Chatgruppe „Terrorcrew Taucha“ – „Sie wollten die Deutungshoheit in Taucha“- Gericht verurteilt vier junge Männer
Am Amtsgericht Eilenburg endete ein Prozess gegen vier Heranwachsende. Sie haben geraubt, geschlagen, getreten. Zwei Angeklagte erhielten Jugendhaftstrafen auf Bewährung.
Tobias, Benny, Jason und Sandy (Namen der Angeklagten geändert) aus Taucha sind 18, 19, 20 und 21 Jahre alt. Von 2023 bis 2025 haben sie in Taucha und in Leipzig mehrmals auf verschiedene Opfer eingeschlagen und getreten, haben beleidigt, genötigt und abgezogen. Nie alle gemeinsam, sondern in wechselnden Gruppierungen oder allein.
In Prozess vor einem Jugendschöffengericht am Amtsgericht Eilenburg ging es um elf Vorfälle. Am dritten Verhandlungstag wurden die vier zu unterschiedlichen Strafen und sogenannten Zuchtmitteln nach dem Jugendstrafrecht verurteilt.
Opfer wird brutal zusammengeschlagen
Die schwerste Einzelstraftat beging der heute knapp zwanzigjährige Sandy. Er verprügelte am 2. Mai dieses Jahres einen ihm körperlich unterlegenen und jüngeren Jugendlichen, den er nur von WhatsApp-Nachrichten kannte.
Sandy gibt die Attacke zu. Richter Peter Gottschaldt versucht bei der Befragung des Opfers trotzdem, mit Details die besondere Brutalität des Angriffs sichtbar zu machen: Der Angeklagte ist MMA-Kampfsportler und hat die gelernten Methoden angewendet, davon ist das Gericht überzeugt.
Sein Opfer hat jetzt eine Platte in der Augenhöhle, sah lange Doppelbilder und leidet noch unter Taubheitsgefühlen im Gesicht. Richter Gottschaldt spricht von einer „das Leben bedrohenden Schwere“ dieser Körperverletzung. Sandy entschuldigt sich im Gericht bei seinem damaligen Opfer. Sein Verteidiger stimmt einer Schmerzensgeldvereinbarung über 4000 Euro zu.
Chatgruppe nennt sich Terrorcrew Taucha
Der Angeklagte bekommt eine Jugendstrafe von zehn Monaten Gefängnis, ausgesetzt auf zwei Jahre zur Bewährung. Dass er auch dabei war, als drei Vermummte gut anderthalb Jahre zuvor einem Mann eine Mütze und zwölf Gramm Marihuana abnahmen, kann das Gericht nicht nachweisen.
Sandys Namenskürzel tauchen zwar in einer Chatgruppe auf, die der Polizei mit zur Aufklärung dieser und anderer Taten diente. Anders als die anderen beiden hatte das Opfer ihn nicht erkannt. Die drei anderen Angeklagten verortete das Gericht dagegen sicher in jener Chatgruppe, die sich im Zeitraum einiger der Straftaten „Terrorcrew Taucha“ nannte.
Die Mitglieder sprachen über Straftaten und das Aufteilen von Beute, stachelten sich an, Leute abzuziehen und Automaten zu sprengen. An einer dieser Sprengungen war nach Überzeugung des Gerichtes der 20-jährige Benny beteiligt.+
Geschlagen und getreten
Ihm ordnet das Gericht mehr Taten als jedem anderen der vier Angeklagten zu. Er war einer der Vermummten, gehörte zu wechselnden Gruppierungen, die auf zufällig angetroffene andere Leute einschlugen und eintraten. Er war dabei, als ein offenbar aufdringlicher Junkie zusammengeschlagen wurde, er bedrängte und bedrohte mutmaßlich linke Opfer.
Bei Benny erkennt das Gericht sogenannte schädliche Neigungen. Seine Strafe fällt deswegen am höchsten aus: Ein Jahr und sechs Monate Gefängnis, ausgesetzt auf zweieinhalb Jahre zur Bewährung.
Geldauflagen und gemeinnützige Arbeit
Anders die Einschätzung bei Jason, der an den wenigsten Taten beteiligt war. Ihn sieht Staatsanwalt Manuel Schlenkrich als einen jungen Mann, der „zur falschen Zeit am falschen Ort“ und mit den falschen Leuten unterwegs war. Er kommt mit 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit und 200 Euro davon, die er an einen Eilenburger Stadtteilverein zahlen muss.
Auch bei Tobias, dem jüngsten Angeklagten, verzichtet das Gericht vorläufig auf eine Jugendstrafe. Die Entscheidung darüber wird auf zweieinhalb Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Er muss einen sozialen Trainingskurs absolvieren und 50 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.
Gericht erkennt Muster im Vorgehen der jungen Männer
Die Verteidiger hatten bei mehreren Taten Freisprüche für ihre Mandanten gefordert oder nur geringe Verschulden gesehen. Auch, weil die jeweiligen Opfer den Anlass für die Überfälle gegeben haben sollen. Das Gericht erkannte zumindest bei den drei Angeklagten, welche die Straftaten wechselnd gemeinsam begingen, gerade darin ein Muster.
„Sie waren befreundet oder bekannt und beanspruchten für sich, die Deutungshoheit in Taucha zu haben“, schloss Richter Gottschaldt aus den Beweisen und Indizien. Bei geringsten Anlässen sei es zur Gewalt gekommen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.