M. N., das bekannte Gesicht der GlobaLE
Folgender Text wurde auf Plakaten der GlobaLE in Leipzig gefunden und abgeschrieben:
Als ehemalige Teilgruppe der GlobaLE setzen wir uns in diesem Schreiben mit dem Outcall von M. bezüglich sexualisierter Übergriffe im Couchsurfing Kontext auseinander.
Wir stehen solidarisch und geschlossen hinter der/den betroffenen Menschen und sehen den Schutz dieser als höchstes Gut an. Das übergriffige Verhalten von M. ist für uns persönlich, auch als ehemaliger Teil der Orgagruppe, nicht mit unseren eigenen , politischen, wie auch gesellschaftskritischen Wertevorstellungen einer solidarischen, auf awareness basierten, gleichberechtigten, feministischen Gesellschaft vereinbar – geschweige denn tragbar.
Dies impliziert für uns auch den Mut zu haben sich gegen das vorherrschende System, gegen patriarchale Strukturen und sexistische Übergriffe zu stellen und gehört zu werden. Es bedeutet für uns, sich dem Widerstand solidarisch und aktivistisch uneingeschränkt anzuschließen. Diesen Mut erkennen wir bei der betroffenen Person an und sehen den notwendigen Widerstand dankbar als Sichtbarmachung gescheiterter Strukturen, in denen Übergriffigkeit und heteronormativer Machtmissbrauch immernoch zu oft hingenommen werden. Wir danken für das Vertrauen und die Bereitschaft, uns als Verbündete anzuerkennen und den Weg in die Öffentlichkeit gemeinsam zu gehen.
M. hat seine Machtposition klar missbraucht und durch sein übergriffiges Verhalten mindestens dieser und auch anderen Personen erheblichen Schaden zugefügt und sie in ihrer Würde verletzt. Das verurteilen wir zutiefst!
Wer sind „wir“? Als ehemalig mitorganisierende Personen der GlobaLE agierten wir in verschiedenen Positionen aktiv in der Vorbereitung, Planung und Durchführung hinter den Kulissen. Unser Wunsch war es das Filmfestival divers, feministisch, antirassistisch, antikapitalistisch, global mitzugestalten. Für uns ist das Medium Film eine direkte Art Perspektiven des Alltags und der Gesellschaft greifbar zu machen. Zusammenhänge können global und politisch hinterfragt werden und lebendig mit dem Publikum und eigeladenen Diskussionsgäst:innen diskutiert werden. Das schätzen wir sehr an dem Projekt.
Wir verstehen/verstanden das Projekt GlobaLE als wichtigen Raum zur Bearbeitung gesellschaftskritischer Themen, der linksorientiert agiert und diese Grundsätze auch nach Außen trägt.
In internen Gruppenprozessen wurde jedoch schnell deutlich, dass M. durch seine jahrelange Arbeit als Aushängeschild des Projekts gesehen wird und sich selbst auch so darstellt. Interne Meinungsverschiedenheiten, besonders feministischer Themen wurden oft „weg“ diskutiert, ignoriert, nicht aktiv genug in der Orgagruppe aufgearbeitet. Direkte Kritik an M. zu Veranstaltungen wurden nicht angenommen sondern maßlos hinterfragt, anstatt die offensichtlich gemachten Fehler einzugestehen und damit weiter zu arbeiten. Mehrmals konnten wir solche Reaktionen aufgrund vermeintlich „persönlicher Kränkung“ bei Veranstaltungen miterleben und nur bedingt intervenieren. M. hat hier oft viel Raum eingenommen und wie im jüngsten Fall im Richard-Wagner Hain zu erleben war, immer noch einnimmt. (siehe: https://www.l-iz.de/kultur/film-tv/2022/08/gerangel-und-beleidigungen-das-thema-ukraine-eskaliert-bei-der-globale-video-466545)
Vor gut einem Jahr (2021) sind einzelne Personen von uns in den sozialen Medien auf eine Nachricht aufmerksam geworden, die als persönliche Erfahrung einer betroffenen Person, einen sexualisierten Übergriff im Couchsurfingkontext darstellte. Auf direkte Nachfrage erhärtet sich der Verdacht, dass es sich um M. handelt.
