Provokation gefloppt: Linke Demonstranten legen Neonazi im Alaunpark rein

Ist Neonazi Max Schreiber (38, „Freie Sachsen“) plötzlich um Flüchtlinge besorgt? Eigentlich wollte er provozieren, gab vor, an der Meinung der Neustädter in Dresden bezüglich linker Gewalt interessiert zu sein – doch der eher linksorientierte Szene-Kiez wandelte die Aktion in einen Spendenlauf für Seenotrettung um.
„Für jeden Meter, den Max Schreiber in der Neustadt läuft, werden fünf Euro an ‚Mission Lifeline‘ gespendet“, versprachen Anne Herpertz (27) und Rita Kunert (63), die diese Spendenaktion ins Leben gerufen hatten.
Sehr weit kam Schreiber aber nicht: Kaum tauchte er am Freitag im Alaunpark auf, waren auch Neustädter da, die ihn aufriefen, weiterzulaufen – für die Flüchtlinge.
Aber auch Beschimpfungen gab es. So kam wenig später auch die Polizei hinzu und entdeckte nach einem Hinweis, dass Schreiber auf seiner Wade das Symbol des „Reichsarbeitsdiensts“ (RAD) tätowiert hatte, ein NS-Symbol.
Die Polizei ermittelt nun gegen ihn, und er musste es abkleben. Anschließend erhielt er neben der Anzeige noch einen Platzverweis für die Neustadt.
Polizei bringt Max Schreiber zum Auto
Umringt von Polizei und rund 350 Protestierern zog Schreiber wieder Richtung Garnisonkirche ab. Auf dem Weg wurde er mit einer Zigarette beworfen – die Polizei ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung.
Zudem wurde offenbar einem rechten Streamer Ausrüstung gestohlen.
Gegen 19.23 Uhr zogen sich die Protestierer wieder zurück. Die Polizei brachte Schreiber zu seinem Auto. Rund 50 Beamte waren im Einsatz.
Da so nur wenige Kilometer zusammenkamen, rechneten die Spendensammler auch die Warteminuten mit an.
Die Aktion brachte Mission Lifeline 4000 Euro ein. Es wird aber noch bis 7000 Euro weitergesammelt.
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Alexander Schneider, Andreas Weller und Franziska Anders Sächsische 08.08.2025
Rechtsextremist Max Schreiber scheitert mit Provokation in der Dresdner Neustadt
Der rechtsextreme Aktivist Max Schreiber wollte am Freitagabend durch die Dresdner Neustadt marschieren. Doch Anwohner reagierten sofort – und machten die Aktion zunichte. Eine Spendenaktion für die Seenotrettung kehrte den Auftritt ins Gegenteil.
Der rechtsextreme Aktivist Max Schreiber von der Kleinstpartei „Freie Sachsen“ hat mit seinem Auftritt in der Dresdner Neustadt am Freitagabend nur wenige Meter zurücklegen können. Hunderte Anwohner versammelten sich binnen Minuten, woraufhin die Polizei ihn stoppte und mit einem Platzverweis belegte.
Schon einige Tage zuvor hatte Schreiber angekündigt, ab 17 Uhr auf der Louisenstraße, der Alaunstraße und im Alaunpark „unbequeme Fragen“ stellen zu wollen. Sein Auftritt galt als gezielte Provokation im als links geltenden Szeneviertel. Die Polizei war mit starker Präsenz vor Ort.
Spendenaktion kehrt rechte Provokation um
Gegen den Aufmarsch formierte sich auch kreativer Protest. Unter dem Motto „Max pro Asyl“ hatten Stadträtin Anne Herpertz (Piraten) und Rita Kunert von Seebrücke Dresden zu einer Spendenaktion aufgerufen. Für jeden Meter, den Schreiber zurücklegt, sollten fünf Euro an die Seenotrettungsorganisation „Mission Lifeline“ gespendet werden.
Spendensammler waren mit Bargeldbüchsen unterwegs, zusätzlich gab es die Möglichkeit, online zu spenden. Die Aktion stieß auf breite Unterstützung – drehte die Provokation ins Gegenteil und gab dem Gegenprotest ein fröhliches Gesicht. Bis zum späten Abend waren laut Rita Kunert bereits mehr als 4000 Euro an Spenden eingegangen.
