[B] Anarchistischer Aktionsaufruf – 1. Mai 2023 – Ihr seid die Krise! +eng

(english below)

Der erste Mai ist ein direkter Bezugspunkt anarchistischer Geschichte. Am 1. Mai 1886 und den Folgetagen wurde der Kampf für den Acht-Stunden-Tag schon massgeblich von Anarchist*innen geprägt. Einige Chicagoer Anarchisten waren es dann auch, die dafür erschossen oder gehenkt wurden und somit den 1. Mai zu einem weltweiten Tag der Erinnerung und es Kampfes machten.

Wie 1886 so befinden wir uns auch 2023 in einem angespannten Konflikt mit dem Kapital. Die Inflation hat die realen Einkommen massiv sinken lassen. Dies und die Kriegswirtschaft spülen massiv Geld in die Taschen derer, die ihren Reichtum auf der Ausbeutung, Unterdrückung und Umweltzerstörung gründen. Das Patriarchat ist brutal gewalttätig gegen FLINTA*, zersetzt widerstaendige Potentiale in der Gesellschaft und führt Menschen dem Militär zu. Der grüne Kapitalismus erblüht dank technologischer Revolutionen, die angesichts des immer weiter angeheizten Klimas und der Vernichtung der Natur nur als Angriff auf unsere Leben bezeichnet werden können. Alles dient nur den Reichen und Mächtigen, aber wir haben die Schnauze voll!

Es ist notwendig, aus der Defensive zu kommen und dabei unsere weltweiten und lokalen Kämpfe zu verknüpfen. Wir stehen an der Seite der Aufständigen gegen die herrschende Ordnung. Inspiriert werden wir, um nur einige Beispiele zu nennen, durch die offensiven Aktionen gegen den Kohleabbau in Lüzerath, gegen die Grundwasserprivatisierung und gegen die Rentenreform in Frankreich, gegen den Landraub und die Kolonisatoren in Chile durch die indigenen Mapuche Gemeinschaften, gegen die mörderische Privatisierung der Eisenbahn in Griechenland, gegen die Todesfolter in italienischen Knästen und natürlich gegen die Polizei in den Berliner Kiezen, der zu Silvester Schlagzeilen gemacht hat.

Die aktive Beteiligung von Anarchist*innen an der letztjährigen Erster Mai Demo wurde weitgehend positiv bewertetet (https://kontrapolis.info/7288/). Mehrere tausend Menschen reihten sich in den von einer offenen Versammlung organisierten anarchistischen Block ein oder schlossen sich an. Den Angriffen von Bullen auf den Block in der Sonnenallee wurden kollektiv, gemeinsam mit Aussenstehenden und erfolgreich begegnet. Jedoch denken wir, dass es mehr braucht, um den 1. Mai dem Anspruch eines kämpferischen Tages gerecht werden zu lassen und dass das freiwillige Einlaufen in einen hermetisch abgeriegelten Endkundgebungsplatz wie im letzten Jahr fragwürdig ist.

Der Erste Mai 2020 und 2021 sind für uns taktisch gesehen Vorbilder. 2020 war die Demonstration unter dem Vorwand der Pandemie verboten worden, woraufhin Leute versuchten, sich in vielen kleinen Gruppen in ganz Kreuzberg zu versammeln. Viele kleine Demonstrationen fanden gleichzeitig statt, die sich gegen die Versuche der Polizei, das Geschehen unter Kontrolle zu bringen vielfältig zur Wehr setzten, unter anderem durch Barrikaden in Seitenstraßen. Zusammenstöße mit der Polizei passierten an vielen Orten in Kreuzberg und Neukölln bis in den späten Abend. Die Demonstration 2021 löste sich vorzeitig in der Sonnenallee auf, wo es zu Straßenkämpfen kam und brennende Barrikaden errichtet wurden.

Wir rufen dazu auf, an der 1. Mai Demo mit Aktionen teilzunehmen und sie im Vorfeld durch dezentrale Aktionen zu unterstützen. Unser Ziel ist es, uns einen Ort der Auseinandersetzung von der Polizei nicht diktieren zu lassen. Wir rufen auch für den Tag der Demo Individuen und Gruppen dazu auf, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Demo Konflikte zu schaffen. Kommt vorbereitet, nutzt den Trotoir und versucht den Fallen der Bullen Fallen zu stellen!

Anarchist*innen


Anarchist call for actions – 1st of May 2023 – Ihr seid die Krise!

May 1st is a point of reference of anarchist history. On May 1st 1886 and the days after the struggle for the eight hours day was already under strong influence of anarchists. Hence it was some Chicago anarchists that got hanged or shot for it and thus made the 1st of may a worldwide day of memory and struggle.

As in 1886 we find ourselves in 2023 in severe conflict with the capital. The inflation made the real incomes decrease massively. Additionally to that the war economy is flushing loads of money in the pockets of those who found their wealth on exploitation, oppression and environmental destruction. Patriarchy is brutally violent against FLINTAs, disintegrates the potential for resistance in society and delivers peoples to military service. Green capitalism is blossoming thanks to technological revolutions, that in the face of the earth‘ warming and destruction of nature can only be described as an attack on our lives. Everything serves only the rich and powerful ones, but we’ve had enough!

It’s necessary to come out of the defensive position and to connect our local struggles to struggles in other parts of the world. We stand side by side with insurgents against the ruling order. To name some examples of our inspiration: the offensive actions against coal extraction in Luezerath, the grabbing of groundwater and the pension reform in france, the Mapuche indigenous community fighting against land grabbing and the colonisers in Chile, the collective resistance against the murderous privatisation of the railways in greece, the fights against the murderous isolation torture in italian prisons and of course the fight against the police in the neighbourhoods of Berlin, which went viral on new years eve!

The active participation of anarchists in the demo of last 1st of may was considered to have been positive (https://kontrapolis.info/7288/). Several thousand people joined the anarchist block that was organised by an open assembly. The attacks by the police on Sonnenallee were countered collectively and with help from outside. However, we think that more is needed in order to meet the expectations of a combative 1st of may and that the demonstration’s ending in a hermetically sealed place last year is questionable.

The mayday demonstrations in 2020 and 2021 are reference points of tactical inspiration. In 2020, the demonstration was forbidden under the pretext of the pandemic. Despite that, people tried to gather to demonstrate in and around Kreuzberg. Several small-size demonstrations took place at the same time, where people resisted police attempts to control the demonstrations in various ways, such as by building barricades in side streets where the demonstrations took place. Clashes with the cops took place in many areas around Kreuzberg/Neukölln until the late evening.  In 2021 the demonstration disolved preemptively in Sonnenallee and there were clashes with the police and burning barricades.

Let’s participate in the demonstration through actions and support it decentrally in advance. Our aim is not to leave the choice of the place of confrontation to the police. On the day of the demonstration we call groups and individuals to seek conflicts inside and around the demonstration. Come prepared to use the pavements/sidewalks and try to set traps to the traps!

Anarchists