Die Erfahrung des sexualisierten Übergriffs hat uns als Teilgruppe emotional sehr betroffen. Vom ersten Schock, bis hin zu Wut, Mitgefühl und Ohnmacht, zeigten wir uns schnell entschlossen M. zu konfrontieren und eine kritische Auseinandersetzung auch mit der gesamten Gruppe anzustreben. Da wir selbst mit der Situation überfordert waren, holten wir uns Support von Außen, trafen uns mehrmals online und in Persona, erarbeiteten einen Konfrontationstext, bereiteten uns auf verschieden Szenarien vor und gaben uns gegenseitig emotionalen Halt und kritisches Feedback im gemeinsamen Umgang.
Dies wollten wir, immer in Kontakt und Absprache mit der betroffenen Person, auch so in die gesamte Gruppe tragen. Einen Aufarbeitungsprozess gemeinsam, sinnhaft, transformativ, und solidarisch angehen.
Die Konfrontation fand zunächst im direkten Gespräch mit M. und anschließend in der Großgruppe statt und endete mit einem baldigen Kontaktabbruch und unserem Austritt als Teilgruppe.
Im Nachgang wird uns von Außenstehenden (mit M. in Kontakt stehenden Personen) vorgeworfen, M.s Bereitschaft zur Aufarbeitung der Lage nicht anzuerkennen. Eine Bereitschaft von der wir vor einem Jahr und bis heute nichts gemerkt haben. Unsere Forderungen und Vorschläge zu einem gemeinsamen Umgang mit dem Vorfall wurden überhört, ignoriert und eindringlich verneint.
Unsere Forderungen beinhalteten unter anderem eine Auseinandersetzung mit der eigenen toxischen Sozialisation, mit dem Hinterfragen von sexistischen Äußerungen und Handlungen innerhalb der Gruppe, aber auch eine öffentliche Äußerung durch M. zu den Vorfällen und den Rückzug der öffentlichen Präsenz als Person, um betroffenen Menschen den Raum zu geben, den er durch sein grenzverletzendes Verhalten genommen hat.
All diese Punkte wurden nicht ernst genommen, für unmachbar erklärt und in einer Diskussion mit der Gruppe stark angefochten. Wir waren entsetzt über diese Reaktionen. Denn das einzige wozu M. Bereitschaft gezeigt hat, war Herauszufinden wer die betroffene(n) Person(en) ist – Namen, Telefonnummer, Adresse – auch gegen den deutlichen Willen der betroffenen Person eines Treffens.
Dies ging soweit das nicht nur mit der Polizei gedroht, sondern diese auch durch M. kontaktiert wurde – Namen der Konfrontationsgruppe wurden ohne Wissen und ohne Einwilligung an die Polizei weiter gegeben. Dies war für uns das Ende der Zusammenarbeit, das Ende unserer Bereitschaft transformativ und kooperativ zusammen den Vorfall mit ihm, mit der Gruppe zu bearbeiten.
Wenn M., wie nun von verschiedenen Personen laut wird, Bereitschaft zur Aufarbeitung zeigen würde, würde es nicht primär darum gehen ein für ihn klärendes Gespräch mit betroffenen Personen zu suchen. Sondern anzuerkennen, dass er Fehler gemacht hat und Kritik als solche anzunehmen.
Er würde sich mit seiner Rolle als links politisch agierende Person in der Öffentlichkeit, als männlich sozialisiert und dadurch privilegierte Person im alltäglichen Umgang, als Täter, der toxische und sexualisiert Übergriffe (re)produziert und anderen Menschen damit geschadet hat, kritisch auseinandersetzen. Zu all dem ist er offensichtlich nicht bereit. Denn sein Couchsurfing-Profil war noch lange nach der Konfrontation aktiv, Personen, die sich solidarisch mit den Betroffenen geäußert und Warnungen in FLINTA Räumen ausgesprochen haben, haben durch M. ungefragt Drohungen und Vorwürfe von Unwahrheit und Lüge erhalten.
Und was ist tatsächlich nach der Konfrontation passiert?
Der Couchsurfingaccount blieb lange weiter aktiv.
Personen der Konfrontationsgruppe wurden nochmals nach Adressen und Klarnamen aller Beteiligten angefragt, zur vollständigen Meldung bei der Polizei.
Er und das Festival wird weiter finanziert und an Orten gezeigt, die sich klar feministisch und gegen Diskriminierung aussprechen.
Er als Person steht weiter in der Öffentlichkeit.
Betroffene werden weiter durch ihn und die in der ganzen Stadt aushängenden Plakate an die Taten erinnert. Äußerungen von weiteren Betroffenen wurden als Verleumdung abgetan.