Polizeiangaben zufolge waren etwa 350 Personen zum Gegenprotest im Alaunpark anwesend.
Weit kamen Schreiber und seine Begleiter, ein stark tätowierter Rechtsextremist und ihre Video-Buddys, jedoch nicht. Noch im Alaunpark, wo Schreibers Irrgang begonnen hatte, war auch schon Schluss. Die Polizei stoppte den 38-Jährigen noch bevor die Gegendemonstration vor Ort war. Die Neustadt ist für den Rechtsextremen eine No-go-Area.
Eine Dreiviertelstunde dauerte der Stopp, denn auf Schreibers Wade prangte ein rechtsextremes Symbol, ein Zeichen des Reichsarbeitsdienstes, einer Unterorganisation der NSDAP. Gegen ihn wurde ein Strafverfahren wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen eingeleitet.
Schreiber mit brennender Zigarette beworfen
Darüber hinaus erhielt Schreiber einen Platzverweis für die Neustadt bis zum nächsten Morgen, 8 Uhr. Der Rückzug jedoch gestaltete sich schwieriger. Die Polizei musste die Rechten schützen und zurück zur Stauffenberg Allee begleiten.
Dort wurde Schreiber laut Polizeiangaben von einem Unbekannten mit einer brennenden Zigarette beworfen. Die Polizei ermittelt auch in diesem Fall. 50 Polizisten waren wegen Schreibers unangemeldeter Aktion im Einsatz.
Angriff in der Neustadt als Grund für Schreibers Neustadt Besuch
Hintergrund für Schreibers „Neustadt-Besuch“: In der Nacht zum Dienstag kam es auf der Görlitzer Straße in der Neustadt zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen zwei Gruppen. Da der Staatsschutz ermittelt, könnte die Attacke politisch motiviert gewesen sein.
In der Görlitzer Straße soll eine etwa achtköpfige, maskierte Gruppe sechs Frauen und Männer im Alter von 19 bis 28 Jahren angegriffen haben. Laut Polizei waren die Täter mit Schlagstöcken bewaffnet, warfen mit Glasflaschen und bedrohten eine 19-Jährige mit einer Pistole. Ein Teil der Betroffenen – allesamt Deutsche – konnte mit einem Opel fliehen, welcher von den Angreifern mit Flaschenwürfen und Tritten traktiert wurde.
Nur wenige Stunden zuvor war es auf der Louisenstraße zu einem ähnlichen Vorfall gekommen. Dort wurde ein junger Mann von mehreren Unbekannten angegriffen, konnte jedoch entkommen, teilt die Polizei mit.
Schreibers Masche: Mit Auftritten provozieren
Doch Schreiber wartet auf solche Anlässe. Erst im Juli war er in einer Mönchs-Verkleidung durch das sogenannte arabische Viertel am Rundkino gezogen, die er als eine „No-go-Area“ für Christen bezeichnete. Wieder war sein stark tätowierter Freund dabei, ebenfalls verkleidet. Beide trugen an jenem Freitagnachmittag Kreuze vor sich. Auch diese Aktion war nicht angemeldet, die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort.
Schreiber hatte sich für diese Aktion „Maxus von Nazireth” genannt, von einem „Experiment“ gesprochen, mit dem er zeigen wollte, dass ein Christ nicht unwidersprochen oder gar ungefährdet durch die Dresdner Innenstadt laufen könne. „Anlass“ dafür war eine Demo der „Freien Sachsen“ gegen mutmaßlich kriminelle Ausländer in Leuben. Eine Pfarrerin hatte bei einer zeitgleichen Andacht gesagt, „Jesus hat keine No-go-Areas gepredigt“.
Max Schreiber, Stadtrat in Heidenau und Kreistagsabgeordneter im Landkreis Sächsische Schweiz/Osterzgebirge für die „Freien Sachen“ veranstaltet seit Jahren Demonstrationen in Dresden, oft geht es dabei gegen kriminelle Ausländer.
