Unsolidarisches Verhalten der Leipziger-Szene zur Absage der Demo in Eisenach
In Eisenach sollte eine bundesweite Antifa-Demo statt finden, die kurz vorher abgesagt wurde, die Begründung findet sich hier: https://knack.news/7334
Die Anarchistische Gruppe aus Lübeck reagierte schon auf einige Reaktionen, die sich hauptsächlich in den angeblichen „sozialen Medien“ gegenüber der Demo-Orga aus Eisenach niederschlugen: https://knack.news/7337
Pöbelei aus Leipzig
Viele der Kommentare aus Leipzig zur Absage der Demonstration (von Einzelpersonen bis hin ins „Leipzig nimmt Platz“ Netzwerk/Umfeld) waren geprägt von absoluten Unverständnis und völlig absurden Aussagen. Einige Kommentare wurden mittlerweile wieder gelöscht, hoffentlich, weil die jeweiligen Personen noch mal darüber nachgedacht haben, was sie da eigentlich von sich geben. Neben den löschen der Kommentare fehlt bei ihnen aber noch die Entschuldigung bei den Menschen aus Eisenach, die hoffentlich nicht alles von dem Shitstorm gelesen haben, was angeblich „solidarische Antifaschist*innen“, die zur Demo kommen wollten, über sie denken und meinen. Aber ein paar Kommentare finden sich dann doch noch, wie diese:
Unglaublich und peinlich dass Menschen sich zu so einem Schritt entschließen, anstatt vor Ort diese Gruppe bei Erscheinen auszuschließen. Erstatten die Anmelder*innen die Kosten für gemietete Busse?
—– ———- ——– ———
Nee, sorry. Mag vielleicht für euch die richtige Entscheidung sein, weil ihr das Problem mit einer Gruppe, die zu Nahost eine andere Meinung hat, nicht lösen konntet. Aber dafür eine Demo abzusagen, in die eine Menge Aktivisti ein Haufen Arbeit u Geld gesteckt haben, ist traurig.
Strukturen aus städtischen Regionen beschweren sich, dass sie Geld wieder haben wollen, für die Anreisekosten. Jene Strukturen, die seit vielen Jahren die Möglichkeiten haben und nutzen sich teilweise über Soli-Veranstaltungen oder Anträge die Kosten von Anreisen in andere Städte zu finanzieren. Möglichkeiten, die Linke in ländlichen Strukturen kaum bis gar nicht haben. Wann gab es eigentlich die letzte Soli-Veranstaltung in Leipzig, Berlin oder Hamburg für Menschen im Hinterland, damit sie jedes Wochenende auf Demos oder Veranstaltungen fahren können?
Andere haben sich beschwert, dass sie Plakate geklebt haben für eine Demo, die nicht mehr statt gefunden hat. Als wären noch niemals in ihrem politischen Leben Veranstaltungen ausgefallen, für die sie Werbung gemacht haben. Was ist das eigentlich für eine Kritik? Hätten die Pöbler*innen in Eisenach Blumen und einen Scheck von den Antifaschist*innen vor Ort haben wollen, weil sie Plakate geklebt haben und in den Zug zu einer Demo gefahren sind?
Sicherlich stehen die Kommentare nicht für eine komplette Leipziger-Szene, aber wahrscheinlich gibt es kaum einer andere Stadt mit so vielen Accounts. Dies zeigte sich vor der Übernahme von Twitter durch Musk an Tagen von Neonazi-Aufmärschen immer ziemlich deutlich, die Anzahl an „linken Accounts“, die an solchen Tagen schrieben, gab es in dieser Fülle kaum in anderen Städten.
Gar nicht so selten bei Gesprächen mit Antifaschist*innen außerhalb von Leipzig kommt einiges an Kritik am Verhalten und Auftreten von Antifaschist*innen aus der Stadt zusammen. Manchmal entsteht sogar der Eindruck, dass es auch nicht bedauert werden würde, wenn keine Anreise aus Leipzig statt finden würde. Die Mehrheit der Kommentare zur Absage aus dem Raum Leipzig machen auch deutlich wieso. Kaum Positionen die versuchen Verständnis für die Menschen in Eisenach aufzubringen oder sich in deren Lage zu versetzen.
Vielleicht sind der Demo-Org die Optionen ausgegangen, dennoch bleibt ihre Begründung nachvollziehbar, wenn sich denn die Mühe gemacht wird sich mit der Argumentation für die Absage zu beschäftigen.
Wieso Antifaschist*innen aus Leipzig vielleicht lieber schweigen sollten
Eine inhaltliche Positionierung aus den Großstädten und auch in Leipzig zu Young Struggle und Co. findet nicht statt. Es gibt keine Auseinandersetzungen um deren Inhalte und Auftreten auf Demonstrationen in der Stadt. Es ist daher umso bemerkenswerter, dass aus Eisenach klar Stellung bezogen wurde, etwas wovor sich in Leipzig seit jeher gescheut wird. Erst am 4. November 2023 stand Young Struggle beim organisierten Gegenprotest von Leipzig nimmt Platz vor dem Gewandhaus gegen den rechten Aufmarsch. Mit Antisemit*innen gegen Faschos und die anderen Antisemit*innen, in Leipzig gar kein Widerspruch.
