Leipzigs erster „Spaetomat“ kommt: Einkaufen per Smartphone ohne Personal
Der erste Leipziger „Spaetomat“ geht voraussichtlich noch im März in Gohlis an den Start. Vom Türöffnen über Warensuche bis zum Bezahlen funktioniert alles per Smartphone und ohne Personal.
Leipzigs erster „Spaetomat“ öffnet bald in der Georg-Schumann-Straße 143. Es handelt sich um einen Tante-Emma-Laden auf 20 Quadratmetern – allerdings ohne „Tante Emma“. Kundinnen und Kunden brauchen lediglich ein Smartphone oder Tablet, um sich Lebensmittel und Haushaltsdinge des Grundbedarfs zu besorgen, auch zu später Stunde oder sonntags: Nudeln, Getränke, Hygieneartikel, Konserven oder Snacks.
Später sollen Tiefkühlprodukte wie Pizza oder Aufbackbrötchen dazu kommen. Und vielleicht auch frisches Obst, Gemüse und Backwaren. Die Preise sollen günstiger als an der Tankstelle und nur minimal teurer als im Supermarkt sein.
Begehbarer Online-Supermarkt
Hinter der „Spaetomat“-Idee stehen Ferris Mertn (27) und Franz Zetzsch (28), zwei Softwareentwickler, die aus Zwickau stammen und in Leipzig studiert haben. Seit zwei Jahren feilen sie an ihrem begehbaren Online-Supermarkt, parallel zu Studium und Arbeit. Was sie von ähnlichen Anbietern unterscheidet: Sie haben die komplette Software selbst entwickelt.
Sowohl die kundenseitige Software (Zutritt zum Laden, Scannen und Bezahlen der Ware) als auch die Händler-Software (Warenbestand, Kundenregistrierung, Abrechnung). „Dadurch kommt alles aus einer Hand, wir müssen nicht verschiedene Komponenten dazukaufen und sind nicht auf andere angewiesen“, betont Zetzsch.
Außerdem: Wenn es gut läuft, können sie ihr Konzept beliebig auf weitere Standorte ausdehnen. Das ist ihr Ziel, und daran glauben sie, auch wenn das nächste „Kaufland“ oder ein regulärer „Späti“ in Sichtweite sind. „Es gibt Kunden, denen ist die Bequemlichkeit wichtig. Die wollen nicht in einen riesigen Supermarkt, um sich noch zwei Biere zu holen. Sie wollen ein kleines Sortiment auf kleiner Fläche – und schnell wieder raus.“
Bis Ende März soll Mini-Supermarkt öffnen
Was Leipzigs erstem Spaetomaten derzeit noch fehlt, ist das Türöffnungsmodul, das bei einem Spezialisten in Auftrag gegeben ist. „In den nächsten zwei Wochen, bis Ende März, sollte alles fertig sein“, hofft Mertn. Kundinnen und Kunden finden dann an der Ladentür eine Anleitung, wie sie in den Shop reinkommen: Zuerst registrieren sie sich per Smartphone oder Tablet einmalig auf der Webseite www.spaeto.de und geben ihre Personaldaten ein. Da auch Alkohol verkauft wird, beträgt das Mindestalter 18 Jahre, der Personalausweis ist mit einzuscannen.
Danach erscheint auf dem Smartphone ein QR-Code, mit dem sich die Tür öffnen lässt. Wer drin ist im Laden, kann sich die benötigten Produkte aus dem Regal nehmen und einscannen. Bargeld oder eine Kasse gibt es nicht, bezahlt wird ausschließlich online über Paypal, Kreditkarte oder Klarna. Wer bezahlt hat, wird auch wieder aus dem Laden rausgelassen, der per Videokamera überwacht wird.
Automatenläden bundesweit umstritten
Lediglich zum Auffüllen der Regale will Informatiker Zetzsch ab und zu vor Ort sein. „Wir sind ein Selbstbedienungsladen ohne Personal. Der ganze Laden ist ein begehbarer Automat, also öffnen wir rund um die Uhr wie Automaten“, sagt Diplomingenieur Mertn.
Eine Auslegung, die bundesweit durchaus umstritten ist: Gewerkschaften und Kirchen fordern das Verbot der Sonn- und Feiertagsöffnung auch für Läden, die gar kein Personal haben. „Das ist eine Grauzone, da muss letztlich der Gesetzgeber handeln“, sagt Mertn.
Weitere Automatenläden in Stadt und Land
Autonome Läden ohne Personal entstehen in jüngster Zeit unter verschiedenen Namen und Konzepten – auch in Leipzig. Die meisten Menschen haben keine Scheu mehr vorm Online-Shopping, das keiner Zeitbeschränkung durch das Ladenschlussgesetz unterliegt. Nicht jeder will sich aber auch seine Lebensmittel per Lieferservice nach Hause bringen lassen.
Einkauf 24: In Reudnitz steht die erste Teststation von „Einkauf 24“, einem Projekt des Leipziger Unternehmers Zoltán Teremi. Er bestückt seine Tante-Emma-Läden vollständig mit Automaten, die teuer in der Anschaffung sind. Die Kunden sollen sich rund um die Uhr 200 verschiedene Produkte aus Automaten ziehen können, von Süßigkeiten und Getränken bis zu Milchkartons, Bierkästen oder Toastbrot. Die Preise sollen günstiger als an der Tankstelle sein. Teremi plant 50 Läden in Leipzig und 200 Läden deutschlandweit.
Vendos24/7: Einkaufen rund um die Uhr ist auch in der KarLi 105 in Leipzig möglich. Wer morgens nach einer durchzechten Nacht im Club oder in der Kneipe auf dem Nachhauseweg Lust auf Schokolade bekommt, kann in dem Landen mit fünf Automaten zu jeder Tages- und Nachzeit fündig werden. Es gibt Bier, Limonade oder Weißweinschorle, aber auch E-Zigaretten, Tabak und Filter oder Ramen, USB-Kabel, Kondome und Zahnpasta.
Tante Enso: In Kohren-Sahlis (Landkreis Leipzig) öffnet 2024 der erste „Tante Enso“-Supermarkt der Region. Die Startbedingung – 300 Teilhaber, die mindestens 100 Euro anlegen – ist erfüllt. Das Sortiment soll 4500 Produkte umfassen, darunter viele Erzeugnisse aus der Region zu Preisen wie bei Rewe oder Edeka. Nachts oder sonntags, wenn das Geschäft nicht mit Personal besetzt ist, erfolgt der Zugang mittels Kundenkarte. Das Konzept zielt auf den ländlichen Bereich und ermöglicht Einkaufen rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche.
Auch für Großlehna (Ortsteil von Markranstädt) ist ein solcher „Tante Enso“-Supermarkt im Gespräch. Dort ist die geforderte Zahl von 300 Teilhabern aber noch nicht erreicht, sondern erst knapp die Hälfte.