Im Juni 2024 wurde Schreiber selbst am Amtsgericht Dresden für eine Fülle von Straftaten verurteilt, unter anderem wegen unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, Nötigung, Amtsanmaßung, Volksverhetzung und Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz.
Er erhielt eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten auf Bewährung, die jedoch noch nicht rechtskräftig ist. Im Oktober ist sein Berufungsprozess am Landgericht Dresden geplant.
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Elias Hantzsch DNN 07.08.2025
„Neonazi“ Max Schreiber will Neustadt aufmischen: Viertel reagiert mit Spendenaktion
Der Stimmungsmacher Max Schreiber von den rechtsextremen Freien Sachsen möchte am Freitag im linken Szenekiez Dresdens „unbequeme Fragen stellen“. Gegenprotest, auch in Form einer Spendenaktion für Seenotrettung, ist geplant. Die Polizei ist vorbereitet.
Nach zwei Angriffen einer mutmaßlich linken Gruppe auf mutmaßlich rechte Gruppen in der Dresdner Neustadt Dienstagnacht, 3 Uhr, mobilisiert der Stimmungsmacher Max Schreiber von der rechtsextremen Kleinstpartei Freie Sachsen in das links geprägte Szeneviertel. Der Polizei zufolge habe die achtköpfige Angreifergruppe bei den Taten am Dienstag unter anderem Schlagstöcke genutzt, Glasflaschen geworfen und mit einer Pistole gedroht. Der Staatsschutz ermittelt noch – ein Anzeichen für eine politisch motivierte Tat.
Ab 17 Uhr am Freitag will Schreiber mit Anhängern auf der Louisenstraße, der Alaunstraße und im Alaunpark „ein paar unbequeme Fragen“ stellen. Hier vermutet Schreiber Hochburgen von Linksradikalen. Tatsächlich gilt die Neustadt als linkes Viertel. Demzufolge ist mit Gegenprotesten zu rechnen. Verschiedene Bündnisse rufen zu Gegenprotesten auf. Die Anzahl der Demonstranten auf beiden Seiten lässt sich nicht seriös vorhersagen.
In der Polizeidirektion ist Schreibers Aufruf bekannt und werde in die Einsatzplanung einfließen. „Die Polizei wird mit Einsatzkräften vor Ort sein und die Situation genau im Blick behalten“, sagt Sprecher Marko Laske.
Mit einem Spendenlauf wollen Anne Herpertz, Stadträtin für die Piraten, und Aktivistin Rita Kunert (Die Linke) auf die „medial inszenierte Provokation“ des Rechtsextremisten reagieren. Für jeden gelaufenen Meter von Max Schreiber im linken Szenekiez wollen die Initiatorinnen fünf Euro sammeln. Die Spendensumme soll dann an Mission Lifeline gehen. Der Dresdner Verein für Seenotrettung im Mittelmeer spart derzeit für ein neues Schiff. Am Freitag werden Aktivisten Spendendosen dabei haben. Zudem hofft Kunert auf Spenden via Online-Banking, direkt an Mission Lifeline unter dem Kennwort „Max pro Asyl“.
„Wir machen aus der Provokation eines Neonazis ein Zeichen der Hoffnung: Wo er Angst sät, antworten wir mit Zusammenhalt“, kündigt Herpertz an. Jeder Schritt des Rechtsextremen helfe somit Menschen, die fliehen. „So wird aus rechter Provokation konkrete, humanitäre Hilfe für Menschen in Lebensgefahr“, sagt die Stadträtin.
Zuletzt gab es im Szenekiez immer wieder Pöbeleien aus dem mutmaßlich rechten Lager. Christian Demuth (SPD) hatte Anfang Mai im Stadtbezirksbeirat Neustadt darauf aufmerksam gemacht. Demnach würden junge Menschen aus der rechten Szene mit Autos durch die Kiezstraßen rollen und Anwohner wie Geschäfte „terrorisieren“. In den sozialen Medien diskutieren Anwohner regelmäßig über neue rechte Provokationen im Szeneviertel.