Vor 10 Jahren – Zwei Demonstrationen am Connewitzer Kreuz zum Jahreswechsel 2011/2012

Wir wollen hier in unregelmäßigen Abständen autonome Leipziger Stadtgeschichte dokumentieren. Dabei gehen wir immer 10 Jahre zurück und tragen zu besonderen Ereignissen zusammen, was wir noch finden.

Teil I: Antifa-Demo gegen einen Vortrag von Karl-Heinz-Hoffmann in der O8

Demonstrationen und Auseinandersetzungen mit den Bullen zu Silvester am Connewitzer Kreuz haben eine lange Tradition. Auch wenn es dieses Jahr vergleichsweise ruhig zuging und sich Auseinandersetzungen in der Hauptsache im Leipziger Osten abspielten, ist der Jahreswechsel am Connewitzer Kreuz über die Stadtgrenzen hinweg bekannt. Die unterschiedlichen Polizeipräsidenten haben über die Jahre einiges ausprobiert, um Connewitz als Stadtteil gerade an Silvester unter Kontrolle zu bringen. Bis 2012 hieß der Leipziger Polizeipräsident Horst Wawrzynski, der 2012 erfolglos versuchte, für die CDU als Oberbürgermeister die Stadtregierung zu übernehmen. Unrühmlich hervorgetan hatte Wawrzynski sich seinerzeit im „Journalistenprozess“ im Rahmen der Ermittlungen und Skandale rund um den Sachsensumpf. Er selbst hatte versucht, über den Sachsensumpf berichtende Journalisten durch Anzeigen wegen Verleumdung zum Schweigen zu bringen. Auch Wawrzynski hatte seinerzeit auf eine Belagerung des Viertels gesetzt, in der Hoffnung, einen Krawall oder ähnliches eindämmen zu können. Dass er damit scheiterte, ist dem folgenden Bericht über Silvester vom 3.1.2012 zu entnehmen:

Leipzig: 2 Demonstration am Silvesterabend

In Leipzig demonstrierten zu Silvester „Yuppies“ und „Linksradikale“ gegen die mittlerweile übliche Repression in Connewitz. Wie jedes Jahr wurde Connewitz zur staatlich überwachten Sonderzone in Sachsen. So teilt die LVB mit: „In der Silvesternacht vom 31. Dezember 2011 zum 1. Januar 2012 in der Zeit von 23 Uhr bis 4.20 Uhr wird wegen zu erwartender Unruhen das Connewitzer Kreuz nicht angefahren, es fahren weder Straßenbahnen noch Busse. Alle Fahrten enden an der Haltestelle Karl-Liebknecht-/Richard-Lehmann-Straße.“ Zudem teilte die Stadtverwaltung mit, dass rund um das Connewitzer Kreuz von 20 bis 6 Uhr kein Alkohol verkauft werden dürfe.

Wie immer wurde das Kreuz auch weiträumig abgesperrt, die 1. Straßen wurden schon um 21Uhr für den Verkehr dicht gemacht, damit die Polizei schon mal in Stellung gehen konnte. Ebenfalls wie immer kreiste schon am frühen Nachmittag ein Hubschrauber über den Viertel und es wurde schon vorsorglich alles vernagelt und abtransportiert was kaputt gehen könnte oder anderweitig „Zweckentfremdet“ werden könnte.

Soweit also alles wie immer. Nur in diesem Jahr begnügte die Polizei sich nicht damit auf Abstand zu bleiben wie im vergangenen Jahr und war wieder offensichtlich mit mehr „Kräften“ am Kreuz in Position gegangen.

Gegen 1Uhr bewegten sich dann zwei Demonstrationen in Richtung Kreuz, die eine aus der Bornaischen Straße kommenden mit dem Motto:„Yuppies vs. Bullenterror“. Die 1.Reihe war auch dementsprechend gekleidet und gab folgende Parolen zum Besten:

„Kavier statt Käsestulle lieber Yuppie als n`Bulle!“
„Yuppiemacht und Yuppiepower Horst du bist der größte Bauer!“

(Horst ist der Vorname des Leipziger Polizeipräsidenten, der auch dieses Jahr vor Ort war und den Einsatz leitete)

„Gentrifidingsbumms kenn`wir schon, Yuppies gegen Repression!“
„So viel wie eine Bullenkarre kostet die Importzigarre!“

„Statt 100 Polizisten zwei Proseccokisten!“
„Keine Erbschaft, wenig Lohn Bullen in die Produktion!“

„Grün und Blau ist gerad`nicht In, trotzdem lauft ihr rum da drin!“
„Es weiß doch die ganze Welt, Bullen kosten Steuergeld!“

„Lauter, teurer, immer schärfer, Schampus in den Wasserwerfer!“

Aus der Wolfgang-Heinze-Str. kam eine klassische „Black-Block“-Demo mit dem Motto: „Linksradikal ins neue Jahr“. Hier wurden die üblichen Demoparolen gerufen:

„129 kennen wir schon, Feuer und Flamme der Repression!“
„Horst, Horst, Horst wie noch nie, all cops are…!“
„Alerta…“usw.

Beide Demonstrationen begegneten sich in der Wolfgang-Heinze-Straße und lösten sich dann später auf.

Einige Leute bauten dann noch eine Barrikade aus Mülltonnen auf der selbigen Straße und kippten zwei Metallmasten auf die Oberleitung der Straßenbahn. Auf dieser lag kein Strom, da die Bahnen nicht umsonst umgeleitet werden, steht doch seit Jahren der Wasserwerfer immer bereit.

Die Polizei versuchte einzelne Leute festzunehmen, beschränkte sich aber hauptsächlich auf das wahllose schlagen und beleidigen von Personen die in Reichweite waren. Also wie so oft gar nicht jene Leute, die irgendetwas gemacht haben, außer am Kreuz zugegen zu sein. Sie verschoss sogar Tränengasgranaten auf der Wolfgang-Heinze-Str. um die Menschen zu vertreiben.

Das war sie, die große „Randale“ vor der sich Leipzig jedes Jahr aufs neue fürchtet. 11 Personen wurden festgenommen und zwei Polizisten an der Hand verletzt (wahrscheinlich beim zuschlagen zu dumm angestellt).

The same procedure as every year.