Gericht: Keine Umsturzplanung im Kindergarten des AZ Conni
Sachsens Jugendamt wollte Kita in Autonomem Zentrum in Dresden schließen
Das Alternative Zentrum AZ Conni ist ein buntes Haus in der Dresdner Neustadt. Hier treffen sich Skateboarder ebenso wie Musiker und linke Gruppen; es gibt einen Buchladen, eine Kleiderstube und einen Kindergarten. Letzterer hätte indes kürzlich nach 30 Jahren beinahe schließen müssen.
Sachsens Landesjugendamt widerrief im Dezember die Betriebserlaubnis. Begründet wurde das mit dem harten Vorwurf einer »generellen Gefährdung des Kindeswohls«. Erst ein Beschluss des Dresdner Verwaltungsgerichts sorgte für Aufatmen bei den Eltern der 26 Kinder und den fünf Beschäftigten. Die Kita, erklärte das Gericht, müsse »vorerst nicht schließen«.
Die Landesbehörde war wegen einer Elternbeschwerde aktiv geworden. Das AZ Conni hatte ein Hausverbot für den Vater eines Kita-Kindes ausgesprochen, der Polizist ist. Mit Blick auf die Jugendarbeit hatte der Verein erklärt, die Anwesenheit von Polizeibeamten auf dem Gelände sei »problematisch«. Dort treffen sich auch antifaschistische und linke Gruppen, die etwa Blockadetrainings für Proteste gegen die jährlichen Naziaufmärsche in Dresden anlässlich des 13. Februar durchführen.
Das Amt hatte daraufhin die Aktivitäten des AZ Conni näher unter die Lupe genommen, war auf der Homepage auf ein Plakat mit der Überschrift »No Nazis, No Cops« gestoßen und hatte entdeckt, dass sich im Haus Gruppen treffen, die der Verfassungsschutz beobachtet. Die Anordnung zur Schließung der Kita wurde schließlich mit »wesentlichen Zweifeln« begründet, ob der Träger die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik anerkenne.
Das AZ Conni hatte sich juristisch gegen den Bescheid gewehrt und hat nun zumindest vorläufig Recht bekommen. Das Gericht entschied, die Klage habe aufschiebende Wirkung bis zu einem abschließenden Urteil. Eine »hinreichend konkrete Gefährdung des Kindeswohls« vermochte es nicht zu erkennen. Dass der Verein das Gelände als »Schutzraum« betrachte, aus welchem Polizisten auch privat herausgehalten werden sollen, beziehe sich auf die »hier nicht zu überprüfende« Jugendarbeit, habe aber »keinen Bezug zur Konzeption und Praxis der Arbeit in der Kindertagesstätte«.
Die Parole »No Nazis, No Cops« sei von der Meinungsfreiheit gedeckt und beinhalte keine Gleichsetzung. Auch die Nutzung von Räumen jenseits der Kita-Zimmer durch linksextreme Gruppen sei nicht zu beanstanden.
Der Verein äußerte sich erleichtert über die Entscheidung, die eine »äußerste Kraftprobe« für Eltern und Beschäftigte beende. Das Amt, so wird betont, habe »nie fachliche Kritik an der pädagogischen Arbeit« geübt. Dennoch fürchtet man offenbar negative Folgen des Vorfalls. AZ-Sprecherin Leo Samt erklärte, das Landesamt »hintertreibt unsere politische Unabhängigkeit massiv«. Der indirekt erhobene Vorwurf, die Jugendarbeit des Vereins ziele auf einen Umsturz der verfassungsmäßigen Ordnung, sei »vollkommen unverständlich«.
Samt merkte auch an, eine dem Verein von der Behörde unterbreitete, vom Gericht als zu unbestimmt befundene »Extremismusklausel« werde man nicht unterschreiben. Das endgültige Urteil in dem Fall steht aus. Ob das Urteil des Verwaltungsgerichts Bestand hat, ist ebenfalls offen. Beide Parteien können bis 22. März Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einlegen. Der Leiter des Landesjugendamtes, Enrico Birkner, erklärte auf »nd«-Anfrage, man prüfe derzeit noch, ob dieser Schritt gegangen werden soll.