein Haus am Donnerstag die „Freien Sachsen“ beherbergt: Er habe für den Abend nur den Namen des Mannes eingetragen, der den Saal reserviert hat, sagt er.
Er räumt jedoch ein, dass sich schon nach dem besagten Frühlingsfest „eine Behörde“ bei ihm gemeldet und Fragen gestellt habe. Ja, das sei wohl der Verfassungsschutz gewesen. Hat er kein Problem damit, Rechtsextremen wie Kalbitz, Hartung oder Kohlmann in Bernsdorf ein Podium zu bieten? Die Namen kenne er alle nicht, sagt Müller. Abgesehen davon findet er, er könne doch nicht zu einer Partei sagen, sie könne den Saal mieten, und ihn einer anderen verweigern. CDU, SPD oder FDP würden sich hier genauso treffen.
„Das ist kein Aushängeschild für unseren Ort“
„Ich bin doch froh, wenn jemand kommt“, sagt der Gastwirt. Er wolle alle gleich behandeln, Diskriminierung sei schließlich verboten: „Schwule und Lesben feiern hier ihre Hochzeiten – das stört ja auch manche.“ Vorfälle habe es bei den bisherigen Veranstaltungen der „Freien Sachsen“ in seinem Haus nie gegeben, sagt Ronny Müller.
Die Bernsdorfer Bürgermeisterin Roswitha Müller (FDP) hat nach eigenem Bekunden nach dem Januar-Termin von der rechtsextremen Versammlung in ihrem Ort erfahren: „Ich war sehr verwundert.“ Sie habe den Gastwirt damals darauf angesprochen. Er gab ihr demnach eine ähnliche Auskunft wie jetzt der „Freien Presse“. Vom bevorstehenden Wahlkampf-Termin der „Freien Sachsen“ an gleicher Stelle erfuhr die Bürgermeisterin erst durch die Zeitung. „Das ist kein Aushängeschild für unseren Ort“, findet Roswitha Müller. Und weiter: „Ich hoffe, dass jeder weiß, was er tut. Ich rate jedem Bürger dazu, wachsam zu sein, und sich die Programme der Parteien anzuschauen.“ Das Ganze sei sehr bedenklich.
Bereits in ihrer Rede zum Neujahrsempfang hatte die liberale Bürgermeisterin sehr klare Worte gefunden. „Bitte überlegen Sie genau, wem Sie Ihre Stimme geben. Ich bin der Meinung, eine Alternative für Deutschland zur freiheitlich demokratischen Grundordnung gibt es nicht und unter ,Freien Sachsen‘ frei zu sein, ist eine Illusion“, erklärte sie damals. Zu diesen Worten stehe sie weiterhin, betont Roswitha Müller.