Die Wut im Bauch bleibt.
Auch mehr als ein Jahr nach der Konfrontation haben wir nicht das Gefühl, dass hier echte Bereitschaft durch M. gezeigt wird, sich und sein Verhalten zu reflektieren. Seine Strategie scheint zu sein: Betroffenen zu drohen und alles still auszusitzen. Dies bedauern wir sehr!
Wir stehen weiterhin hinter allen betroffenen Personen und stehen auch diesen gerne zur Kontaktaufnahme und zum gegenseitigen Austausch zur Verfügung: criticalcineLe@riseup.net
Für uns bedeutet das weiterhin den Boykott der Veranstaltungen. Zeigt euch solidarisch mit den betroffenen Personen.
Wir fordern von M. sich aus dem öffentlichen Raum zurückzuziehen, sich kritisch mit seinen Verhaltensweisen auseinander zu setzen, sich Unterstützung zu holen und die Bedürfnisse der Betroffenen zu respektieren! Zusätzlich fordern wir alle Unterstützungsplattformen auf, die Zusammenarbeit mit dem Filmfestival ernsthaft zu hinterfragen und einzustellen. Eine Kooperation unter diesen Umständen scheint für uns nicht möglich.
Wir sitzen es nicht aus! Wir werden laut! Solidarische Grüße!
weiterer Artikel (https://www.l-iz.de/leben/gesellschaft/2022/09/verantwortung-uebernehmen-das-beispiel-eines-mutmasslichen-uebergriffs-in-leipzigs-linker-szene-467975):
Verantwortung übernehmen: Das Beispiel eines mutmaßlichen Übergriffs in Leipzigs linker Szene
Manu war 18 Jahre alt, als er für einige Tage nach Leipzig reiste. Über die Plattform „Couchsurfing“ war ihm ein Schlafplatz angeboten worden. Er übernachtete bei einer deutlich älteren Person, die in der linken und alternativen Szene Leipzigs stark präsent ist. In der ersten Nacht soll es verbale und körperliche Übergriffe gegeben haben. Später wird der Gastgeber von Mitgliedern eines Projekts, dessen Gesicht er ist, mit den Vorwürfen konfrontiert. Am Ende verlässt das halbe Kollektiv das Projekt.
Es gehe ihm nicht um Strafe oder Ausschluss, erklärt Manu. Vielmehr wolle er, dass die Themen Sexismus und Übergriffigkeit öffentlich reflektiert werden. Er möchte, dass sichtbar wird, wie Taten, derer sich Täter/-innen manchmal gar nicht bewusst seien, im Leben der Betroffenen Platz einnehmen und sie zwingen, sich damit auseinanderzusetzen, ob sie wollen oder nicht. Und er wolle sich trauen, Räume wieder einzunehmen, sagt Manu – Räume, die er zuletzt gemieden habe, weil dort eine Person unterwegs sei, die ihm gegenüber übergriffig geworden ist. Denn das, was ihm passiert sei, sei nichts, wofür er Scham oder Schuld empfinden müsse.
In der linken Szene stark präsent
Manu heißt eigentlich anders. Als er 18 Jahre alt war, reiste er für einige Tage nach Leipzig. Ein Schlafplatz sei ihm über „Couchsurfing“ angeboten worden, berichtet Manu. Das ist eine weltweite Community, die sich kostenlos Sofa oder Gästebett zur Verfügung stellt. Manu übernachtete bei einer deutlich älteren Person, die in der linken und alternativen Szene Leipzigs stark präsent ist. Der Name des Mannes ist der Redaktion bekannt. An dieser Stelle soll er Christian heißen.
Ein Gästebett habe er nicht bekommen, sagt Manu, stattdessen einen Platz in Christians Bett. Dort sei Christian aufdringlich geworden. Als Manu sich weggedreht und deutlich „Gute Nacht“ gesagt habe, habe Christian geantwortet, dass er „schon einen Ständer“ und „nicht alle Tage so eine heiße 18-Jährige im Bett“ habe. Damals wurde Manu von seinen Mitmenschen noch als Frau wahrgenommen.
