Stadtratswahl in Borna wird angefochten: Whatsapp-Post am Wahltag sorgt für Einspruch
Eigentlich stehen die Ergebnisse der Kommunalwahlen vom 9. Juni fest. In Borna allerdings noch nicht endgültig. Grund dafür ist ein WhatsApp-Post.
Seit fünf Jahren sitzt René Dietze im Bornaer Stadtrat. Künftig nicht mehr. Beim Urnengang am 9. Juni bekam der Mann, der sein Geld als Kraftwerker in Lippendorf verdient, nicht genug Stimmen. Das fuchst ihn, weil er den Sprung in den Stadtrat womöglich doch hätte schaffen können. Dietze hat deshalb jetzt bei der Kommunalaufsicht im Bornaer Landratsamt Einspruch eingelegt. Grund dafür ist eine WhatsApp-Nachricht von Carlo Hohnstedter. Der saß bisher ebenfalls im Stadtrat. Am Wahltag postete er via WhatsApp eine „Warnung“ vor Dietze.
Exakt 7.25 Uhr ließ er als „Transparenzhinweis“ wissen, dass Dietze zwar offiziell als „parteiunabhängig“ sowie als „Bürger für Eula“ antrete, in Wahrheit aber derzeit Vorsitzender der AfD-Fraktion im Stadtrat sei. Das allerdings entspricht nicht den Tatsachen. Dietze ist schon vor einiger Zeit aus der AfD ausgetreten, und Vorsitzender von deren Fraktion ist beziehungsweise war er ebenfalls nicht mehr.
Zudem hatte Hohnstedter, der den Wiedereinzug in den Stadtrat mit dem letzten Platz auf der SPD-Kandidatenliste nach eigenen Angaben bewusst nicht mit allerletzter Konsequenz angestrebt hat, via WhatsApp erklärt, Dietzes Schwerpunkte im Stadtrat seien die Verhinderung von Geldern für den Verein Bon Courage sowie für Photovoltaikprojekte gewesen. Die Wähler, so Hohnstedter am frühen Morgen des Wahltages, sollten sich deshalb „nicht von einem falschen Label“ täuschen lassen.
Einzelkämpfer hatte sich gute Chancen ausgerechnet
Für Dietze ist das zu viel. Der 55-Jährige, der als Einzelkämpfer in den Wahlkampf gezogen war, hatte sich gute Chancen ausgerechnet, auf eben dieser Basis wieder Stadtrat zu werden. Als Kandidat für den Eulaer Ortschaftsrat gelang ihm dies auch. Dietze erhielt als „Bürger für Eula“ 655 Stimmen im Bornaer Norden und damit erheblich mehr als die CDU, die dort mit ihren vier Kandidaten auf insgesamt 571 Stimmen kam.
Bei der Stadtratswahl reichten Dietze 531 Stimmen nicht, während Simone Boden, unter der Überschrift „Wir! Gemeinsam – unsere Kinder sind unsere Zukunft“ ebenfalls Einzelkämpferin, 772 Stimmen erhielt und dadurch künftig im Stadtrat sitzt.
Dietze hat deshalb nicht nur Einspruch gegen die Stadtratswahl im Landratsamt erhoben, sondern Hohnstedter wegen übler Nachrede auch bei der Polizei angezeigt. Der erklärte, dass seine Aussage auf seinem privaten WhatsApp-Status, die vielleicht von 100 oder auch 150 Leuten wahrgenommen werde, kaum Auswirkungen auf den Wahlausgang gehabt haben dürfte.
Dietze habe ja seinen Wählerauftrag – den der AfD-Wähler – durchaus erfüllt. Seine Haltung zu Bon Courage zu benennen, sei vielleicht ein Fehler gewesen. „Wir brauchen aber auch ein Stück weit Transparenz“, so der 28-Jährige.
Kommunalaufsicht: Mandatsträger müssen neutral sein
Die entscheidende Frage ist nun, wie die Kommunalaufsicht den Post bewertet. Es gehe darum, ob Hohnstedters Aussage den „Wahlausgang tatsächlich verändert hat“, heißt es in einer Mitteilung aus dem Landratsamt. Prinzipiell seien Mandatsträger aber zur Neutralität verpflichtet.
Und weiter: „Nach einer ersten Einschätzung ist der Einspruch eher nicht stichhaltig.“ Zugleich betont die Behörde, dass Teile der Wahl oder auch die gesamte Wahl wiederholt werden müssten, sofern der Urnengang beanstandet wird.
Wahlanfechtung in Borna vor fünf Jahren
Wahlanfechtungen sind in Borna nicht neu. So hatte der CDU-Fraktionsvorsitzende Roland Wübbeke vor fünf Jahren geklagt, weil der damalige Frontmann der AfD im Bornaer Stadtrat in Borna, Reinhard Jöricke, kandidiert hatte, obwohl er Wübbeke zufolge gar nicht in Borna, sondern vielmehr in Bad Lausick gemeldet war, was rechtlich nicht zulässig ist.
Klage scheiterte
In einer Verhandlung, die unter großem öffentlichen Interesse im Goldenen Stern stattfand, hatte der Richter Wübbeke seinerzeit zwar Recht gegeben. Wübbeke scheiterte aber mit seiner Klage, weil er nach Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht klageberechtigt war, da er von der fehlerhaften AfD-Kandidatenaufstellung nicht persönlich betroffen war.
Die aktuelle Anfechtung der Bornaer Stadtratswahl ist nicht so brisant. Sollte die Rechtsaufsichtsbehörde den Urnengang vom 9. Juni in Borna nicht beanstanden, kann sich der neue Stadtat wie vorgesehen am 22. August konstituieren.