Staatsanwaltschaft Leipzig: „Tag X“ – Journalisten-Verband kritisiert Durchsuchung bei jungem Fotografen in Halle
Polizei und Staatsanwaltschaft haben die Wohnung eines jungen Fotografen in Halle wegen des „Tag X“ in Leipzig durchsucht. Ein Vorgehen, das der Deutsche Journalisten-Verband als „unrechtmäßig“ kritisiert.
Es ist ein Einsatz, der Fragen aufwirft: Am Dienstag haben Polizeibeamte in Halle die Wohnung eines 19-Jährigen durchsucht, offenbar mehrere Handys, Datenträger und auch Teile seiner Kameraausrüstung beschlagnahmt. Und das, obwohl der junge Mann sich als Journalist zu erkennen gab und auf sein Zeugnisverweigerungsrecht verwies. Ein Vorgehen, das der Deutsche Journalisten-Verband (DJV), eine Fachgewerkschaft, als „unrechtmäßig“ kritisiert.
Die Staatsanwaltschaft Leipzig will sich auf Nachfrage nicht zu dem konkreten Fall äußern. Sie bestätigt lediglich, dass es sich bei dem Betroffenen um einen Zeugen handelt. Die Durchsuchung steht im Zusammenhang mit den Ermittlungen rund um den „Tag X“.
Nach dem Urteil gegen Lina E. und andere Linksextremisten war es in Leipzig zu Protesten gekommen. Am 3. Juni war eine Demonstration auf dem Alexis-Schumann-Platz eskaliert. Die Polizei hatte Hunderte Menschen eingekesselt.
Derzeit wird gegen 1321 Personen ermittelt – unter anderem wegen schweren Landfriedensbruchs. Außerdem läuft ein Verfahren wegen versuchten Mordes.
LZO-Media: Der Ton ist nicht immer frei von Aktivismus
Als mögliche Beweismittel gelten vor Ort entstandene Aufnahmen. An jenem „Tag X“ hatten mehrere Fotografen und Fernsehleute die Szenerie in Bild und Video festgehalten. Sie hatten Steinwürfe und Auseinandersetzungen mit der Polizei dokumentiert.
Die Bilder von Journalisten einzufordern, ist rechtlich heikel. Denn wie Ärzte und Rechtsanwälte sind sie als Berufsgeheimnisträger nicht verpflichtet, Angaben zu machen. Auch darf ihr Material nicht einfach beschlagnahmt werden.
Sind Staatsanwaltschaft und Polizei bei ihren Ermittlungen in Halle übers Ziel hinaus geschossen?
Die LVZ hat vergeblich versucht, Kontakt zu dem 19-jährigen Fotografen aufzunehmen. Bekannt ist, dass er zum Leipziger Medienkollektiv LZO Media gehört. Auf der Webseite der jungen Journalisten finden sich vor allem Fotos von Protesten Rechtsextremer, Aktionen von Klimaschützern und Demonstrationen in Connewitz, etwa nach Hausdurchsuchungen.
Nicht alle Namen der Autoren sind echt. Und wer sie im Internet sucht, findet Beiträge auf verschiedenen linken Blogs. Der Ton ist nicht immer frei von Aktivismus, und damit ist die Arbeit nicht unbedingt vergleichbar mit der von klassischen Medien, Tageszeitungen und Fernsehsendern.
DJV: Fotograf ist „seriös journalistisch tätig“
Bei der Hausdurchsuchung konnte der LZO-Fotograf nur einen Ausweis der Jugendpresse Sachsen-Anhalt vorzeigen. Dem MDR zufolge ignorierte die anwesende Staatsanwältin das Dokument mit den Worten: „ Das kennen wir nicht.“ Die Jugendpresse ist vor allem eine Anlaufstelle für Schülerzeitungs-Redakteure. Ihr Ausweis soll Nachwuchsjournalisten bei der Recherche helfen. Gleichzusetzen mit dem Presseausweis, den der DJV ausstellt, ist er jedoch nicht.
Aber es zählen nicht nur Dokumente, sondern auch die konkrete Arbeit, heißt es vom DJV. Lars Radau, Geschäftsführer im Landesverband Sachsen, hat mit dem Fotografen gesprochen: „Meiner Einschätzung nach war er während der Demonstrationen rund um den ,Tag X‘ seriös journalistisch tätig.“
Radau liegt ein Nachweis vor, wonach der junge Mann eben nicht nur für LZO Media arbeitet, sondern auch – unregelmäßig – für eine Tochtergesellschaft der Nachrichten-Agentur DPA. Dessen Aufnahmen seien auch in der ARD-Nachrichtensendung „Tagesschau“ gelaufen.
Offenbar bemühe er sich um einen Ausweis des DJV. So lange ist jedoch die Jugendpresse Sachsen-Anhalt für ihn zuständig. Und die ist gerade dabei einen Rechtsbeistand zu organisieren.