Reichsbürger-Verdacht in Wildenfels: Stadt will Schloss Wiesenburg selber kaufen
Damit Schloss Wiesenburg nicht in falsche Hände gerät, soll der Wildenfelser Stadtrat dem Kauf der Immobilie durch die Stadt zustimmen. Wie es dazu gekommen ist und weshalb Eile geboten ist.
Wildenfels.
Zunächst war es nur ein Verdacht, aber inzwischen ist sich die Stadtverwaltung Wildenfels sicher – und zieht die Notbremse: Damit Schloss Wiesenburg nicht in falsche Hände gerät, will Wildenfels das Schloss kaufen. Schon diesen Dienstag entscheidet der Stadtrat darüber.
Bürgermeister Tino Kögler (parteilos) bestätigt gegenüber der „Freien Presse“ die Kaufabsicht. Zur Begründung verweist er auf die Beschlussvorlagen. Demnach habe die Stadt „fundierte Kenntnisse über einen bevorstehenden Verkauf von Schloss Wiesenburg an Einwohner des Landkreises Zwickau, welche der Reichsbürgerszene zuzuordnen sind.“
Die Verhandlungen über den Kauf des Schlosses zwischen Stadt und der bisherigen Eigentümerin sind weit fortgeschritten. Laut Bürgermeister ist man sich mit der in Bayern lebenden Frau über den Kaufpreis einig. Für 55.000 Euro soll das denkmalgeschützte Schloss ins Eigentum der Stadt übergehen. Zuzüglich Nebenkosten für Notar, Grundbucheintrag und Grunderwerbssteuer.
Eigentümer wollen schon länger verkaufen
Das schnelle Handeln begründet der Stadtchef mit den jüngsten Entwicklungen um Schloss Wiesenburg. Der im vergangenen Jahr verstorbene Eigentümer habe es seit längerem verkaufen wollen. Auch die Erbin wolle den leer stehenden Schlosskomplex loswerden. Im Frühjahr dann seien Personen in der Stadtverwaltung Wildenfels vorstellig geworden, die Interesse am Schlosskauf äußerten und Erkundigungen zum Ensemble einholten, erinnert sich Tilo Kögler.
Deren Auftreten als potenzielle Schlossherren habe Mitarbeiter im Rathaus skeptisch gemacht, man recherchierte und schaltete Polizei sowie Landesamt für Verfassungsschutz ein. Verdachtsmomente lieferten auch Vorgänge um den Feuerwehreinsatz auf Schloss Wiesenburg Anfang Juli, als dort Personen Sperrmüll verbrannten, die sich als „Verwalter“ des Schlosses ausgegeben haben sollen. Die Polizei nahm Ermittlungen wegen fahrlässiger Brandstiftung auf.
Laut Bürgermeister Kögler hatte die Eigentümerin einen Makler mit dem Verkauf des Schlosses beauftragt. Über den hatten die Interessenten Zugang zum Schloss erlangt. Auf spätere Aufforderungen, das Grundstück zu verlassen, sollen sie jedoch nicht reagiert haben. Wiesenburger, die im Umfeld des Schlosses wohnen, bestätigen, dass dort regelmäßig Personen zugange sind. „Mehr wissen wir auch nicht, die meiste Zeit ist ja abgeschlossen“, sagt eine Nachbarin.
Kontakt über „Schloss Wiesenburg Kontor“
Das Schloss ist nicht frei zugänglich, am Briefkasten sind als Kontakt zum „Schloss Wiesenburg Kontor“ eine E-Mail-Adresse und zwei Telefonnummern genannt. Unter einer meldet sich „Kerstin von Zwickau“. Die Frau bestätigt am Telefon ihre Kaufabsicht fürs Schloss. Dazu führten sie und ihr Partner Gespräche mit einem Makler. Wegen des sanierungsbedürftigen Zustandes der Schlosses „müssen wir über den Preis noch reden“, sagt die Frau. Zunächst wolle man das Schloss sichern und Notreparaturen erledigen. „Ein Dachdecker hat sich schon mal alles angesehen“, erklärt sie am Telefon. Über sich und ihren Partner sagt sie, sie seien „eine Art Verwalter“.
Ein für die vergangene Woche geplant gewesener Ortstermin, bei dem die angeblichen Verwalter ihre Pläne vorstellen wollten, wurde abgesagt. Laut „Kerstin von Zwickau“ könne ihr Partner nicht rechtzeitig da sein. Auf Nachfrage, mit wem man es bei den „Verwaltern“ ohne Familienname zu tun habe, kommt folgende Antwort: „Ich stamme aus Zwickau also Fazit von Zwickau“.
Bürgermeister Kögler sagt, die Stadt kaufe Schloss Wiesenburg nur, um Entwicklungen zu verhindern, die durch die sogenannte Reichsbürgerszene drohten. „Mit dem Kauf können wir Vorgängen wie in Eibenstock oder Halsbrücke vorbeugen“, verweist er auf dortige Versuche der Landnahme.
Schloss Wiesenburg 1996 privatisiert
Schloss Wiesenburg geht auf eine mittelalterliche Burganlage der Vögte zu Weida über dem Tal der Mulde zurück. In seiner Geschichte hatte es viele Besitzer, war Herrschaftssitz und Armenhaus. Nach 1945 wurden im Schloss Wohnungen eingerichtet. 1996 privatisierte die damalige Gemeinde Wiesenburg das unter Denkmalschutz stehende Schloss.