Am 1. Mai stritten Kommunistischer Aufbau (KA) und alle möglichen autoritären K-Gruppen mit der Roten Wende Leipzig, wer „die größte 1.Mai -Demo“ organisiert. Inhalte spielen da kaum eine Rolle, wie die schlechten Redebeiträge auf der Demo vom Südplatz gezeigt haben, sondern wer mehr „Masse“ stellt. „Antiautoritäre und anarchistische Gruppen“ entschieden sich bei dieser Demo einen „antiautoritären Block“ zu organisieren und sorgten somit dafür, dass „die größte revolutionäre 1. Mai Demo“ in Leipzig am diesem Tag vom kommunistischen Aufbau und ihren Zusammenhängen lief.
Dabei gab es von der Roten Wende Leipzig eine Reaktion auf konkrete Vorwürfe (https://knack.news/2076), die vielleicht als Lippenbekenntnisse abgetan werden können, aber es gab wenigstens eine Reaktion. Zudem zeigt sich auch hin und wieder, dass es mit der Abgrenzung innerhalb der kommunistischen Strömungen immer wieder schwankt und zu partiellen Zusammenarbeit kommt. Aber der Roten Wende muss die Auseinandersetzung mit der Kritik zu Gute gehalten werden, was mehr ist als von Young Struggle, kommunistischer Aufbau usw. zu erwarten ist oder jemals statt gefunden hat (https://knack.news/6996).
Wieso sich „antiautoritäre und anarchistische Zusammenhänge“ am 1. Mai für die Demo von KA & Co. entschieden haben, bleibt auch weiterhin fraglich. Am 13. Dezember 2022 veranstaltete die Undogmatischen Antifa eine Demo unter dem Motto „VERDÄCHTIG RECHTE COPS!“ (https://la-presse.org/rueckblick-verdaechtig-rechte-cops/). In der Außenwahrnehmung war sie überlagert vom internationalistische Block von Zora, Young Struggle und Internationaler Jugend (https://knack.news/4551). Dies führte nicht zum Ausschluss von der Demo, sondern zur absurden Situation, dass die Gruppen antisemitische Parolen riefen und von den Antifaschist*innen die vor ihnen gelaufen sind daraufhin gerufen wurde: „Kannibalismus gehört zu unsern Riten, esst mehr Antisemiten!“
Es ist nicht überliefert, dass es im Nachgang der Demo zu Verlusten bei den K-Gruppen an die „Kannibalist*innen“ gekommen ist.
Schon bei der „Wir sind alle LinX“ – Demo in Leipzig hatte es einen großen Block mit allen möglichen autoritären K-Gruppen gegeben, der versuchte der Demo seinen Stempel aufzudrücken. Auch hier in Leipzig keinerlei Reaktion dazu.
Am 19. Februar 2023 veranstalteten die autoritären K-Gruppen eine Demo, die viele Linke in der Stadt fassungslos zurück gelassen hat, auch wenn nur diese Gruppe dazu einen Text geschrieben hat (https://kappaleipzig.noblogs.org/post/2023/03/06/rotes-gedenktheater-das-hanau-gedenken-2023-in-leipzig/).
Trotz all dieser Ereignisse der letzten Jahre in Leipzig, die Liste ist sicherlich nicht vollständig, kam es nicht zum Bruch mit diesen Gruppen. Noch heute können sie sich an Veranstaltungen von anderen hängen, „eigene Blöcke“ organisieren und diese teilweise in der Außenwahrnehmung übernehmen.
Es ist daher zu begrüßen, dass in Eisenach klar gesagt wurde, dass mit ihnen keine Demo gewollt ist. Vor diesem Hintergrund sollten die Pöbler*innen aus Leipzig vielleicht darüber nachdenken wie es um ihre eigenen Positionen bestellt ist, wenn sie immer wieder keine Probleme damit haben mit Antisemit*innen und autoritären K-Gruppen zu demonstrieren, die sie am Tag „ihrer Revolution“ an die Wand stellen wollen oder ins Gulag stecken möchten. Entweder weil sie alle die sie kritisieren als „Antideutsche“, „Sozialdemokrat*innen“ oder „Anarchos“ betiteln, die sie nur solange akzeptieren und „nicht direkt bekämpfen“, bis sie die „Macht“ haben.
Es bedarf dringend einer Auseinandersetzung mit diesen Gruppen, die jetzt dafür gesorgt haben, dass eine bundesweite antifaschistische Demonstration nicht mehr statt finden konnte. Gruppen die sagen „Antideutsche sind keine Linken“, auf Kritik und Ausladung von Antifaschist*innen in Eisenach diese als „Antideutsche“ betiteln und dann Teil einer Demo sein wollen, die von „nicht Linken“ organisiert wird, sind nicht mehr ernst zu nehmen und verhalten sich wie eine Sekte.
Die Auseinandersetzungen gehören aber in die Großstädte, wo die Ortsgruppen der autoritären K-Gruppen sitzen. Es kann nicht sein, dass sich die lokalen Strukturen vor diesen Konflikten in der eigenen Stadt scheuen und diese dann „konsequent“ auf den Rücken der Strukturen im Hinterland, hier in Eisenach, austragen wollen.
Also an all die Kommentator*innen, die so fleißig an die Demo-Org in Eisenach geschrieben haben, ihr wünscht euch einen Ausschluss? Das ist ganz einfach? Klasse, fangt bei euren eigenen Veranstaltungen und Demonstrationen damit an.
Viel Kraft und Liebe an die Antifaschist*innen in Eisenach!