Schon wieder Sandsteintafel in der Sächsischen Schweiz verschwunden

Zwischen Saupsdorf und Hinterhermsdorf wurde mit einer Tafel an einen Todesmarsch von Häftlingen zum Kriegsende 1945 erinnert. Doch die ist weg. Nicht der erste Fall.

Im Sebnitzer Ortsteil Saupsdorf erinnerte bis vor einiger Zeit an der Gnauckmühle im Hinteren Räumicht eine Gedenktafel aus Sandstein an den Todesmarsch von KZ-Häftlingen in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges. Dieser führte sie von Schwarzheide nach Theresienstadt. Sie ist eine von 14 Tafeln in der Gegend. In Neustadt, Langburkersdorf, Rugiswalde, Sebnitz, Hertigswalde, Saupsdorf und Hinterhermsdorf markieren sie die Route. Doch nun ist Geschichtsinteressierten aufgefallen, dass die an der Gnauckmühle fehlt. Das steckt dahinter.

Es ist nicht das erste Mal, dass eine dieser Gedenktafeln verschwunden ist. So wurde zum Beispiel am Abzweig zur Obermühle im Sebnitzer Ortsteil Hinterhermsdorf ein solches Denkmal entfernt und dann noch eine an der Buchenstraße, ebenfalls in Hinterhermsdorf. Beide Tafeln wurden durch die Stadt Sebnitz ersetzt.

„Seit der Wende sind etwa vier oder fünf Todesmarsch-Tafeln verschwunden“, sagt René Senenko. Er hatte die Öffentlichkeit auf das Fehlen aufmerksam gemacht. Zu DDR-Zeiten wurde die Geschichte des Todesmarsches von einer AG Junge Historiker unter Leitung seines Vaters erforscht. Daraus entstanden ist dann die Idee, entlang der Route Tafeln beziehungsweise Steine aufzustellen, um der Opfer zu gedenken. Seit 2005 stehen die sachsenweit insgesamt 16 Tafeln und Stelen unter Denkmalschutz.

Während die anderen Tafeln offenbar gestohlen wurden, ist diejenige von der Gnauckmühle noch da, wie eine Nachfrage von Sächsische.de bei der Stadt Sebnitz ergeben hat. Dort kennt man auch die Geschichte dazu. Die Tafel sei seit dem 6. April 2022 bei der Firma Bau und Natursteine Maaz im Auftrag der Stadt Sebnitz eingelagert, sagt Rathaussprecherin Kerstin Nicklisch. Dies sei aufgrund eines Sanierungswunsches des Gebäudes durch die Eigentümerin erfolgt. Man sei mit ihr so verblieben, dass die Gedenktafel nach Fertigstellung der Sanierung wieder angebracht wird.

Die Stadt Sebnitz hat nun mit der Eigentümerin Kontakt aufgenommen. Sie habe mitgeteilt, dass sie vorerst die Sanierung nicht im geplanten Umfang vornehme und die Tafel wieder aufgehängt werden könne. „Wir stehen dazu in Abstimmung mit der Firma und werden das Anbringen der Tafel demnächst vornehmen lassen“, so die Rathaussprecherin.

Das steckt hinter den Tafeln

Über Sachsen hinaus gibt es Tafeln in Schwarzheide (Brandenburg) und auf tschechischem Gebiet, so unter anderem im Khaatal. Außerdem gibt es mehrere Einzelgräber, die ebenfalls extra gekennzeichnet sind. Die meisten Tafeln und Gräber befinden sich jedoch rund um Sebnitz. Denn die idyllische Hintere Sächsische Schweiz wurde kurz vor Kriegsende Schauplatz von Nazi-Verbrechen.

Die SS trieb vom 18. April 1945 an Hunderte KZ-Häftlinge aus dem brandenburgischen Schwarzheide ins böhmische Theresienstadt. Von den 600 Häftlingen überlebten nur etwa 300. Viele kamen vor Erschöpfung nicht weiter und wurden von den Wachleuten erschossen. Ihre Namen stehen ebenfalls auf den Gedenktafeln.

In historischen Unterlagen ist unter anderem zu lesen, dass in Neustadt sechs Häftlinge an der Friedhofsmauer erschossen wurden, bevor der Marsch weiter in Richtung Sebnitz fortgesetzt wurde. Demnach sollen die Häftlinge am 21. April 1945 in Saupsdorf angekommen sein, wo sie in Scheunen übernachtet haben. Sechs Häftlinge wurden erschossen und nahe der Gnauckmühle verscharrt.

Am Abzweig zur Rölligmühle in Hinterhermsdorf wurden acht Häftlinge erschossen und hinter der böhmischen Grenze auf einer Waldwiese im Khaatal noch einmal acht Häftlinge. Anhand ihrer Häftlingsnummern konnten auch die Namen zugeordnet werden. Im September 1945 wurden in Saupsdorf 14 Opfer exhumiert und auf dem Friedhof beigesetzt.