Später sei er von einer Hand an seinem Po wach geworden. In der nächsten Nacht habe Manu eine eigene Matratze verlangt und bekommen. Dann habe er anderswo Unterschlupf gefunden. „Das war für mich gar nicht so ein großes Ding“, sagt er rückblickend, „zumindest wollte ich nicht, dass es eins ist“. Dennoch habe es ihn nicht losgelassen, besonders, als er Christian wieder begegnet sei: bei einer Feier, in einer Bar und indirekt immer wieder, weil man an Christian in der linken Szene Leipzigs schwer vorbeikommt.
Das Gesicht des Projekts
Manu fing an, über den Übergriff zu sprechen. So erfuhren Menschen davon, die im gleichen Projekt wie Christian arbeiteten. Sie seien nicht überrascht gewesen, sagen sie. Zuvor hätten sie schon bemerkt, dass Christian sich sexistisch äußere und verhalte. Versuche, das anzusprechen, seien im Projektteam auf Gegenwind gestoßen.
Als sie vom Übergriff erfuhren, stellten sie das gemeinsame Projekt infrage: „Wofür stehen unsere Gruppe und ihr politischer Hintergrund? Welche Machtposition hat er in der Öffentlichkeit?“ Denn Macht habe Christian: Kontrollierend sei er, charismatisch und das öffentliche Gesicht des Projekts, bei dem damals etwa zehn Personen im Hintergrund gearbeitet hätten.
Drei Monate lang haben sie in einer Kleingruppe geplant, wie sie mit Christian über den Übergriff sprechen, berichten die Beteiligten. Etwa das halbe Projektteam sei dabeigewesen. Christian ausschließen wollten sie nie, sagen sie, sondern ihn unterstützen, sein Verhalten zu reflektieren und zu ändern. „Verantwortung übernehmen“, heißt es in einem Statement, das sie Christian demnach zunächst in kleinem Kreis vorgelesen haben. Darin erklären sie, dass er Täter eines sexuellen Übergriffes sei, seine Machtposition missbraucht habe und Konsequenzen ziehen müsse.
Ihnen sei es nicht um eine Schuldzuweisung gegangen, aber genau das sei bei Christian angekommen. Die Gruppe habe ihm Podcasts und Texte über Feminismus und Täterschaft gegeben. „Das ist nicht meine Meinung“, habe Christian die Inhalte kommentiert. Bei einem Gespräch mit dem gesamten Team sei „dann alles schiefgegangen“.
Christian habe gesagt, er habe der Polizei die Vornamen derjenigen genannt, die ihn konfrontiert hatten. In der Diskussion seien zwei Fronten entstanden, berichtet die Gruppe. „Wir sind mit einem ganz anderen Anspruch reingegangen. Er hat es geschafft, alles so zu drehen, dass wir den Fokus verloren haben.“
Arbeit gegen Sexismus kostet Kraft
Die Kleingruppe sei nach diesem Treffen desillusioniert gewesen. Das Androhen der Polizei habe ihr Vertrauen zerstört. Wenige Tage später seien sie aus dem Projekt ausgestiegen. Ein Jahr sei das jetzt her. Konsequenzen, zum Beispiel, dass Christian den Vorfall aufarbeitet, sich öffentlich dazu äußert oder sich aus dem Scheinwerferlicht und der Couchsurfing-Community zurückzieht, habe es nicht gegeben.
„Vielleicht weine ich dem Projekt hinterher, aber ich bin auch wütend, dass es ungehindert weiterläuft, er weiter in dieser Struktur ist, weiterhin Leute bei ihm übernachten“, sagt eine Person. Eine Anfrage der Leipziger Zeitung (LZ) an Christian blieb unbeantwortet.
Es seien nicht nur er und das eine Projekt, die Sexismus und Täterschaft bearbeiten müssten, sagt die Gruppe. Oft dauere das Jahre, müsse von vielen Menschen gemeinsam bewältigt werden und bedeute, Verantwortung zu übernehmen und sich immer wieder mit emotionalen und triggernden Themen auseinanderzusetzen. Das sei auch deshalb kräftezehrend, weil die Veränderungen und Erfolge oft nur minimal seien. In Leipzig gebe es längst nicht die Strukturen, die dafür nötig wären. Letztlich sei es die Arbeit aber wert.
„Verantwortung übernehmen“ erschien erstmals am 28. August 2022 in der aktuellen Printausgabe der Leipziger Zeitung (LZ).
M.N. ist nicht nur das bekannte Gesicht der GlobaLE, er kann auch der DKP Leipzig und der Kommunistischen Organisation (KO) zugerechnet werden.