Klinikangestellte soll Adressen von Rechtsextremisten illegal beschafft und so Überfälle ermöglicht haben
Eine Angestellte der Magdeburger Uniklinik soll sensible Daten von insbesondere Rechtsextremisten beschafft – und so Überfälle auf diese ermöglicht haben. Nun erhebt die Dresdner Generalstaatsanwaltschaft Anklage.
Über ihren Dienstzugang soll sie Daten von Personen abgefragt haben, die später Opfer von Gewalttaten wurden. Nun hat die Dresdner Generalstaatsanwaltschaft Anklage gegen eine 53-Jährige erhoben: Wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung in zwei Fällen – und Hausfriedensbruch in einem Fall. Das berichtete am Montag die Mitteldeutsche Zeitung.
Gegenüber LVZ bestätigte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft, diese lege „einer ehemaligen Mitarbeiterin des Universitätsklinikums Magdeburg zur Last, durch missbräuchliche Meldeabfragen“ mehreren unbekannten Tätern Privatadressen verschafft zu haben. Dadurch habe sie „organisierte körperliche Überfälle“ ermöglicht.
Ermittler vermuteten Lina E. hinter den Taten
Die Taten ereigneten sich in den Jahren 2018 und 2019. Zuerst ist Cedric S. dran, ein bekannter Rechtsextremist aus Wurzen. Am Abend des 30. Oktober lauern ihm die Angreifer nahe seiner Wohnung im Ortsteil Kühren auf, S. ist gerade auf dem Weg zum Fußballtraining. Mit Fäusten und einem Schlagstock fügen sie ihm eine Platzwunde am Kopf und Prellungen zu, sie nennen ihn „Scheiß-Nazi-Schwein.“ Als sie jemand sieht, flüchten die Angreifer vom Tatort.
Ermittler vermuteten hinter dem Angriff zunächst die Gruppe um die Leipziger Studentin Lina E. und machten den Fall zum Teil ihres Verfahrens am Dresdner Oberlandesgericht. Letztlich sprach das Gericht E. in diesem Anklagepunkt frei.
Im August 2019 soll die ehemalige Mitarbeiterin des Universitätsklinikums Magdeburg eine weitere Adresse an Dritte geleakt haben. Wenige Wochen später klingeln Vermummte an der privaten Wohnungstür einer Leipziger Immobilien-Managerin. Sie sollen sie in ihre Wohnung gedrängt und dort mehrfach ins Gesicht geschlagen haben. Ein Bekennerschreiben ordnete die Tat als Widerstand gegen Gentrifizierung im Leipziger Stadtteil Connewitz ein: Die Überfallene war an der Entwicklung von 40 Luxusappartements auf der Wolfgang-Heinze-Straße beteiligt, dem „Südcarré“.
Doch wie gelangte die Magdeburger Klinikmitarbeiterin an die Daten von Menschen, die gar keine Patienten waren? Laut Mitteldeutscher Zeitung soll sie in ihrer Funktion als Buchhalterin der Uniklinik Geldforderungen eingetrieben – und daher als eine von sieben Angestellten über einen dienstlichen Zugang verfügt haben, mit dem sich bundesweit Einwohnermeldeamtdaten abfragen lassen: Namen, Geburtsdaten, Wohnanschriften.
Amtsgericht entscheidet ab April über Anklage
Laut Zeitungsberichten durchsuchten Ermittler, nachdem sie aufflog, Datenträger der Angestellten. Dabei stießen sie auf Meldedaten von 190 weiteren Personen, viele davon polizeibekannt und der rechtsextremen Szene zuzuordnen. Ihr E-Mail-Postfach zeigte, dass die Angeklagte offenbar mehrfach kontaktiert und gebeten wurde, passende Daten mutmaßlicher politischer Gegner zu beschaffen. Was sie oft auch tat.
Bis zum 3. April bleibt der Angeklagten, der im Falle einer Verurteilung mehrere Jahre Haft drohen, noch Zeit, sich zu den Vorwürfen zu positionieren. Danach entscheidet das Leipziger Amtsgericht, ob es zu einem Prozess kommt.