Gefängnis statt Geldzahlung: So viel muss Sachsen für die Unterbringung zahlen

Wer eine Geldstrafe nicht zahlen kann oder will, muss ins Gefängnis. Immer mehr Verurteilte in Sachsen wählen diese Option. Für den Freistaat ist das teuer. Justizministerin Katja Meier (Grüne) fordert ein Umdenken.

Leipzig. Die Gerichte in Deutschland verurteilen pro Jahr rund 700.000 Menschen. In vier von fünf rechtskräftigen Urteilen werden dabei Geldstrafen verhängt. Wenn Verurteilte ihre Strafe nicht zahlen können oder wollen, müssen sie die sogenannte Ersatzfreiheitsstrafe antreten. Für die Anzahl der gerichtlich festgelegten Tagessätze müssen die Betroffenen dann hinter Gitter Dabei geht es oftmals um vermeintlich kleinere Straftaten wie Schwarzfahren oder Diebstahl. Für die Unterbringungskosten kommt der Steuerzahler auf.

Ersatzhaft: Geldstrafe nicht bezahlt – ab ins Gefängnis

Wie viele Menschen bundesweit pro Jahr Ersatzfreiheitsstrafen verbüßen, kann nur geschätzt werden, da der Bund keine langfristigen Daten erhebt. Die Linksfraktion im sächsischen Landtag geht davon aus, dass deutschlandweit jährlich etwa 40.000 bis 50.000 Menschen eine Ersatzhaft antreten, wie aus einem Antrag der Fraktion von Februar 2022 hervorgeht. Das wären – errechnet aus den vorliegenden Zahlen – fast zehn Prozent aller zu einer Geldstrafe verurteilten Personen.

So viele Inhaftierte saßen in Sachsen in Ersatzhaft

Für den Freistaat Sachsen gibt es hingegen konkrete Zahlen: 2021 wurden 1515 Ersatzfreiheitsstrafen vollzogen. Daraus ergaben sich 72.707 Tage Ersatzhaft – durchschnittlich sind das pro Person 48 Tage, wie das sächsische Justizministerium auf LVZ-Anfrage mitteilt.

Teure Unterbringung im Gefängnis

Doch was kostet Sachsen die Unterbringung? Für jeden der Inhaftierten fiel laut Justizministerium ein Tageskostensatz in Höhe von rund 150 Euro an. Hinzu kamen für das Jahr 2021 noch rund 60 Euro pro Kopf an Mehrkosten wegen Bau-Investitionen. Die Unterbringung nur einer Person in Ersatzhaft kostete die Sächsischen Steuerzahler im vergangenen Jahr also täglich rund 210 Euro.

Ersatzfreiheitsstrafe: Belastung von 15 Millionen Euro

Multipliziert man die abgesessenen Tage in Ersatzhaft mit den Ausgaben pro Kopf, erhält man ein Ergebnis von knapp 15,5 Millionen Euro, die im Jahr 2021 für die Unterbringung von Menschen in Ersatzhaft in Sachsen aufgebracht werden mussten. Wenn die verhängten Geldstrafen nicht gezahlt werden und eine Ersatzfreiheitsstrafe angeordnet wird, entgehen dem Freistaat Sachsen zudem Einnahmen in Höhe von rund 1,39 Millionen Euro.

Sachsens Justizministerin Meier will Debatte anstoßen

Mit Blick auf die Kosten und das Absitzen von kleinen Strafen will Sachsens Justizministerin Katja Meier (Grüne) eine Debatte anstoßen und plädiert für ein Umdenken bei der Ersatzfreiheitsstrafe. Die Behörden, so Meier, würden bereits vielfache Anstrengungen unternehmen, um die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafen abzuwenden. Dies geschehe auch zum Wohle der Betroffenen. Sie unterstütze deshalb den Plan der Bundesregierung, das Strafrecht zu entrümpeln.

Bundesjustizminister Marco Buschmann macht Vorschlag

Auf Bundesebene brachte Justizminister Marco Buschmann (FDP) im Juli 2022 den Vorschlag ins Gespräch, die Anzahl der Ersatzhafttage zu halbieren. Wer beispielsweise zu einer Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen verurteilt wurde, der muss bislang bei Nicht-Zahlung 30 Tage in Ersatzhaft. Buschmanns Vorschlag würde in diesem Fall also vorsehen, dass nur noch 15 Tage verhängt würden.

Verurteilte, denen die Ersatzfreiheitsstrafe droht, können sich in Sachsen kostenlose Hilfe und Beratung beim Verein für soziale Rechtspflege Dresden e. V. und der Caritas Leipzig holen.