Aufruf zu Gewalt an Lina E.: Rechtsextremist Sven Liebich in Chemnitz vor Gericht
Die Szenegröße rief den Insassinnen des Chemnitzer Frauengefängnisses zu, sie sollten eine Mitgefangene angreifen. Vor Gericht behauptete er, es sei nur um „ein lustiges Video“ gegangen.
Konkret rief Liebich damals: „Lina E. darf nie wieder dieses Gefängnis verlassen als lebende Person. Gebt Lina E. eine ordentliche Abreibung, wenn ihr sie erwischt.“ Einer der Begleiter Liebichs filmte die Aktion, das Video wurde auf Telegram hochgeladen. Es wurde bis heute mehr als 10.000 Mal aufgerufen. Derzeit ist es nicht mehr zu finden. Lina E. wurde im Übrigen nicht angegriffen.
Vor Gericht gab Liebichs Verteidiger an, sein Mandant habe nur „ein lustiges Video“ für seinen Telegram-Kanal machen wollen. Es sei nie darum gegangen, Lina E. zu töten, auch sei mit dem Wort „Abreibung“ keine körperliche Gewalt gemeint gewesen. Überdies sei Liebich bewusst gewesen, dass seine Rufe in dem Häftlingstrakt nicht wahrnehmbar seien.
Waren die Äußerungen in der JVA zu verstehen?
Letzteres war Dreh- und Angelpunkt des Verfahrens. Das Gericht hatte ein Gutachten zur Wahrnehmbarkeit der Äußerungen im Gefängnis eingeholt. Es kam zu keinem klaren Fazit. Offen bleibt also, ob die Wortlaute Liebichs in der JVA zu verstehen waren – und nur dann wären sie strafbar. In dem Video selbst ist allerdings deutlich zu hören, wie eine Insassin „Halt’s Maul, Wichser! Verpiss Dich!“ zurückbrüllt.
Dennoch einigten sich die Prozessbeteiligten auf eine Einstellung des Verfahrens. Im Falle der drei Mitangeklagten ohne jegliche Auflagen. Im Falle Liebichs verbunden mit einer Geldauflage in Höhe von 1200 Euro. Diese Geldauflage hatte Liebich der Ableistung von 100 Stunden gemeinnütziger Arbeiten vorgezogen.
Kommentar: Mehr Aufwand nötig
Der Aufruf zur Gewalt ist keine Bagatelle und kann selbst ohne, dass es tatsächlich zu einem Übergriff kommt, mit fünf Jahren Haft bestraft werden. Umso verwunderlicher ist es, dass Staatsanwaltschaft und Gericht nicht mehr Anstrengungen unternommen haben, um zu klären, ob die Äußerungen nun im Gefängnis zu hören waren, oder nicht. Dafür sprechen die im Video deutlich zu verstehenden Rufe der Insassinnen. Sie beweisen noch nicht, dass die Wortlaute und damit die Gewaltaufforderung Liebichs klar verstanden wurden. Klären können hätte man das aber, indem diese Insassinnen oder JVA-Bedienstete als Zeugen geladen worden wären. Das wurde versäumt.